Statistik-Chefin Frisch setzt nicht auf Frauen-Quote
Autor: Nikolas Pelke
Fürth, Mittwoch, 26. März 2014
Sie gibt sich weder als Frauen-Vorkämpferin noch als Vorzeige-Fränkin: Marion Frisch, die erste Chefin in der langen Geschichte des Landesamtes für Statistik, ist eine smarte Juristin, die gerne im Kirchenchor singt und die Einführung von Frauenquoten ablehnt.
Um ihre neue Rolle macht Marion Frisch kein großes Tamtam. "Behördenleiter sind in München keine VIP's", sagt die neue Präsidentin des Bayerischen Landesamtes für Statistik. Dass das in Franken ein bisschen anders ist, hat die 50-jährige Juristin aus Roth gleich nach ihrem Umzug von München nach Fürth zu Beginn diesen Jahres erfahren. Der Andrang sei groß gewesen, alle wollten die neue "Herrin" im neuen Amtssitz in Fürth sehen.
Das große Interesse hatte nicht nur damit etwas zu tun, dass Frisch in der langen Geschichte die erste Frau an der Spitze der Statistik-Behörde ist. Besonders der Umzug der Landesbehörde von München nach Fürth sorgte für Schlagzeilen. Der Freistaat hatte nach der Quelle-Pleite beschlossen, das gebeutelte Fürth zum neuen Dienstsitz des Landesamtes zu machen.
Keine militante Fränkin
Die neue Hüterin der bayerischen Statistiken sollte nach ihrem Amtsantritt wahlweise über Frauen und Karriere oder Fürth und Franken sprechen. Dabei erfüllt Frisch keines der beiden Klischees. Ob sich die gebürtige Mittelfränkin aus Roth nicht glücklich fühle, nach den Jahren im Berliner und Münchner Exil zurück in die alte Heimat zu kommen? "Ich bin keine militante Fränkin. Ich habe auch kein Problem, mich als Bayerin vorzustellen", sagt Frisch und lächelt.
Ob sich die 50-jährige Karrierefrau nicht als Vorkämpferin der Emanzipation fühle? Auch solche Fragen wehrt Frisch mit einem herzlichen Lächeln ab. "Ich sehe meine Karriere nicht so geschlechtsspezifisch." In der Verwaltung gebe es viele gesetzliche Gleichstellungsregelungen. "Frauen auf der Führungsebene waren aber früher schon mit der Lupe zu suchen. Weibliche Rollenvorbilder gab es, als ich angefangen habe 1991 im Innenministerium, eher weniger. Das hat sich mittlerweile geändert. Inzwischen sind Frauen keine Exoten mehr."
Zwar würden die statischen Zahlen noch ein Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen im Beruf widerspiegeln. "Das hat aber nichts mit einer systematischen Unterdrückung von Frauen zu tun, sondern mit gesellschaftlichen Entwicklungen, die eben ihre Zeit brauchen, bis sich die Veränderungen auch in den Statistiken ausdrücken." Frisch lehnt deshalb eine Quotenregelung ab, um die Chancen von Frauen in Spitzenpositionen zu erhöhen. Eine feste Frauen-Quote wäre der falsche Weg, findet Frisch. Eine Forderung wie "Morgen brauchen wir eine Frauen-Quote von 50 Prozent" wäre fatal. "Das würde bedeuten, dass wir verdiente Männer rausschmeißen müssen."
Sinnvolle Lösungen statt falscher Schlussforderungen
Frisch plädiert dafür, die Zahlen richtig zu interpretieren, und statt falschen Schlussfolgerungen sinnvolle Lösungen aus den Zahlen abzuleiten. "Ein familiengerechteres Umfeld könnte die Chancen von Frauen im Beruf möglicherweise deutlicher verbessern, als schnelle Rufe nach einer festen Quote," sagt Frisch während die Bauarbeiter draußen vor der Tür die frischgebackene Statistik-Chefin lautstark an ihre Hauptaufgabe erinnern: Die 50-jährige Juristin muss den Umzug der Behörde von München nach Fürth managen.
Knapp 40 Millionen soll der Umzug kosten. Derzeit wird ein Teil des Gebäudes renoviert. Die zweite Bauphase soll erst im Jahr 2019 abgeschlossen sein. Bis dahin sollen auch die 500 Mitarbeiter aus der Landeshauptstadt nach Franken umgezogen sein. Die Zweigstelle der Behörde in Schweinfurt soll bestehen bleiben. Derzeit kümmern sich erst 120 Mitarbeiter im neuen Dienstsitz in Fürth um die Statistiken in Bayern.
Apropos Statistiken: Den leichtfertig zitierten Spruch von der treulosen Statistik, der man angeblich niemals glauben könne, wenn man sie nicht selbst gefälscht habe, den hat die frischgebackene Statistik-Chefin auch schon zur Genüge gehört. "Angeblich soll Churchill den Spruch gesagt haben", sagt Frisch skeptisch. Neue Forschungen hätten ergeben, dass die deutsche Propagandamaschine dem Kriegsminister aus England das Bonmot im Zweiten Weltkrieg in den Mund gelegt haben soll.
Frisch setzt auf Transparenz
Marion Frisch setzt so oder so auf Transparenz bei der Erhebung der eigenen Statistiken. Gesetzliche Vorschriften seien die Grundlage der Weitergabe der Zahlen beispielsweise von Hotels und Gasthöfen an die Behörde, die daraus die offizielle Statistik in diesem Fall über den Fremdenverkehr anhand der Übernachtungszahlen ermittelt, sagt Frisch, die selbst zur Fremdenverkehrsstatistik beiträgt.
"Mein Lebensmittelpunkt ist nach wie vor in München. Aber meine Eltern und einer meiner Brüder leben in Roth." Die könne sie jetzt noch häufiger sehen, freut sich Marion Frisch. Dann verabschiedet sie sich: Die Zahlen und der Umzug erfordern wieder ihre ganze Aufmerksamkeit. Wenn sie mal abschalten wolle, singe sie im Kirchenchor in München. "Ich habe schon in Roth im Chor gesungen", erzählt Frisch. Da ist sie also doch noch: die alte Verbundenheit zur neuen Berufsheimat.