Zockt der Forchheimer Ticketservice die Kunden ab?
Autor: Jennifer Opel
Forchheim, Montag, 09. Mai 2016
Es scheinen viele Leute beim "H+E Ticketservice" gebucht zu haben. Lange Zeit genoss der Laden am Paradeplatz einen guten Ruf. Damit ist es nun aber vorbei.
Die Diskussion in einer der Forchheim-Gruppen im sozialen Netzwerk Facebook brach am vergangenen Donnerstag aus. Das Thema: Der Ticketshop am Paradeplatz. Eine junge Frau wunderte sich dabei, warum der Laden seit Montag geschlossen habe. 116 Kommentare waren die Folge.
Eine 30-jährige Forchheimerin schildert gegenüber dem FT ihre Lage: "Ich wollte schon immer zum Sonne-Mond-und-Sterne-Festival. Zu meinem 30. Geburtstag habe ich dann von meiner besten Freundin das Geld für die Karte bekommen, damit wir zusammen dort hinkönnen."
Die Freundinnen entschieden sich bewusst dafür, im Ticketshop in Forchheim die Karten zu kaufen. "Wir dachten, wir unterstützen das vor Ort und bestellen nicht online", sagt die 30-Jährige. Zudem habe sie bis dahin noch keine schlechten Erfahrungen aus dem Ticketservice gehört.
Viele Beschwerden
Mittlerweile häufen sich aber die Beschwerden über den Ladenbesitzer am Paradeplatz. "Er hat mich immer hingehalten und irgendwann gesagt, er ruft zurück. Das hat er aber nie gemacht", erinnert sich die 30-Jährige, die bis heute auf ihre im Januar bezahlten Tickets wartet. Am letzten Freitag im April habe sie dann gesagt bekommen, die Tickets kämen per Post. Die junge Frau bestand aber darauf, die Karten selbst abzuholen, am Montag letzter Woche hätte sie hingehen sollen. "Da war der Laden dann zu", erzählt sie, "und es hing ein Schild, dass wegen Krankheit geschlossen sei, an der Tür."
Daraufhin kontaktierte die junge Mutter einen Anwalt und rief schließlich am vergangenen Freitag bei der Polizei an. "Ich fürchte, dass ich keine Karten mehr bekomme", sagt die Forchheimerin, "das Festival ist mittlerweile nämlich ausverkauft."
Die von einer 43-Jährigen bestellten Karten sind hingegen noch zu haben. "Und das, obwohl wir am 19. März genau diese Karten bei ihm gebucht haben", sagt sie empört, "und man kann bis jetzt nichts machen. Mein Anwalt sagt, er könne die Tickets ja bis zu dem Termin in zehn Tagen noch rausgeben, vorher ist noch alles offen."
"Eingelullt und vertröstet"
Eine andere Frau beklagt sich ebenfalls über nicht ausgestellte Tickets. "Ich habe sie im Februar im Laden bezahlt und eine Quittung bekommen", sagt sie. Bis heute seien die Karten für eine Veranstaltung an Pfingsten nicht da. "Immer wieder hat er mich eingelullt und vertröstet", stellt sie resigniert fest, "ich war jetzt im Laden und habe versucht, ihn privat und geschäftlich per Telefon zu erreichen." Wer am Montag die Telefonnummer des Geschäfts anrief, auf den wartete nur ein durchgängiges Besetzzeichen. Vor Ort im Laden hängt immer noch das Schild "Wegen Krankheit geschlossen." Ein Statement des Geschäftsinhabers war nicht zu kriegen.
Die Polizei in Forchheim kennt den Fall. Polizeihauptkommissar Alexander Debes sagt, dass bereits mehrere Bürger bei der Polizei waren. "Zuerst war es nur eine zivilrechlichte Sache", sagt Debes, "jetzt wurde die erste Anzeige wegen Betrugs aufgenommen." Es habe sich ein eindeutiger Anfangsverdacht ergeben, so dass die Ermittlungen nun aufgenommen werden.
"Wie viele betroffen sind, können wir nicht sagen", erklärt Debes, "aber ich gehe davon aus, dass jetzt noch mehr Geschädigte auf uns zukommen. Wir ermitteln nun, was es damit auf sich hat." Den Inhaber habe die Polizei bisher allerdings auch nicht erreicht, erklärt Debes.
Grundsätzlich gibt es bei solchen Fällen wie diesem auch zwei weitere Möglichkeiten: Insolvenz oder Insolvenzverschleppung. Insolvenz wäre es dann, wenn die Tickets nicht ausgegeben wurden, weil der Unternehmer kein Geld hatte, die Tickets zu bezahlen. Insolvenzverschleppung dann, wenn der Unternehmer zum Beispiel im Januar schon zahlungsunfähig gewesen sei, dies aber ignoriert habe. Während online weiter über Betrug und Insolvenz spekuliert wird, zeigt ein Blick ins Insolvenzregister, dass weder der "H+E Ticketservice" noch der Inhaber des Geschäftes in diesem Jahr eine Insolvenz angemeldet haben - zumindest gibt es bis Montagnachmittag keinen Eintrag.
Die Homepage von "H+E Ticketservice" ist jedoch noch verfügbar. Auch Karten können dort noch geordert werden.
"Es gehen viele Geschäfte kaputt, und das ist schade. Aber dann muss man so fair sein und ehrlich zu den Kunden sein", findet die 30-Jährige, die noch immer auf Festival-Tickets wartet, "er war aber irgendwann einfach nur noch patzig."