Ein Leben in Freiheit
Autor: Diana Fuchs
Iphofen, Donnerstag, 31. Oktober 2019
Ein 41-jähriger Franke teilt das Jahr in zwei Hälften: eine zum Arbeiten, eine zum Leben und Reisen.
Manchmal kommt es anders. Dies sollte eigentlich ein Artikel über die waghalsige Arbeit eines professionellen Fassadenkletterers werden. Um (Wage-)Mut geht es zwar auch, vor allem aber um etwas noch Größeres: um Freiheit. Persönliche Freiheit. Darum, das zu sein, was man ist und was man sein will.
Markus Ixmeier hat sein Haus immer dabei. Heute steht es mitten auf dem Marktplatz der fränkischen Weinstadt Iphofen, morgen vielleicht in Bamberg, Barcelona oder Bordeaux. Es ist ein großer, weißer Bus, ein Jumper. Ixmeier schiebt von innen die Tür auf. Blaue Augen in einem markanten Gesicht, fester Händedruck, sympathisches Lächeln. Hinter ihm sind ein gemütliches Bett zu sehen, ein Bücherregal, ein Ofen, eine elektrische Kochstelle, ein ausziehbarer Tisch. "Da kann man sich abends gemütlich mit sieben Mann dransetzen, wenn man den Fahrer- und den Beifahrersitz einfach um 180 Grad dreht."
Den Jumper, erzählt Markus Ixmeier, den alle einfach "Ixi" nennen, hat er selbst umgebaut. Mit Hilfe von Bruder und Vater ist aus einem Industriebus ein kleines Haus auf Rädern geworden. Etwa die Hälfte des Jahres fährt es durch Deutschland, die andere Hälfte verbringt es unter südlicher Sonne, bevorzugt in französischen und spanischen Boulder-Gebieten.
Bouldern, das ist Klettern in Bodennähe, ohne Seil und Gurt. Im Gegensatz zu dem Job, der ihm Höhenluft und Geld bringt - dem Gewerbeklettern -, liebt der 41-Jährige es in seiner Freizeit, nur mit Kraft und Körperbeherrschung voranzukommen. "Beim Bouldern geht es nicht darum, hoch hinaus zu kommen, sondern Felsen und Vorsprünge geschickt zu erklettern." Zum Bouldern könne man auch gut mal alleine gehen, nur mit dem Crashpad, einer Bodenmatte.
Ein Einzelgänger ist der Possenheimer - Possenheim ist ein Dorf bei Iphofen, in der Nähe des Drei-Franken-Ecks - aber keineswegs. Im Gegenteil: Er ist ein sehr geselliger Typ. "Die Boulder-Welt ist klein. Man trifft an verschiedenen Orten immer wieder die gleichen Leute." Südlich von Paris zum Beispiel, nahe der Stadt Fontainebleau, gibt es ein Boulder-Paradies aus Sandstein-Blöcken. "Dahin zieht es mich und etliche andere immer wieder." Oft campt der Unterfranke wochenlang dort. "Tagsüber klettere oder fotografiere ich - meine zweite Leidenschaft - , abends sitze ich mit Freunden zum Beispiel bei Käse, Baguette und Rotwein zusammen." Solche Tage nennt Ixi ganz schlicht "gute Tage".
Nicht für immer Rettungssanitäter
Allerdings muss man sich diese natürlich leisten können. Ixi macht das so: "Ungefähr sechs Monate im Jahr arbeite ich und verdiene Geld. Den Rest der Zeit lebe ich."
Nach der Schule hat der Unterfranke zunächst eine Lehre als Technischer Zeichner gemacht und in diesem Beruf zwei Jahre lang in Nürnberg gearbeitet. Dann kam der Zivildienst, den er beim Bayerischen Roten Kreuz in Würzburg absolvierte. "Ich bin dort Rettungssanitäter geworden, habe mich jahrelang für andere eingesetzt."