"Ärmel-hoch-Mentalität wäre schön"
Autor: Christiane Lehmann
Coburg, Samstag, 06. Sept. 2014
Sommerinterview (6) Julika Gerlach hat als Citymanagerin ein breites Feld zu beackern. Ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl unter den Coburger Händlern würde sie sich wünschen.
Coburg — Für eine positive Grundstimmung in der Stadt will sich Julika Gerlach stark machen. Ihre knallroten Sneakers und ihre wilde Lockenpracht zeugen von der Energie, die in dieser Frau steckt. Wir haben sie getroffen und mit ihr übers Eingemachte gesprochen.
Frau Gerlach, haben Sie sich das Amt als Citymanagerin so vorgestellt?
Julika Gerlach Die Stelle ist einerseits sehr operativ, das habe ich erwartet, aber sie ist auch enorm umfangreich und bringt mehr Facetten mit sich als erwartet. Mein Arbeitsgebiet reicht ja von der Parkplatzproblematik bis hinein in die Politik. Bisher habe ich doch eher strategisch, analytisch gearbeitet.
Was war eine Ihrer ersten Aufgaben? Und was würden Sie als einen ersten Erfolg werten?
Mein erster Arbeitstag war der 28. April und da stand das Steinwegfest vor der Tür.
Hier habe ich die Konzeption von meiner Vorgängerin Anette Vogel fortgeführt, die perfekt war. Es war für mich eine gute Proberunde, und ich denke, es war ein gelungenes, gut besuchtes Fest mit einer sehr schönen Atmosphäre. Es hat gezeigt, dass der Steinweg weit besser ist als sein Ruf. Er hat einfach zwei Gesichter, ein Tag- und ein Nachtgesicht.
Leerstände, Konkurrenz aus dem Internet, Parkplatznot - wie und mit welchen Aktionen versuchen Sie diesen Problemen der Einzelhändler entgegenzuwirken?
Ich stelle immer mehr fest, dass man zwischen den immer wieder kehrenden Aktionen und Events der Stadt zur Belebung und Attraktivitätserhaltung der Innenstadt und den sich auftuenden Bedürfnissen unterscheiden muss.
Die Events sind wichtig und toll, hier bietet Coburg im Vergleich zu anderen Städten in ähnlicher Größe echt viel.
Und damit meine ich nicht nur die Events wie Schultütenparty oder die Late Night als solche, sondern auch das Engagement, der Stadt. Das ja immerhin von einer Citymanagementstelle bis hin zum Eventmarketing reicht. Hier kann ich auf sehr gut vorbereitete und eingeführte Veranstaltungen zurückgreifen. Hier passen wir nur an, um spannend und ansprechend zu bleiben.
Aber reichen Events aus, um die Innenstadt attraktiver zu machen?
Der stattfindende Strukturwandel, sei er demografisch, wirtschaftlich oder medial, und das sich verändernde Konsumverhalten bringen auch mit sich, dass Events alleine natürlich nicht ausreichend sind. Hier braucht es gezielte und oft auch individuelle Unterstützung, da die Leistungsträger der Innenstadt sehr unterschiedlich sind.
Mein Ziel ist es, die Händlerschaft da abzuholen, wo sie ist und sie dabei zu unterstützen, erfolgreich zu bleiben - sei es durch Informationen zu Trends, Online-Tools, Impulse zu einzelnen Zielgruppen und Fortbildungsmöglichkeiten gerade für multimediale oder Multichannel-Themen. Hierzu wird in Kürze auch ein entsprechender Händler-Blog online gehen. Darüber hinaus beschäftige ich mich derzeit mit der Ausarbeitung Crossmedialer Angebote.
Sicherlich hat mein Engagement aber auch Grenzen in dem Bereich und das ist gut so. Jeder Händler ist ein selbstständiger Unternehmer und wir können nur unterstützend und beratend tätig sein.
Darüber hinaus versuche ich den Handel auch möglichst frühzeitig zu Themen wie Baustellen, Neueröffnungen, Schließungen und Ähnlichem zu informieren, damit er sich darauf einstellen kann und entsprechend agieren kann. Wichtig ist mir das offene Ohr.
Ich nehme Meinungen, Wünsche und Anregungen immer dankbar auf. Je mehr ich weiß, umso gezielter kann ich handeln.
Wie empfinden Sie die Zusammenarbeit mit den Händlern? Wo hakt es? Sind einige Probleme aus Ihrer Sicht hausgemacht?
Wie gesagt, befinden wir uns in einem großen strukturellen Wandel und jeder Händler steht unter Erfolgsdruck. Je nach Größe, Know-how und Engagement sind die Bedürfnisse so unterschiedlich wie die Menschen, die dafür stehen. Meine Zusammenarbeit ist sachlich und engagiert. Im Großen und Ganzen empfinde ich diese als absolut positiv.
Schade ist, dass verhältnismäßig wenige sich aktiv an den Angeboten beteiligen oder bei Arbeitskreisen und Aktivitäten ihrer Straßenzüge mitmachen. Das Gemeinschaftsgefühl könnte untereinander besser sein.
Von den 370 Händler sind es doch meist immer die gleichen, die sich engagieren. Dabei hat das oft erst mal gar nichts mit Geld zu tun. Ein bisschen mehr Ärmel-hoch-Mentalität wäre schön.
Wie begegnen Sie der Kritik, dass in Coburg zu viele Köpfe im Bereich Marketing und Tourismus mitmischen?
Das Bild kann sicherlich nach außen hin entstehen, aber aus meiner noch frischen und unbefangenen internen Sicht, arbeiten wir doch von den Aufgabenschwerpunkten her sehr unterschiedlich. Ich kümmere mich um den innerstädtischen Einzelhandel und die Gastronomie. Michael Böhm als Koordinator ist für alles drumrum zuständig und wirkt nach außen, also über die Stadtgrenzen hinaus. Beim Tourismus geht es darum, Menschen in die Stadt zu bringen.
Es geht um die Abstimmung und um die Synergieeffekte der Schnittmengen, und hier sind wir auf bestem Wege.
Welches ist Ihr persönlich gestecktes Ziel als Citymanagerin?
Ich sehe mich als Bindeglied zwischen Stadt und den sehr vielseitigen Leistungsträgern der Innenstadt und ich würde mich freuen, wenn die guten Dinge, die wir tun, im Laufe der Zeit verstärkter in ein starkes Gemeinschaftsgefühl münden würden. Die Zeiten sind für eine lebendige Innenstadt nicht einfach, aber Coburg bietet alles, um attraktiv zu bleiben. Das schaffen wir aber nur, wenn alle gemeinsam und konstruktiv daran arbeiten und an einem Strang ziehen.
Die Fragen stellte Christiane Lehmann.