Cold Cases in Franken: Ungeklärte Kriminalfälle aus der Region werden erneut aufgerollt
Autor: Agentur dpa
Franken, Dienstag, 03. Januar 2023
Ungeklärte Tötungsdelikte gibt es auch bei uns - in Franken und Bayern. Nun versuchen "Cold-Case"-Ermittler diese Fälle neu aufzurollen, in der Hoffnung, die Tötungen mit Methoden moderner Kriminaltechnik aufzuklären.
"Cold Cases"-Ermittler pusten mitunter den Staub von den Akten ungeklärter Mordfälle, die manchmal seit Jahrzehnten in den Polizeiarchiven lagern. Sie suchen nach "blinden Flecken" und Lücken in der Ermittlungsarbeit der damaligen Mordkommissionen, studieren Akten und Asservate.
Schon vor Jahrzehnten sicherten Polizisten Faserspuren. Sie waren damals neben Fingerabdrücken eines der wenigen kriminaltechnischen Beweismittel. Mit neuen Techniken und Auswertungsverfahren soll heute möglichst jeder Mordfall aufgeklärt werden - denn die jahrelange Ungewissheit über den Täter oder das Schicksal der Opfer ist gerade für Familie und Angehörige kaum zu ertragen. Einige dieser "Cold Cases" sind in der Region Franken und in Bayern passiert.
Klaus Berninger, Wörth am Main:
Der 16-Jährige verschwindet am 20. Dezember 1990. Drei Tage später finden Spaziergänger seine Leiche in einem Wald nahe der Kleinstadt an der bayerisch-hessischen Landesgrenze. Die Polizei geht davon aus, dass der Jugendliche umgebracht wurde. Nach damaliger Erkenntnis starb er durch Gewalteinwirkung mit einem scharfkantigen Werkzeug gegen den Hals. Auch nach monatelanger Ermittlung kann kein Täter überführt werden.
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Im Frühjahr 2022 ermittelt die unterfränkische Polizei wieder intensiver. Tausende Anwohner werden befragt. Es folgt eine Suchaktion im Wald, bei der ein Messer mithilfe eines Metalldetektors gefunden wird. Ob es das Tatmesser ist, ist öffentlich bisher nicht bekannt. Zudem werden Fahndungsplakate aufgehängt - auch auf Türkisch -, weil der Anteil der türkischsprachigen Menschen in der Region sehr hoch ist. Doch bis zum Jahresende konnte die Polizei keinen Verdächtigen präsentieren.
Sabine Back, Karlstadt:
Auf einem Bauernhof im unterfränkischen Karlstadt bricht im vergangenen September ein Feuer aus. Das ist brisant, weil auf dem Gelände 1993 ein totes Mädchen entdeckt wurde. Der Mordfall ist bisher ungeklärt. Den früheren Besitzer des Anwesens hatten die Ermittler in der Vergangenheit als Verdächtigen im Visier. Sein Verfahren war aber mangels Tatnachweises eingestellt worden, der Mann ist mittlerweile tot.
Seit 2021 ermittelt die Polizei wieder intensiver zum Tod der 13-Jährigen, nachdem unter anderem feinere DNA-Analysen neue Hinweise gebracht hatten. So wurde auch der Tatort im etwa 1100 Einwohner zählenden Ortsteil Wiesenfeld erneut untersucht. Am 22. Dezember 2021 klagt die Staatsanwaltschaft einen Mann wegen Mordes an, der damals 17 Jahre alt war. Doch das Landgericht Würzburg lässt die Anklage aus Mangel an stichhaltigen Beweisen nicht zu. Dagegen legt die Staatsanwaltschaft Beschwerde ein. Das zuständige Oberlandesgericht Bamberg hat darüber bisher nicht entschieden.
Waltraut Ess, Bad Neustadt an der Saale:
1993 wird die 51 Jahre alte Geschäftsführerin eines Autohauses aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld getötet. Die gefesselte Leiche findet der Sohn. Die Getötete hatte nach der Rückkehr von einem Lokalbesuch offenbar Einbrecher in ihrer Wohnung überrascht und war durch stumpfe Gewalteinwirkung gegen den Hals getötet worden. Bis auf 3500 Mark entwenden die Täter nichts. Keine zwei Wochen später präsentieren die Ermittler einen damals 28 Jahre alten Verdächtigen - doch ihm kann nichts nachgewiesen werden.