Wirte kämpfen um die Existenz
Autor: Carmen Schwind
Forchheim, Montag, 04. Sept. 2017
Für die Gastwirte im Landkreis sind 18 Stunde lange Arbeitstage keine Seltenheit.
Als einen Schlag ins Gesicht bezeichnete Marcus Müller vom Veilbronner Gasthof "Lahner" eine Pressemitteilung der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). "So etwas ist kontraproduktiv und entspricht nicht den Tatsachen", meint auch Günter Sponsel vom Gasthof "Sponsel", Wiesenttal. Und auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) veröffentlichte eine Stellungnahme auf seiner Seite und betont hier, "dass es ihm nicht um die Erhöhung des Arbeitszeitvolumens, sondern um die flexible Gestaltung der Arbeitszeit geht."
Der Verband weist darauf hin, dass dies auch in anderen Branchen nötig sei, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Begrenzung der täglichen Arbeitszeit auf maximal zehn Stunden sei nicht mehr zeitgemäß. Stattdessen solle man die europäische Richtlinie in Betracht ziehen, die eine Wochenarbeitszeit von durchschnittlich maximal 48 Stunden vorsieht. "Von der Umstellung von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit profitieren alle: Unternehmer, Mitarbeiter und Gäste", ist in der Pressemitteilung der DEHOGA zu lesen.
Viele Gastronomie-Betriebe in der Fränkischen Schweiz sind Familienunternehmen. "Wenn wir verdienen, dann sollen auch unsere Mitarbeiter gut bezahlt werden", meint Marcus Müller.
Für ihn sind 18-Stunden-Tage keine Seltenheit. "Bei Feierlichkeiten bin ich in den letzten Stunden mit meiner Familie alleine im Service", erzählt Müller. Er habe wegen der straffen Zeitabrechnung mehr Ruhetage einführen müssen, was Umsatzeinbußen zur Folge hatte. In der Gastronomie gibt es andere Arbeitszeiten als beispielsweise in einer Behörde. "Das hat aber auch Vorteile. Denn wenn jemand kleine Kinder hat, kann er diese unter dem Tag betreuen", sagt Günter Sponsel.
Schlechtes Image
Sponsel fragt sich, ob es besser sein soll, wenn diese Menschen lieber Sozialhilfe empfangen. Auch Elisabeth Pfister vom Brauerei-Gasthof "Pfister" in Weigelshofen erzählt, dass ihre Mitarbeiter weit über dem Mindestlohn bezahlt werden. Trotzdem fehlen Fachkräfte. "Aus meiner Sicht ist das ein gesellschaftliches Problem. Alle Eltern möchten, dass ihre Kinder Abitur machen, studieren und dann ins Büro gehen. Einen Acht-Stunden-Tag verbinden viele gleich mit bleibender Arbeitsbelastung. In der Gastronomie gibt es aber oft Stoßzeiten, zu denen man sich schneller umdrehen muss", meint Elisabeth Pfister.
Sie würde gerne gestiegene Umsätze und daraus folgende Erträge an fähige Mitarbeiter weitergeben - wenn es sie denn gäbe.
Marcus Müller vergleicht die Arbeitszeiten seiner Mitarbeiter gern mit denen in pflegenden Berufen. "Das sind körperlich und geistig ansprechende Berufe. Ein Arzt kann auch nicht sagen, dass er Mittagspause hat, wenn sein Patient gerade versorgt werden muss", so Müller. Er berichtet weiter, dass von den Gästen verlangt werde, dass Mitarbeiter in der Gastronomie aufmerksam, schnell und stets höflich sein sollen - egal wie spät es ist. Die Probleme der Gastronomie in der Fränkischen Schweiz seien unter anderem, dass die Gäste große Portionen für kleinen Preis erwarten und die schlechte Infrastruktur. Auszubildende oder Mitarbeiter ohne Auto haben Probleme zum Arbeitsplatz und wieder Nachhause zu gelangen. Heinrich Schmitt vom Gasthof "Drei Linden" in Bärnfels bildet seit Jahren aus - und hat Probleme, Auszubildende zu finden.
Am Scheideweg
Schmitt ärgert sich über die vielen Verordnungen und den großen Zeitaufwand für Dokumentationen. "Und dann wird man in solchen Berichten noch als Abzocker hingestellt", schimpft Schmitt. Er ist der Ansicht, dass es bald keine typischen Familienbetriebe mehr geben wird, denn früher schälte die Oma die Kartoffeln umsonst, jetzt muss man sie anmelden. "Die Fränkische Schweiz wird sich verändern", meint Schmitt, denn viele Gastronomen befinden sich an einem Scheideweg: Man könne aufgeben, oder öffnet zukünftig nur abends oder koche nur für Übernachtungsgäste. "Zudem haben sich die Ansprüche der Gäste verändert. Wir kochen vegan oder vegetarisch und gehen auf Allergien ein", berichtet Heinrich Schmitt. Zudem ist er der Ansicht, dass das Image der Fränkischen Schweiz aufgebessert werden muss.