Druckartikel: Gefährliches Radfahren in Franken: So stark stieg die Zahl der schweren und tödlichen Unfälle

Gefährliches Radfahren in Franken: So stark stieg die Zahl der schweren und tödlichen Unfälle


Autor: Jakob Halm

Nürnberg, Montag, 06. Juli 2020

Immer häufiger kommt es in Deutschland zu Verkehrsunfällen mit Radfahrern - auch die Zahl der Todesopfer steigt an. Dabei sinkt die Gesamtzahl an Unfällen. Woran liegt das? Und wo in Franken kommt es am häufigsten zu Radunfällen?
Immer häufiger kommt es in Deutschland zu Unfällen mit Radfahrern. Viele enden tödlich. Symbolfoto: vbaleha/Adobe Stock


Traurige Bilanz auf deutschen Straßen: Im Jahr 2018 sind insgesamt 3275 Menschen auf deutschen Straßen gestorben, das zeigen Daten des Statistischen Bundesamts. 445 davon waren Radfahrer - das sind über 15 Prozent mehr als im Jahr 2017. Gerade E-Biker sind verhältnismäßig oft betroffen. 

In den ersten elf Monaten des Jahres 2019 nahm die Zahl an deutschlandweit verunglückten Pedelec Fahrer sogar um 32,6 % zu - das sind 28 Getötete mehr. Für das Gesamtjahr gibt es bisher noch keine Auswertung. Die Zunahme könnte daran liegen, dass auch immer mehr Menschen mit dem E-Bike, bzw. Pedelec, unterwegs sind. Alleine im Jahr 2019 sind, laut radfahren.de1,36 Millionen E-Bikes in Deutschland verkauft worden. Ein weiterer Grund könnte sein, dass manche Fahrer die Geschwindigkeit der E-Bikes unterschätzen und ihr Gefährt nicht unter Kontrolle haben. 

Wo in Franken sind Radfahrer besonders gefährdet?

Schaut man sich die Zahlen des Bayerischen Landesamtes für Statistik für das Jahr 2019 an, kann man erkennen, in welchen fränkischen Regionen es besonders häufig zu Unfällen mit verletzten und getöteten Radfahrern kommt:

Für die fränkischen Regierungsbezirke verteilen sich die Unfälle so:

  1. Mittelfranken: 2118 verletzte Radfahrer / 12 getötete Radfahrer
  2. Unterfranken: 1061 verletzte Radfahrer / 9 getötete Radfahrer
  3. Oberfranken: 999 verletzte Radfahrer / 5 getötete Radfahrer

In diesen fränkischen Städten kommt es besonders oft zu Unfällen mit Radfahrern:

  1. Nürnberg: 746 verletzte Radfahrer / 3 getötete Radfahrer
  2. Erlangen: 331 verletzte Radfahrer  
  3. Bamberg: 203 verletzte Radfahrer / 1 getöteter Radfahrer
  4. Würzburg: 170 verletzte Radfahrer 

Zahl der Unfälle und Toten steigt

Gerade Radfahrer sind ohne Schutzkleidung und ohne schützender Karosserie besonders schnell von Unfällen betroffen. Der Helm dient dem Schutz, trotzdem setzten nur relativ wenige Leute einen Helm für ihre alltäglichen Fahrten auf.  Rad- oder Freizeitklamotten helfen bei einem Sturz kaum. 

Die Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass die Zahl der Unfälle mit Radfahrern seit längerem tendenziell steigt - fast 90.000 waren es im Jahr 2018. Besonders stark ist jedoch der Anstieg der getöteten Radfahrer. Und das, obwohl in Deutschland die Zahl der Verkehrstoten eher sinkt - 6,6 % weniger Verkehrstote gab es im Jahr 2019. Radfahrer scheinen hier jedoch die Ausnahme zu sein.

Gründe dafür könnte es viele geben: Mehr Leute fahren immer öfter mit dem Fahrrad, oder aber der Trend zum E-Bike lockt mehr Menschen auf das Fahrrad, die nicht damit umgehen können. Allerdings ist es auch möglich, dass die Autofahrer immer weniger Rücksicht auf Radfahrer nehmen.

Das Pedelec als Gefahr auf den Straßen

Dass E-Bike und Pedelec-Fahrer besonders häufig von Unfällen betroffen sind, ergab eine Studie der Allianz Versicherung: Nur rund fünf Prozent aller Fahrräder waren zum Zeitpunkt der Auswertung motorbetrieben, allerdings waren 18 Prozent der tödlich verunglückten Radler mit einem Pedelec unterwegs. In Bayern waren es 2019  insgesamt 997 Verkehrstote, davon 86 Radfahrer und davon waren 20 mit einem Pedelec unterwegs. Mit rund 23 Prozent liegt Bayern damit deutlich über dem deutschlandweiten Schnitt.

Gründe für diese Zahlen lassen sich lediglich erahnen: Manche E-Bike-Fahrer können vermutlich nicht mit der hohen Geschwindigkeit umgehen, oder aber das schwerere Fahrrad verhält sich in Kurven und beim Bremsen anders. Das Argument, dass gerade ältere Menschen mit dem Pedelec unterwegs sind und verunglücken, ist laut der Studie nicht haltbar.

"Über alle Altersgruppen zusammengefasst ist das Getötetenrisiko im Fünf-Jahresmittel auf dem Pedelec dreimal so hoch wie auf dem herkömmlichen Rad", sagt der Unfallforscher der Allianz Jörg Kubitzki gegenüber dem Handelsblatt.

Die größte Gefahr für Radler: Autos

Von den insgesamt 88.472 Fahrradunfällen mit Personenschaden in 2018, hatten 74,1 % der Unfälle mit einem Auto zu tun. Von diesen wiederum war in 75 % der Fälle der Autofahrer Schuld. 

Die Diskussion zwischen Rad- und Autofahrern hält sich seit Jahren. Alle wichtigen Argumente  und Streitpunkte haben wir in unserem Umfrageartikel "Der ewige Streit zwischen Fahrrad- und Autofahrern: Wer hat recht?" zusammengefasst.

Die Politik ist sich der Gefahren für Radfahrer scheinbar bewusst, denn erst im April wurden neue Regelungen in die Straßenverkehrsordnung aufgenommen:

  • Abstand beim Überholen in Ortschaften: mindestens 1,5 Meter
  • Abstand beim Überholen außerhalb von Ortschaften: 2 Meter
  • Halten auf einem Radweg: bis zu 100 Euro Strafe und ein Punkt in Flensburg

Bisher war für das Überholen von Radfahrern lediglich ein "ausreichender Seitenabstand" vorgeschrieben. Die Auswirkungen auf die Unfallzahlen zeigen sich hoffentlich schnell.