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Zwei Männer machten Streitberg


Autor: Reinhard Löwisch

Streitberg, Montag, 02. März 2015

Ignaz Bing und Hans Hertlein stießen zahlreiche Projekte an, die aus dem idyllischen Dorf Streitberg schon früh eine Touristenhochburg in der Fränkischen Schweiz machten.
Streitberg, Postkarte von 1904 mit dem dominanten Gebäude des Kurhauses in der Mitte Repros: Reinhard Löwisch


Der Ort Streitberg gehört wie auch Muggendorf in die Liste der bekannten Touristenorte und hier ganz oben mit angesiedelt: Streitberg hatte schon früh erkannt, dass man mit entsprechenden Angeboten und Attraktionen viele Gäste anlocken kann.

"Streitberg, protestantisch, im Landgericht Ebermannstadt, ist Sitz eines Bayreuthischen, ganz von dem Bambergischen eingeschlossenen Amtes. Der Ort liegt in einer höchst romantischen Gegend an der Straße von Nürnberg nach Bayreuth und hat 48 Häuser, meist von gutem Ansehen unter welchem fünf empfehlenswerte Gasthäuser sind." Das hält schon Joseph Heller 1829 in seinem Reiseführer "Muggendorf und seine Umgebungen" fest.


Überblick

Ausführlich beschreibt er die Überreste der Streitburg ("man trifft noch mehrere Gewölbe an"), die von den Schlüsselbergern im 13. Jahrhundert erbaut wurde und lobt die herrliche Aussicht: "Man überschaut die ganze Muggendorfer Gegend bis hinunter nach Ebermannstadt und Kirchehrenbach". In nächster Umgebung nennt er den Schönstein und die Muschelquelle, den Wasserfall und den Brunnenstein". Die Binghöhle kannte er damals noch nicht. Die wurde später entdeckt.

Wie schon aus der Beschreibung Hellers hervorgeht, war Streitberg damals schon ein Ort für "Fremde", für Touristen. Ausgelöst durch die Beschreibungen der "Merkwürdigkeiten in der Zoolitzenhöhle", durch den Pfarrer Friedrich Esper aus Uttenreuth sind seit Ende des 18. Jahrhunderts Professoren und ihre Studenten in die Region gekommen, um sich der damit begründeten Höhlenforschung zu widmen.

1840 war Streitberg der erste Ort in der Region, der mit einer Molkekur zusätzliche "Sommerfrischler" in die Fränkische Schweiz lockte. Bis zu 400 Gäste kamen so zusätzlich ins Dorf: Sie bleiben einige Wochen und nahmen viele Dienste in Anspruch: Vom Wander- und Kutschführer bis hin zum Bauern, der die Ziegenmolke lieferte, und dem Arzt, der die Kur medizinisch betreute.

Erst 20 Jahre später folgt Muggendorf und Gößweinstein, ebenfalls mit eigener Kur. Ignaz Bing, ein Nürnberger Industrieller ließ 1905 die Binghöhle erforschen und erschließen. Auch die Wasserversorgung in Streitberg um 1900 ist auf seine Initiative entstanden, schreibt Anton Eckert in seiner Kurzbiografie über Ignaz Bing.

Auch ist die Elektrifizierung Streitbergs auf sein Wirken hin entstanden: Er wollte Strom für seine kurz vorher fertiggestellte Villa. Man kann also sagen, dass Bing in Streitberg - ähnlich wie Hans Brand in Pottenstein - die Grundlagen für einen erfolgreichen Tourismus schuf.


Flüssige Kostbarkeiten

Ein zweiter wichtiger Name in Streitberg war Hans Hertlein. Jener kaufte um die Jahrhundertwende die "Alte Kurhausbrennerei" und begründete im gleichen Haus die "Pilgerstube". Über diesen Ort schreibt August Sieghardt: "Sie veranschaulicht mit einer großen Anzahl von alten Kupfer- und Stahlstichen sowie Lithografien das Aussehen der Fränkischen Schweiz im 19. Jahrhundert und es enthält eine lückenlose Sammlung farbiger Wappen von Adelsgeschlechtern der Fränkischen Schweiz."
Mit Recht verdiene dieses historische Anwesen den Ehrennamen Heimathaus schreibt Sieghardt weiter. Dass man dort an die 160 verschiedene Brände, Geiste und Liköre "probieren" konnte, darunter natürlich das Flaggschiff, "Hertleins Streitberger Bitter", sei nur am Rand erwähnt. Die Jugendherberge in Streitberg, 1921 vom Fränkische Schweiz- Verein (FSV) erbaut, kam auf seine Initiative zustande. Er war damals FSV-Hauptvorsitzender.

Und ein Freibad kam bald hinzu. Am 6. Juni 1931 öffnete das Kur- und Familienbad seine Pforten. Der Wiesentbote schrieb darüber: "Das allseits gestellte Verlangen der Sommerfrischler und Ausflügler nach zeitgemäßer Badegelegenheit, wie sie heute in den meisten größeren und kleineren Kurorten besteht, hat den seit Jahrzehnten rühmlichst bekannten Kurort Streitberg veranlasst, trotz Schwere der Zeit die Schaffung eines großen modernen Familien-Schwimmbades in Angriff zu nehmen, das durch Anlage und Einrichtung auch verwöhnten Ansprüchen des Fremdenpublikums zu entsprechen vermag."


Die Ausgaben lohnten sich

Laut Statistik zählte Streitberg 19 051 Übernachtungen im Jahr 1932 gegenüber 17 200 im Jahr davor. Dazu kamen noch die Gäste der Jugendherberge. Das FSV-Heft Nr. 11/1932 berichtete, dass "1712 Personen zu verzeichnen sind mit 2052 Übernachtungen. Allein in den Monaten Juli (500) und August (400 Wanderer) war die Jugendherberge sehr gut belegt, die Quartiere haben nicht ausgereicht.

Streitberg heute: Das Familienbad ist dank eines rührigen Fördervereins noch immer geöffnet, aus der Jugendherberge ist ein Sporthotel geworden. Die Pilgerstube gibt es noch, ebenso den berühmten Streitberger Bitter und das Alte Kurhaus. Die Binghöhle gehört nach wie vor zu den meistbesuchten Plätzen der Gäste und die Museumsdampfbahn hält immer noch schnaubend am Bahnhof an.