Wozu braucht es Kirchensteuer?
Autor: Redaktion
Forchheim, Samstag, 28. Juli 2018
Immer mehr Menschen treten aus der Kirche aus. Grund: Sie wollen die Steuer nicht zahlen. Zwei Dekane erklären, warum die Kirchensteuer nicht ausschließlich in der Kirche landet.
Die Kirchensteuer hat bei vielen Menschen einen bitteren Nachgeschmack. Zumindest wird diese Steuer als häufigster Grund für einen Kirchenaustritt genannt. Eine Erklärung wird gleich hinterher geschoben: "Glauben kann ich auch ohne Kirche und so oft bin ich nicht im Gottesdienst. Wozu soll man Kirchensteuer zahlen?"
Für Regionaldekan Martin Emge ist die Antwort darauf eindeutig: "Durch Kirchensteuermittel ermöglichen Sie es der Kirche, in vielfältiger Weise sozial und pastoral tätig zu werden. Kirche bietet den Menschen Heimat, Bildung, christliche Werte, Gemeinschaft, Entfaltungs- und Versammlungsräume, Lebensqualität in allen Altersstufen, Beratung und Lebensperspektiven, Halt im Glauben und in bewährten Riten. Auf diese Weise ist Kirche ein unverzichtbares Unterstützungssystem für eine humane Gesellschaft und ein Kulturträger ersten Ranges."
Personalkosten mitfinanziert
Für die evangelische Dekanin Berthild Sachs steht die Kirchensteuer zusätzlich für ein großen Stück Freiheit den Menschen und der Gemeinde gegenüber. Denn sonst wären wie bei Freikirchen Konflikte vorprogrammiert. Dort werden vom Gebetshaus bis zum Gehalt des Predigers alles aus den Spenden der Mitglieder bezahlt.Durch Kirchensteuergelder würden die Personalkosten von sämtlichen kirchlichen Mitarbeitern vom Pfarrer bis zum Klinikseelsorger mitfinanziert.
Die Caritas als größter kirchlicher Arbeitgeber wird ebenfalls durch Kirchensteuermittel mitfinanziert. "Das Geld fließt in katholische Altenheime, Behinderteneinrichtungen, Schulen in kirchlicher Trägerschaft, beispielsweise die Maria Ward in Nürnberg und Bamberg oder die Maria Hilfschule in Bamberg sowie in soziale Beratungsstellen, Obdachlosen- und Asylarbeit", erklärt Emge.
In Zahlen auf Forchheim übertragen ist es so, dass es je nach Anzahl der Katholiken und Größe der Pfarrei einen Zuschuss von der Diözese für die seelsorgerliche Arbeit gibt. Dieser Zuschuss bestehe zu zwei Dritteln aus Kirchensteuermitteln. 5286 Euro beträgt das Budget, das die Pfarrei St. Martin in Forchheim zur Verfügung hat. "Diesem Betrag stehen allein monatliche Personalkosten in Höhe von etwa 12 000 Euro gegenüber. Deshalb sind wir, wenn es um den Erhalt unserer Kirchen, Pfarrzentren und möglicherweise weitere Liegenschaften geht, auf außerordentliche Zuschüsse angewiesen", erklärt Emge.
Ähnlich ist die Situation bei den Protestanten. Jede Kirchengemeinde erhält nach Mitgliederzahl ein jährliches Budget, mit dem hauptsächlich das Personal von der Sekretärin bis zum Hausmeister bezahlt wird. 47 403 Euro werden der evangelischen Pfarrei Gräfenberg mit ihren 1675 Kirchenmitgliedern jährlich zugewiesen.
Zusätzlich gibt es die Kindergärten unter kirchlicher Trägerschaft. 90 Prozent der Personalkosten werden refinanziert. "Diese geregelten Zuschüsse von Land und Kommunen gelten bei allen freien Trägern gleich", erklärt Dekanin Sachs.
Trotzdem bleiben zehn Prozent beim Träger und die kompletten Betriebs- und Unterhaltskosten. "Der Staat zahlt pro Kind einen Basiswert von 1000 Euro jährlich. Darüber hinausgehende Kosten müssen wir selbst finanzieren", erklärt Emge.
Aufgenommen werden aber alle Kinder, egal welcher Religion. "Der Anteil katholischer Kinder in unserem Kindergarten und Hort ist relativ gering. Aktuell sind es 17 von 70 Kindern im Kindergarten und zwei von 28 Kindern im Hort", betont Emge .
Bei den Gebäuden verhält es sich je nach Regelung, die Kommune und Träger getroffen haben. Gräfenberg beteiligt sich zu 50 Prozent mit Deckelung eines Maximalbetrages am Kindergarten unter Trägerschaft des Diakonischen Werks.
Was aber, wenn der Trend wegen Kirchensteuern aus der Kirche auszutreten fortbesteht? "Dann steht die Kirche vor der Frage, was können wir uns noch leisten", erklärt Sachs.
Ein Blick auf die Angebote verrät, dass sie durchaus angenommen werden und somit notwendig sind. Veraltet ist keines der Angebote. Im Gegenteil: "Es werden eher mehr Angebote", sagt die Dekanin und nennt die Online- oder Chat-Gottesdienste als Beispiel, um auf die Bedürfnisse der jungen Generation einzugehen. Und wer vor einem Problem steht und selbst zur nachtschlafender Zeit Hilfe braucht, hat mit nur einem Griff zum Handy bei der Telefonseelsorge einen Gesprächspartner am Ohr.