Druckartikel: Mit besten Grüßen von den Strick-Omis aus Fürth

Mit besten Grüßen von den Strick-Omis aus Fürth


Autor: Christian Pack

Fürth, Sonntag, 27. Juli 2014

In Fürth vertreibt eine Firma seit 2012 erfolgreich Woll-Produkte, die von Senioren gefertigt werden. Das Unternehmen will weiter expandieren - und sucht in Franken strickbegeisterte Omas und Opas.
Stricken, lachen, plaudern: Die Strick-Omas Eli, Siggi und Bea (von links) haben sichtlich Spaß bei der Arbeit.  Foto: Pack


Hochbetrieb in der Hornschuchpromenade in der Fürther Innenstadt. Im dritten Stock des Hauses Nummer 7 wuseln Verena Röthlingshöfer und ihr Team durch die frisch bezogenen Büroräume. Mails werden verschickt, Telefongespräche angenommen, kreative Köpfe rauchen vor ihren Rechnern. Was wirkt wie eine aufstrebende Werbeagentur, ist in Wirklichkeit eine Firma für Textilprodukte. Hier oben dreht sich alles um das Thema Wolle.
Spätestens im letzten Zimmer am Ende des Ganges versteht man, warum. Hier stehen keine Computer, es klingelt auch kein Telefon. An einer fürstlich gedeckten Kaffetafel sitzen Oma Eli, Oma Bea und Oma Siggi bei Kuchen und Keksen. Die Stimmung ist bestens. Es wird geplauscht, gescherzt, gelacht - und gestrickt.

Fast wie von alleine fliegen die Holznadeln der fleißigen Damen durch die Maschen. Fehlgriffe: Fehlanzeige.

In Windeseile werden aus bunten Wollknäueln Socken, Stulpen, Mützen und andere pfiffige Kreationen. Ab und an wird eine kurze Kaffeepause eingeschoben. Dann ist auch Zeit, die neueste Woll-Idee von Oma Eli zu bewundern: Eine putzige Tracht für die kleinsten Volksfestbe sucher. "Eine schöne Arbeit", lobt Oma Bea.

Die drei sympathischen Damen kommen nicht zum Spaß hierher. Zumindest nicht nur. Sie arbeiten für Verena Röthlingshöfer. Die hat 2012 das Unternehmen"MyOma" gegründet. Das Konzept: Handwerklich begabte Senioren stricken Wolliges für den Sommer und den Winter. Produkte aus den Kollektionen kann man übers Internet bestellen. Die Käufer erhalten ihre Ware mit der Post, inklusive eines großmütterlichen Dankesschreiben mit Foto der jeweiligen Oma.

Die Seniorinnen verdienen sich so etwas zu ihrer Rente dazu. Ein Drittel des Kaufpreises geht immer an die Strick-Oma. Dabei werden die Aufträge gleichmäßig verteilt. "Es soll fair zugehen. Aussuchen kann man sich eine bestimmte Oma nicht", sagt Röthlingshöfer.

Für die Seniorinnen ist "MyOma" aber weit mehr als eine Beschäftigungstherapie mit Gewinnbeteiligung. "Wenn wir uns treffen, dann tratschen und lachen wir viel. Da sind schon echte Freundschaften entstanden. Und natürlich macht uns das Stricken auch viel Spaß", sagt Oma Siggi, die wie ihre "Arbeitskolleginnen" in den kreativen Firmen-Prozess eingebunden wird. "Wir gestalten unsere neuen Kollektionen immer auch mit den Omas zusammen", betont Röthlingshöfer.

An einem verregneten Nachmittag im Urlaub hatte die Gründerin einen Fernsehbeitrag über strickende Seniorinnen gesehen. Das brachte sie auf die Idee, Produkte "made by Oma" zu verkaufen. Mittlerweile hat sich die Geschichte von "MyOma" herumgesprochen. Medien wurden auf die charmante Idee aufmerksam, die Omis sind so nach und nach zu kleinen Werbe-Ikonen geworden. "Ich wurde kürzlich im Krankenhaus in Bad Neustadt erkannt", berichtet Oma Siggi.

Meist arbeiten die Omis von zu Hause aus, der Strickkreis trifft sich aber immer einmal im Monat. Und das nicht nur in Fürth. 70 Omis und Opi Klaus arbeiten deutschlandweit für "MyOma", es gibt bereits Gruppen am Bodensee oder in Berlin. Und Chefin Röthlingshöfer hofft, dass bald noch neue hinzu kommen.

Eli, Bea und Siggi sind praktisch von Beginn an mit dabei. Sie wollen weiterstricken, so lange es Spaß macht und "die Hände mitmachen". Erlernt haben sie alles in der Schule. Oma Bea findet, dass die jungen Leute das heute auch wieder lernen sollten. "Es wird fast alles nur noch fertig gekauft", kritisiert die Senioren, die, was die Strickleidenschaft betrifft, auch bei ihrer Tochter auf Granit stößt. "Sie hat zu mir gesagt: Da bau‘ ich dir lieber eine Homepage, Mama", lacht die Strick-Oma.



So können Sie bei "MyOma" mitmachen


Kontakt Ziel von "MyOma" ist es, in weiteren Regionen Bayerns - also auch in Franken - in diesem Jahr noch vier bis fünf Strickkreise zu gründen. Ein Strickkreis ist eine Gruppe von sechs bis sieben Strickerinnen oder Strickern aus einer Region. Omas und Opas, die Interesse haben mitzustricken, können sich direkt bei "MyOma" melden. Entweder per E-Mail an omas@myoma.de oder telefonisch unter der Nummer 0911/31043023.

Kennenlernen Zunächst findet ein Treffen statt, auf dem sich alle Omas kennenlernen können sowie die Anleitung, Wolle und Nadeln für eine Mustermütze verteilt werden. "Dies ist notwendig, um einen Eindruck zu bekommen, wie gut eine Oma stricken kann. Da wir die Sachen verkaufen, können wir nur einwandfreie Strickwaren verschicken. Die meisten Omas schaffen die ‚Bewerbungsmütze‘ aber mit links", so Röthlingshöfer.