Abend voller Schimpfwörter
Autor: Thomas Heuchling
Kulmbach, Dienstag, 16. Sept. 2014
Kulmbach — An die genauen Wörter könne er sich nicht mehr erinnern, sagte der 21-jährige Angeklagte. Der Auszubildende zum Einzelhandelskaufmann stand am gestrigen Dienstag wegen d...
Kulmbach — An die genauen Wörter könne er sich nicht mehr erinnern, sagte der 21-jährige Angeklagte. Der Auszubildende zum Einzelhandelskaufmann stand am gestrigen Dienstag wegen des Vorwurfs der Beleidigung vor dem Kulmbacher Amtsgericht.
Zum Pech des Angeklagten gab es jedoch mehrere Zeugen, die in der Nacht des 22. Juni die Beleidigungen des Angeklagten gehört haben. Darunter die beiden Betroffenen, eine 20-jährige Auszubildende und ihr Freund, ein 24-jähriger Polizeibeamter. Beide wurden von Richter Christoph Berner als Zeugen vernommen.
Nach Aussage der Frau saß sie mit ihrem Freund in der Nacht des WM-Spiels Deutschland gegen Ghana, gegen 2 Uhr, auf der Treppe des Restaurants Casablanca. Völlig unvermittelt drehte sich der Beschuldigte zu der jungen Frau um und sagte: "Was glotzt du so, du Hure." Auf Nachfrage, was das denn solle, setzte er die heftigen Beleidigungen fort und attackierte auch den 24-Jährigen verbal.
Gemeinsam mit seiner Freundin habe er den Beschuldigten verfolgt und gleichzeitig mit dem Handy die Polizei verständigt.
Beleidigung vor der Polizei
Nach weiteren Beschimpfungen versuchte der Beschuldigte seinen Verfolgern wegzulaufen. Kurz darauf traf die Polizei ein, in deren Anwesenheit der 21-Jährige seine Schimpftirade fortsetze. Der Höhepunkte seines unrühmlichen Abends war der Satz: "Es ist kein Wunder, dass wir so Bauern wie euch immer schlagen müssen." Somit bestand kein Zweifel an seiner Schuld. Auf eine Nachfrage des Richters, wie es ihr denn jetzt gehe, kämpfte die 20-Jährige mit den Tränen. Es war deutlich zu erkennen, dass sie immer noch mit den Beleidigungen zu kämpfen hat. Dies stellte auch Richter Christoph Berner fest.
Der Angeklagte sagte vor Gericht aus, dass er sich an die Beleidigungen nicht mehr erinnere.
In der Tatnacht stellte die Polizei rund zwei Promille Alkohol bei ihm fest. "Ich find's blöd. Es ist mir peinlich. Ich bin nicht der Typ, der durch die Stadt geht und Leute beleidigt", sagte er.
Richtigen Zeitpunkt verpasst
Einen großen Raum in der Verhandlung nahm das Thema Entschuldigung ein. Sowohl Staatsanwältin Sandra Staade als auch Richter Berner sahen - obwohl sich Angeklagter und die Geschädigten nicht kannten - die Möglichkeit und auch die Notwendigkeit einer Entschuldigung vor der Verhandlung. In den Aussagen der beiden Beleidigten kam heraus, dass es dazu unter anderem auf dem Altstadtfest die Gelegenheit gab. Sie hatten das Gefühl dort von ihrem Beleidiger erkannt worden zu sein. Auch Richter Berner sagte: "Die Gelegenheit zum Entschuldigen war da."
Der Angeklagte bekräftigte bereits vor der Anhörung der Zeugen, sich entschuldigen zu wollen.
"Es tut mir wirklich leid. Ich war an dem Abend drüber", sagte er zu der 20-Jährigen. Jedoch erst auf Aufforderung des Richters stand er auf und gab ihr die Hand. Auch beim 24-Jährigen entschuldigte sich der Angeklagte verbal.
In seinen Ausführungen bekräftigte Matthias Meußgeyer, vom Kreisjugendamt, dass der 21-Jährige durch den Vorfall sein Trinkverhalten bereits geändert habe. Zuvor sei er ein bis zwei Mal im Monat so stark betrunken gewesen, dass er Erinnerungslücken hatte.
Meußgeyer sprach von einem typischen Jugend-Fehlverhalten und befürwortete die Anwendung des Jugendstrafrechts.
Nicht zuletzt aufgrund dieser positiven Prognose stellte Richter Berner das Verfahren gegen eine Arbeitsauflage von 50 Stunden, einlösbar bis Ende Februar, ein. Zum Ende betonte er nochmals, dass er von dem emotionalen Zustand der beleidigten Frau beeindruckt gewesen sei. heu