Abenteuerlicher Begründung wird kein Glauben geschenkt
Autor: Markus Häggberg
Lichtenfels, Mittwoch, 30. Mai 2018
Ein wenig uneinsichtig wirkte am Ende der Gerichtsverhandlung ein Elektromeister aus Coburg. Zwar nahm er seinen Einspruch gegen einen Strafbefehl zurück, dies jedoch nur mit einem großen Aber. 2992 E...
Ein wenig uneinsichtig wirkte am Ende der Gerichtsverhandlung ein Elektromeister aus Coburg. Zwar nahm er seinen Einspruch gegen einen Strafbefehl zurück, dies jedoch nur mit einem großen Aber.
2992 Euro Schaden entstanden kurz vor Weihnachten 2017 an einem Pkw auf dem Parkplatz der Obermain-Therme in Bad Staffelstein. Zwei Autos, so die Staatsanwaltschaft, berührten einander. Das eine parkte schon, das andere parkte ein und in diesem der 56-jährige Coburger. "Ich habe nix davon gemerkt, dass ich da reingefahren wäre", erklärte der Mann am Dienstag gegenüber Richter Stefan Jäger und Staatsanwalt René Waldmann. Doch das, was man unter Juristen Nachtatverhalten nennt, sprach eine andere Sprache. Der Mann, der sich eigener Erinnerung zufolge wegen Arthrose im Knie beim Aussteigen aus seinem Pkw "aus der Tür gequetscht" hatte, ging erst zum Gutscheineholen in die Therme und fotografierte hernach bei der Rückkehr mit seinem Handy das Nummernschild des Autos, an dem es offensichtliche Schrammen gab.
Visitenkarte an der Scheibe
Überdies zwickte der Beschuldigte seine Visitenkarte an die Windschutzscheibe dieses parkenden Autos. Dann fuhr er davon, und eben das wertete die Staatsanwaltschaft als unerlaubtes Entfernen vom Unfallort. Die Begründung für all sein Tun wirkte abenteuerlich. Zwar, so der 56-Jährige, habe er gesehen, dass der fremde Pkw seitlich verkratzt gewesen sei, aber er habe die Visitenkarte nur hinterlassen, um quasi anzuzeigen, dass er mit den Kratzern nichts zu tun habe. Als die Polizei bei ihm vorstellig wurde, fragte sie auch nach den Fotos. Die allerdings fand sie im virtuellen Papierkorb des Handys, da der Mann diese gelöscht hatte. Aber dass er sie gelöscht habe, bestritt der Verdächtige ebenfalls.Und auf die von Richter Stefan Jäger vorgebrachte Frage, ob er beim Fotografieren des parkenden Pkw nicht auch daran gedacht habe, entsprechende Stellen an seinem eigenen Auto gleichfalls zu fotografieren, um somit zu belegen, dass es wirklich zu keiner Berührung gekommen war, antwortete der Gefragte mit einem Nein. "Verstehen Sie, wie das auf mich wirkt?", fasste Richter Jäger gegenüber dem Mann all die Verdachtsmomente zusammen, die ihn vermuten ließen, dass der Beschuldigte eben doch mit den Kratzern in Verbindung steht. Für eine weitere Minderung an Glaubwürdigkeit sorgte der Beschuldigte wenig später selbst, als er erneut angab, "keine Veranlassung gesehen" zu haben, an einen Zusammenhang zwischen seinem Einparken und den 2992 Euro zu glauben.
"Warum haben Sie dann die Fotos gemacht?", wollte Jäger erneut wissen. "Es hätte ja sein können, dass sich jemand meldet, der mir was anhängen will", so die neuerliche Auskunft. So eine Erfahrung, so der Mann, habe er zu seiner Bundeswehrzeit schon einmal machen müssen. Sowohl Richter Jäger als auch Staatsanwalt Waldmann ließen klar erkennen, dass sie nicht an die Unschuld des Elektromeisters glauben mochten.
Erhärtet wurde ihre Sicht auch durch die Aussage einer Ärztin aus Stegaurach, die Ohrenzeugin des Geschehens war und angab, sich nach einem Unfallgeräusch umgedreht zu haben. Ganz in der Nähe dieses Geräusches schoss der Elektromeister seine Fotos. Letztlich stimmte der Beschuldigte dem an ihn ergangenen Rat zu, den Einspruch gegen den Strafbefehl zurückzunehmen. Er wird nun doch die veranschlagten 3150 Euro bezahlen. "Aber ich habe nichts gemerkt", erklärte der Mann zum Abschluss. "Es fällt mir schwer, das zu glauben", erwiderte Richter Jäger.