Druckartikel: Älter als das Erzbistum Bamberg

Älter als das Erzbistum Bamberg


Autor: Horst Wunner

Langenstadt, Montag, 21. November 2016

Günther Juris entführte die Zuhörer in die über 800 Jahre alte Geschichte des Dorfes Langenstadt.
Der Posaunenchor Langenstadt umrahmte den Festabend. Fotos: Horst Wunner


Es ist ein ganz besonderes Dorf, eine Vereinshochburg. Hier gibt es viel Zusammenhalt und ein wunderschönes Ortsbild mit Kräutergarten und Wehrkirche. Und es ist das älteste Dorf in der Großgemeinde Neudrossenfeld. Und das wurde jetzt groß im Saal des Gasthauses Zur Linde gefeiert: mit dem Festabend unter dem Motto "800 Jahre Langenstadt".
Der richtige Mann, die Ortsgeschichte kurzweilig und detailliert einer aufmerksam lauschenden stattlichen Zuhörerschar näherzubringen, war Günther Juris, seines Zeichens Heimatpfleger, Kirchenführer und früherer Gemeinderat.
Grundlage für sein Referat war das Werk "Langenstadt am Roten Main - Aus der Geschichte eines fränkischen Dorfes" des früheren Langenstädter Ehrenbürgers Fritz Gollwitzer. Der war mit der Bemerkung "Wohl kaum ein Örtlein am Roten Main hat eine so anmutige Lage wie das kleine Pfarrdorf Langenstadt" ins Schwärmen geraten.
Juris bezog sich zur Gründung auf eine Schenkung der Andechs-Meranier und auf eine Urkunde, die von Bischof Eckbert von Bamberg 1216 ausgefertigt worden war. Die befasst sich mit der ersten Schenkung eines Langenstädter Anwesens an das Kloster Langheim. "Otto Herzog von Meranien und Pfalzgraf von Burgund übergibt ein Gut in Langenstadt dem Kloster", so heißt es da.


Viele Wegmarken

Der Geschichtskenner stellte aber auch die Frage, wie alt der Ort wirklich ist, konnte dazu nur Vermutungen aufstellen. Klar sei jedoch, dass Langenstadt älter als das 1007 gegründete Erzbistum Bamberg ist, so seine These, also älter als 1000 Jahre. Fünf Anwesen mussten Zehnt an das Bistum Würzburg zahlen, aber das ist nicht urkundlich verbrieft.
Viele Wegmarken säumen die Chronologie bis heute. Juris nannte 1260 mit dem Frieden zu Langenstadt, 1445, als die Kirche erstmals als solche erwähnt wurde, und 1634, als vier Pesttote auf dem Friedhof beigesetzt wurden. Vorher schon die Zerstörungen, die gut die Hälfte der Anwesen vernichteten. 1835 wurde Langenstadt selbstständige Pfarrei, 1889 die Tanzlinde vom Wind "gefällt". Und 2010 zur Kirchweih neu gepflanzt und eingeweiht.


Bauern verhindert Bahnanschluss

Die neue Lokalbahn von Bayreuth über Thurnau nach Kulmbach, 1909 fertiggestellt, führte zu seinem Bedauern am Ort ohne Haltestelle vorbei, "wegen der Kurzsichtigkeit der einflussreichsten Bauern". 1921 wurde Langenstadt ans Stromnetz angeschlossen, seit 50 Jahren überquert eine Schnellstraße mit vier Brücken oberhalb des Dorfes das Rotmaintal. Damals wurde im Zuge des Ausbaus der Straße von Forstlahm zur Bahnstation in Neuenreuth auch das Teilstück auf der Langenstädter Flur vom Bärnweiher bis zum Hornweiherbach durch die Gemeinde Langenstadt begradigt, erweitert, befestigt und geteert. Ebenso die Ortsdurchfahrt samt der Schulgasse. Alle Anwesen leisteten Hand-und Spanndienste, erinnerte Juris. Er überraschte später noch mit dem Lichtbildervortrag "Langenstadt gestern und heute", in dem die Entwicklung von Anwesen dokumentiert ist.
Mit teils über 100 Jahre alten Aufnahmen gelang es ihm trefflich, fotografisch eine Brücke zwischen Einst und Jetzt zu schlagen. Langanhaltender Beifall belohnte die Mühen des Diplomingenieurs, der zwar nicht in Langenstadt geboren, aber längst ein echter Einheimischer geworden ist.
Bürgermeister Harald Hübner sprach ein dickes Lob aus: "Du hast uns einen tiefen Blick in den Ort ermöglicht, Danke dafür." Das Gemeindeoberhaupt ließ auch geschichtliche Kenntnisse aufleuchten, nannte den Ort ein Refugium, das wesentlich zum gesellschaftlichen Leben in der Kommune beigetragen habe und beitrage. Gartenbauverein, Gesangverein und Posaunenchor, Feuerwehr, Soldatenkameradschaft, die Ortsburschen- und Ortsmadla, der Verein Tanzlinde und die evangelische Kirchengemeinde seien tragende Säulen für eine intakte Dorfgemeinschaft. Bis zur Gebietsreform in den Siebzigerjahren habe Langenstadt auch als selbstständige Gemeinde Akzente gesetzt mit dem unvergessenen Bürgermeister Hans Kirschner. Und mit dem im Dorf im Rotmaintal geborenen Hans Bär könnten die Langenstädter ebenso einen langjährigen, früheren Neudrossenfelder Bürgermeister vorweisen.
Nicht vergessen wollte Hübner die Tradition des Gasthauses Zur Linde. Seit Jahrhunderten würden hier Gastlichkeit und gutes Essen gepflegt, was heute in einem kleinen Ort nicht mehr selbstverständlich sei. Die Gäste prosteten daher dem Wirt Karl-Heinz Hübner und seinem Team freundlich zu.


Liebeserklärung vom Landrat

Eine Liebeserklärung an Langenstadt wollte auch Landrat Klaus Peter Söllner loswerden: "Ich verfolge die Geschehnisse dort seit fast 20 Jahren, es herrscht ein großes Miteinander, eine starke, identitätsstiftende Gemeinsamkeit." Er nehme gerne zur Kenntnis, dass Langenstadt älter sei als sein Geburts- und Wohnort Stadtsteinach. Söllner hob noch die Erfolge des Ortes im Wettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden - unser Dorf hat Zukunft" hervor.
Dass Langenstadt auch kulturell einiges zu bieten hat, wurde am Festabend gleichfalls deutlich. Der örtliche Gesangverein "Harmonie" unter der Leitung von Zusanna Molnar schuf mit dem Lied "Festgesang" aus Glucks Oper "Iphigenie in Aulis" den richtigen Rahmen für den Ausflug in die Vergangenheit, und der Posaunenchor Langenstadt spielte sehr gefühlvoll eine Intrade von Gustav Gunsenheimer.
Als Gast war Karl Ernst Gollwitzer, der Sohn des Ehrenbürgers Fritz Gollwitzer, angereist. Der frühere Richter am Bundesgerichtshof freute sich, mal wieder in der alten Heimat zu sein: "Der Abend hatte Niveau. Ich habe den Wandel der Zeit bildlich miterleben dürfen."