Acht Monate ohne Zuganbindung
Autor: Hans Kurz
Zapfendorf, Sonntag, 04. Januar 2015
Bahnausbau Die Bauarbeiten an der ICE-Trasse zwischen Breitengüßbach und Zapfendorf sollen in diesem Jahr beginnen. 2016 müsste dann die Strecke zwischen Bamberg und Lichtenfels für etwa 34 Wochen komplett gesperrt werden.
von unserem Redaktionsmitglied Hans Kurz
Zapfendorf — Für viele Bahnanwohner von Hallstadt bis Zapfendorf war es ein Déjà-vu-Erlebnis: 2013 haben sie ihre Einwände gegen die Planungen der Deutschen Bahn formuliert, 2014 haben sie diese beim Erörterungstermin in der Lichtenfelser Stadthalle bekräftigt. Und nun warten sie darauf, welche Einwände die Bahn berücksichtigen muss, wenn sie von der Regierung in Bayreuth die Baugenehmigung erhält.
Im Jahr 1996 gab es das alles schon einmal: am 3. April wurde das Planfeststellungsverfahren für den Bauabschnitt 23/24 des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nr. 8 (VDE 8) eröffnet, am 29. und 30. Juni jenes Jahre fand ein Erörterungstermin (damals in der Konzerthalle in Bamberg) statt. Und danach... wurde der 1991 beschlossene Ausbau der Bahnstrecke zwischen Nürnberg und Erfurt erst mal auf Eis gelegt.
Die Neuauflage beziehungsweise Wiederbelebung des Planfeststellungsverfahrens ist damit ein Planänderungsverfahren. Das heißt, die Grundlagen von 1996 sind die gleichen geblieben. Geändert haben sich einige technische und gesetzliche Rahmenbedingungen, wegen denen die Bahn nun teils neue oder überarbeitete Pläne vorlegen musste.
Unter dem rollenden Rad
Auch wenn die Bahn - entgegen der Erwartungen - 2014 noch keine Baugenehmigung erhalten hat, ist dennoch mit dem Baubeginn 2015 zu rechnen. Außen vor bleibt zunächst allerdings Hallstadt, obwohl es zum selben Planfeststellungsabschnitt zählt. Der Grund dafür dürfte vor allem sein, dass man abwarten muss, wie der Ausbau in Bamberg erfolgt. Die dortigen Tunnel- und Umgehungsvarianten, die immer noch im Gespräch sind, können Einfluss auf den unmittelbaren Anschluss nach Norden haben.
Die Baumaschinen werden deshalb wohl zuerst in Breitengüßbach anrücken. Zunächst sollen die Arbeiten bei laufendem Zugverkehr stattfinden - "unter dem rollenden Rad", wie die Bahn das nennt. Nach deren Angaben können aufgrund der "komplizierten topographischen Lage" allerdings nur kleinere Streckenabschnitte auf diese Weise fertiggestellt werden. Gemeint ist, dass es mit den jetzt schon eng nebeneinander verlaufenden Straßen, der Autobahn 73 und der Staatsstraße 2197, der bestehenden Bahntrasse sowie dem Main immer wieder zu Engpässen kommt.
So ist etwa hinter Breitengüßbach, zwischen Unteroberndorf und Ebing ein sogenanntes Überwerfungsbauwerk geplant, bei dem die normalerweise außen liegenden neuen Schnellfahrgleise zusammengeführt und als Schienenpaar parallel zur ausgebauten Bestandsstrecke verlaufen sollen. Um Platz zu schaffen, soll unter anderem auch eine ganze Mainschleife bei Ebing in ein neues Flussbett verlegt werden.
Unter anderem für dieses Vorhaben plant die Bahn dann im Jahr 2016 eine etwa acht Monate dauernde Vollsperrung - Wochenend- und Nachtsperren sind auch vorher schon geplant - der gesamten Bahnverbindung zwischen Bamberg und Lichtenfels.
Schienenersatzverkehr geplant
Das Hauptargument: Ein entsprechender Ausbau "unter dem rollenden Rad" würde insgesamt acht Jahre dauern. Die Verbindung Bamberg und Lichtenfels soll mit Schienenersatzverkehr überbrückt werden.
34 Wochen Busse statt Bahnen, das ist eine Aussicht, die vor allem den bundesweiten Fahrgastverband "Pro Bahn" auf die Barrikaden treibt. Eine halbe Million Einwohner zwischen Bamberg und Jena würde damit für acht Monate vom Zugverkehr abgeschnitten, heißt es. Der daraus resultierende Schaden sei enorm, eine Vollsperrung zudem nicht zwingend erforderlich.
Entscheidender für die Anwohner ist hingegen die Lärmfrage. Zum einen, was die Lärmentwicklung durch das künftige - erhöhte - Verkehrsaufkommen betrifft, zum anderen auch das während der mehrjährigen Bauphase. Denn das Baumaterial wird nicht nur über das Gleis angefahren, sondern auch per Lkw über Baustraßen transportiert, die größtenteils parallel zur Neubaustrecke verlaufen.
Als problematisch sehen viele auch die geplanten insgesamt 21 Kilometer Schallschutzwände und -wälle. Zum einen sieht man in den Anliegergemeinden im Schallschutz eine absolute Priorität, zum anderen fürchtet man auch, dass Orte komplett mit Mauern zerschnitten werden. So führt etwa der Zapfendorfer Gemeinderat in einer Stellungnahme zur Planfeststellung an: "Im Vergleich zu den Berechnungen im Planfeststellungsverfahren aus dem Jahre 1996 verschlechtert sich die Immissionssituation entlang der Ausbaustrecke nochmals erheblich (bis ca. 5 dB(A))." 1996 hatte sich der Zapfendorfer Gemeinderat übrigens generell gegen den Ausbau der ICE-Trasse ausgesprochen. "Zusammenfassend könne festgestellt werden, dass sich für den Markt Zapfendorf nur Nachteile, und zwar ganz entscheidender Art, ergäben und keinerlei Vorteile eintreten würden. Daraus sei zu folgern, dass keine andere Entscheidung als die totale Ablehnung der Ausbaumaßnahme getroffen werden könne", berichtete der Fränkische Tag damals.