Der große Franken-Test: Wie gut sind unsere Gottesdienste?
Autor: Klaus Angerstein
Franken, Montag, 21. Oktober 2019
Das Gottesvolk wird weniger. Haben die Gottesdienste schuld ? Wir haben den Test gemacht und 75 Gottesdienste in der Region unter die Lupe genommen.
Glauben die Menschen nichts mehr? Oder ist es die Institution Kirche, die auf immer mehr Gläubige eher abschreckend wirkt? Oder passen die Gottesdienste nicht mehr in die Zeit? Innerhalb der letzten 30 Jahre ist die Zahl der Gottesdienstbesucher um zwei Drittel zurückgegangen. Zahlen, die die beiden großen Kirchen selbst veröffentlicht haben.
Auf dem Papier bekennen sich zwar noch über die Hälfte der deutschen Bevölkerung zum katholischen oder evangelischen Glauben. Wenn die Gläubigen allerdings an einem normalen Sonntag zum Gottesdienst gerufen werden, verlieren sich meist nur einige wenige in dafür überdimensionierten Gotteshäusern. Eine Ausnahme bilden hier nach wie vor kirchliche Feiertage wie Ostern oder Pfingsten, Jubelkommunionen und Jubelkonfirmationen.
Gottesdienst mit acht Gläubigen
Die Tendenz ist weiter rückläufig. Heute gibt es Gemeinden, in denen sich sonntags gerade mal acht Gläubige in einen Gottesdienst verlaufen. Nicht irgendwo in den neuen Bundesländern, nein, auch bei uns - mitten in Franken. Der Anteil der Katholiken, der sich am Sonntag noch in der Kirche sehen lässt, ist inzwischen bundesweit auf 9,3 Prozent gesunken.
Für die evangelische Kirche sind die Zahlen noch dramatischer. Da registrierte man im letzten Jahr nur noch 4,4 Prozent Gottesdienstbesucher. Diese für beide Kirchen bedrohliche Entwicklung muss Gründe haben. Wir waren deshalb in ganz Franken unterwegs. Besuchten über die Jahreszeiten verteilt Pfarreien in Ober-, Mittel- und Unterfranken. Wir wollten wissen, wie es um den Gottesdienstbesuch hierzulande bestellt ist, welches Angebot die Kirchen ihren Gläubigen machen und wie dieses Angebot angenommen wird.
Die Gründe dafür, dass die Zahl der Gottesdienstbesucher beständig geringer wird, sind sicher vielschichtig. Da wäre zum einen die demografische Entwicklung. So verringerte sich die Zahl der Katholiken allein im Bistum Würzburg im Verlauf der letzten 20 Jahre um 150 000 Gläubige, im Erzbistum Bamberg waren es 120 000.
Hinzu kommt, dass den beiden großen Kirchen die Gläubigen durch Austritt regelrecht davonlaufen. Bundesweit verlor die katholische Kirche im letzten Jahr 216 078 Gläubige durch Austritt, in der evangelischen Kirche waren es 220 000. Während viele Katholiken die zahlreichen publik gewordenen Missbrauchsfälle in der Kirche zum Anlass nahmen, ihrer Kirche den Rücken zu kehren, mag für die Negativentwicklung in der evangelischen Kirche hinzukommen, dass sie in einer säkularisierten Gesellschaft für die Gläubigen immer weniger sinnstiftend wirken kann.
Kritikpunkte an der Institution Kirche gibt es zudem jede Menge. Gerade die katholische Seite muss sich neben dem Missbrauchskandal vorwerfen lassen, sie diskriminiere Frauen, weil sie nicht zum Priesteramt zugelassen würden, lasse geschiedene Menschen im Stich und gebärde sich mit dem Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes in Glaubensfragen als anmaßend und selbstherrlich.