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26-jährige Polizistin gewürgt


Autor: Udo Güldner

Bamberg, Montag, 13. August 2018

Ein Bruderpaar aus dem Landkreis Bamberg wurde von der Großen Strafkammer des Landgerichtes zu jeweils einer Bewährungsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt.
Wegen gefährlicher Körperverletzung ist ein Bruderpaar vor dem Bamberger Landgericht schuldig gesprochen worden.  Foto: Ferdinand Merzbach


Der tätliche Angriff auf zwei Polizisten am Tag der Deutschen Einheit 2017 brachte ein Bruderpaar aus dem Landkreis Bamberg vor die Große Strafkammer des Landgerichtes. Der Vorfall hatte sich nachts vor einer Diskothek im Stadtgebiet ereignet und in einer Würgeattacke auf eine 26-jährige Streifenbeamtin gegipfelt. Beide Täter kamen mit Bewährungsstrafen davon. Darüber durfte einer sich freuen, der andere sich aber ärgern.
Es kommt gar nicht so selten vor, dass ein Angeklagter vor Gericht weint. Oft ist es Selbstmitleid, mitunter Teil der Verteidigungsstrategie, manchmal aber auch Enttäuschung darüber, weil er sich ungerecht behandelt glaubt. Freudentränen sind allerdings weniger oft zu sehen. Zumal wenn man gerade einer gefährlichen Körperverletzung für schuldig befunden wurde. Die Erleichterung Sven H.s (Name geändert) war nach der Verkündung der Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten mit Händen zu greifen. Auch im Zuschauerraum, der mit Verwandten, Bekannten, Freunden und Arbeitskollegen gefüllt war.
An der Seite seines Verteidigers Maximilian Glabasnia (Bamberg) hatte Sven H. nach der Tat alles richtig gemacht. "Mehr kann einer nicht machen, nachdem er Mist gebaut hat," so die Begründung der Großen Strafkammer für das vergleichsweise milde Urteil. Vom Geständnis über eine Entschuldigung, bis hin zum großzügigen Täter-Opfer-Ausgleich (20 000 Euro), von der beruflichen Perspektive über den familiären Rückhalt ... "Das ist sicherlich kein alltäglicher Angeklagter", gab auch Rechtsanwalt Christian Jäckle (Nürnberg) zu, der die verletzte Polizeibeamtin als Nebenklägerin vertrat.


Psychotherapie empfohlen

In den nächsten drei Jahren darf Sven H. nun nicht mehr straffällig werden, muss sich vom Alkohol fernhalten und dies bei Urinkontrollen auch nachweisen, darf seinen Arbeitsplatz nicht gefährden und soll sich einer ambulanten Psychotherapie unterziehen. Diese befürwortete auch Dr. Susanne Eberlein. Die psychiatrische Sachverständige hatte nicht nur aus der Kindheit Sven H.s berichtet, die von massiver Gewalt und schlimmen Demütigungen durch den Vater geprägt war; sie hatte auch die Folgen des Alkoholkonsums, nämlich enthemmte Aggressivität, geschildert. Ein ähnlicher Vorfall hatte sich auch schon vor sechs Jahren ereignet, jedoch mit glimpflichen Folgen für alle Beteiligten.


Mitgefühl mit dem Opfer

Dabei hatte Oberstaatsanwalt Otto Heyder doch "kein Mitgefühl mit dem Täter, wohl aber mit dem Opfer" und eine dreijährige Haftstrafe für Sven H. gefordert. Um ein Signal hinaus aus dem Verhandlungssaal zu senden: "Die Polizei, die Tag und Nacht unterwegs ist, um andere zu schützen, und dabei , wie bei dem Vorfall vor der Diskothek, auf alkoholisierte, uneinsichtige Menschen trifft, muss selbst auch geschützt werden." Er sprach von "Rabauken und Krawallmachern" und von zunehmender Respektlosigkeit, die nicht gerechtfertigt sei, auch nicht durch eine schwere Kindheit, zu viel Alkohol oder das Gefühl, dem eigenen Bruder mit Gewalt helfen zu müssen.
Der zuerst angeklagte versuchte Totschlag hatte sich nach vier umfangreichen Verhandlungstagen in eine gefährliche Körperverletzung abgeschwächt. Weil Sven H. kein Tötungswille nachgewiesen werden konnte, und die Würgeverletzungen am Hals nicht so schwer gewesen waren. Zumal der Angeklagte als Kraftsportler wohl größeren Schaden hätte anrichten können.
Der Bruder Stefan H. bekam eine siebenmonatige Freiheitsstrafe zur Bewährung. Die Einwände seines Rechtsanwaltes Oliver Teichmann, der den Polizisten, die sich nicht richtig verhalten hätten, und den Security-Mitarbeitern, die mit Provokationen die Lage angeheizt hätten, eine Mitschuld gab, folgte das Gericht nicht. Stefan H. hatte zuerst die Polizistin gegen ein Türgitter gedrückt und später einen Türsteher des Clubs in den Oberschenkel gebissen; da hatte er schon gefesselt am Boden gelegen.
Ihm aber attestierte der Vorsitzende Richter Manfred Schmidt ein "moralisches Mitverschulden" daran, dass der Junggesellenabschied Sven H.s so aus dem Ruder gelaufen sei. "Sie hätten doch wissen müssen, dass Ihr Bruder keinen Alkohol verträgt. Und trotzdem haben Sie ihn zur Feier genötigt. Soweit hätte es nicht kommen müssen."
Die Verärgerung schlug sich auch in den Bewährungsauflagen nieder. Jeweils 1000 Euro muss Stefan H. an den Verein für Jugendhilfe Bamberg, sowie einen Fonds der Polizei zahlen.