Leben und Sterben nach dem Supersommer
Autor: Diana Fuchs
Bamberg, Donnerstag, 08. November 2018
Die trocken-heißen Monate hatten und haben ungeahnte Folgen. Was können wir in Franken für Flora und Fauna tun?
Auf einmal bewegten sich die Kieselsteine vor seinen Füßen. Herr Rose traute seinen Augen nicht. Angestrengt schaute er zu Boden. Das, was er schließlich erkannte, ließ ihn zuerst an seinem Verstand zweifeln, dann an den biologischen Gesetzen, die sein 82-jähriges Leben bisher bestimmt hatten. Da krabbelten winzige Schildkröten durch seinen Garten. Dabei hatte seine griechische Landschildkröte Agatha schon jahrelang keinen Männerbesuch gehabt.
Viel zu trocken und sehr heiß - so wird der "Supersommer" 2018 in die Geschichtsbücher eingehen. Im Frühjahr "explodierten" Bäume und Pflanzen regelrecht. Erntezeiten verschoben sich. Oft erschwerte Wassermangel die Ernte, etwa von Kartoffeln, die im harten Boden feststeckten. All diese Extreme hatten und haben Folgen für Flora, Fauna und den Menschen.
"Wie immer in der Natur gibt es in solchen Jahren Gewinner und Verlierer", stellt Markus Schmitt fest, der Geschäftsführer des Kitzinger Landschaftspflegeverbandes. Alle Arten und Lebensräume, die auf Wasser angewiesen sind, haben laut Schmitt in den letzten Jahren zunehmend Probleme bekommen. Amphibien, die zum Überleben flache Gewässer brauchen - etwa die Kreuzkröte -, hatten Schwierigkeiten, ihren Nachwuchs durchzubringen: Die Laichgewässer trockneten so schnell aus, dass die Kaulquappen sich nicht entwickeln konnten.
Schwer hatte es auch der Feldhamster: Ihm hat wegen der verschobenen Erntezeiten die Nahrung gefehlt, so dass es fraglich ist, ob der zweite Wurf überhaupt eine Chance hatte und wie sich das auf die Populationsgröße im nächsten Jahr auswirken wird, sagt Ulrike Geise, Artenschutzbeauftragte beim Bund Naturschutz.
Während der Kreuzkröten- und Feldhamsterbestand also zu schrumpfen droht, haben die meisten Bienen das Jahr gut überstanden. Auch Dank "cooler" Fähigkeiten: "Bei Temperaturen über 30 Grad haben sie keinen Nektar mehr gesammelt, sondern nur noch Wasser", erklärt Thomas Gschwandtner vom Verband Bayerischer Imker. Dieses Wasser verteilten die Bienen auf den Waben und begannen, mit ihren Flügeln zu fächeln. Dadurch brachten sie das Wasser zum Verdunsten. "Wenn Flüssigkeit in gasförmigen Zustand übergeht, wird Energie verbraucht. Es entsteht Verdunstungskälte. So klimatisieren die Bienen ihr Wabenwerk."
In voller Sonne lagen dagegen viele Gärten. Deshalb erlebte so mancher Schildkrötenbesitzer Mitte/Ende September eine faustdicke Überraschung: Aus den Erdhügeln im Garten grub sich Schildkrötennachwuchs ans Tageslicht. "Naturbruten sind bei uns normalerweise unmöglich", weiß Sandra Malguth von der Schildkrötenauffangstation in Kitzingen. Doch der Supersommer 2018 sorgte für die große Ausnahme.
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