Druckartikel: Wie viel darf es bei Bundestagsabgeordneten nebenbei sein?

Wie viel darf es bei Bundestagsabgeordneten nebenbei sein?


Autor: Nikolas Pelke

Forchheim, Mittwoch, 10. Oktober 2012

Peer Steinbrück steht wegen seiner Einkünfte in der Kritik. Was sagen Bundestagsabgeordnete aus der Region?
Der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück wurde für seine Vortragshonorare kritisiert. Über Zweiteinkommen von Bundestagsabgeordneten wird seitdem heftig diskutiert. Foto: dpa


Nach der heftigen Kritik an SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und seinen zahlreichen Nebeneinkünften, drehen die Sozialdemokraten nun offensichtlich den Spieß um. Die Partei wolle die "Transparenzregeln für Abgeordnete verschärfen", verkündeten die Sozialdemokraten zu Beginn dieser Woche. Was sagen die Abgeordneten aus der Region zu der Diskussion um die Nebeneinkünfte?

"Im Hauptberuf bin ich Abgeordnete", betont Anette Kramme. Die Rechtsanwältin aus Bayreuth vertritt auch den Landkreis Forchheim für die SPD im Bundestag in Berlin. "Meine Kanzlei bestand schon, bevor ich in den Bundestag eingezogen bin. Hätte ich meine Mitarbeiter entlassen sollen?", fragt sie.

Eine "heuchlerische" Debatte

Für das Jahr 2011 hat die Abgeordnete Kramme über 80 veröffentlichungspflichtige Einkünfte. 72 Einträge finden sich für die Stufe 1. Das sind Einnahmen zwischen 1000 und 3500 Euro. Weitere Einträge finden sich 2011 für die Stufen 2 (bis 7000 Euro) und 3 (über 7000 Euro). Nach Adam Riese kommt man auf minimal rund 128.000 Euro und maximal rund 328.000 Euro veröffentlichungspflichtige Einkünfte.

Die aktuelle Debatte über die Nebeneinkünfte von Peer Steinbrück findet Kramme "heuchlerisch". Sie könne aus ihrer beruflichen Tätigkeit viel für ihre politische Arbeit lernen. "Fleißige, gut ausgebildete und beruflich erfolgreiche Abgeordnete werden bestraft", findet Kramme. "Ich bin Rechtsanwältin und führe zusammen mit einer Teilhaberin eine Kanzlei in Bayreuth. Der monatliche Arbeitsaufwand ist momentan kaum messbar, vielleicht 10 bis 15 Stunden im Schnitt."

Sie begrüße, dass das Thema Transparenz wieder ganz oben auf der Tagesordnung steht. "Ich stehe uneingeschränkt für Transparenz. Wir sollten aber nachdenken, ob wir nicht klügere Lösungen finden als die momentanen Regelungen." Deswegen hält Kramme die Kritik der Regierungskoalition an Peer Steinbrück auch für "unehrlich". Peer Steinbrück halte sich an die Veröffentlichungsvorschriften des Deutschen Bundestages. Leider habe sich die aktuelle Regierungskoalition bislang einer besseren Lösung entgegengestellt. Kramme plädiert für eine umfassende Auskunftspflicht der Kandidaten vor der Übernahme bestimmter politischer Ämter.

Im Übrigen setze sich die SPD für zusätzliche Transparenzstufen bis mindestens 150 000 Euro ein. "Dies wurde von Union und FDP immer wieder blockiert." Eine Neuregelung halte sie aber weiterhin für "unerlässlich". Denn transparent seien die derzeitigen Veröffentlichungsregeln keineswegs. So könne sich beispielsweise der Geschäftsführer einer Ein-Mann-GmbH pro Jahr eine Einmalzahlung gewähren. "Das bedeutet, dass er im Moment nur eine Angabe der Stufe 3 zu tätigen hat."

Einkünfte unter der Grenze

Der Forchheimer Bundestagsabgeordnete Sebastian Körber (FDP) ist laut eigener Homepage "Geschäftsführender Gesellschafter" eines Forchheimer Architekturbüros. "Mir ist meine persönliche wirtschaftliche Unabhängigkeit sehr wichtig, da ich mich so in meinen Entscheidungen und persönlichem Abstimmungsverhalten freier fühlen kann." Und weiter sagt Körber wörtlich: "Ich selbst kann im Architekturbüro nur wenige Stunden tätig sein, weshalb ich aktuell auch keine anzeigepflichtigen Nebeneinkünfte beziehe." Die Beteiligung an einer Kapital- oder Personengesellschaft ist nach den Ausführungsbestimmungen zu den Verhaltensregeln für Abgeordnete nur dann anzeigepflichtig, wenn dem Mitglied des Bundestages "mehr als 25 Prozent" der Stimmrechte zustehen. Auch Einkünfte unter 10.000 Euro pro Jahr müssen dem Präsidenten des Parlaments nicht angezeigt werden.

Eine Frage der Herkunft

Seit Juli 2007 veröffentlicht der Bundestag auf seiner Internetseite die Angaben der Abgeordneten über ihre Tätigkeiten neben dem Mandat. Natürlich, so Körber weiter, sei auch den Abgeordneten das Steuergeheimnis zuzubilligen. "Wichtig ist, es muss Transparenz über die Herkunft der Gelder aus Nebentätigkeiten herrschen." Auch könne sich der FDP-Politiker bei der gesetzlich vorgeschriebenen Offenlegung noch differenziertere Stufen als bisher "gut" vorstellen. "Die Mandatsausübung hat für mich oberste Priorität. 80 Wochenstunden sind für mich eher Regel denn Seltenheit - und lassen zudem kaum Zeit für Nebentätigkeiten."

Silberhorn schreibt aus Afrika

Zeit ist für den Abgeordneten Thomas Silberhorn (CSU) aus Bamberg offensichtlich auch ein knappes Gut. Der Rechtsanwalt hat nur einen veröffentlichungspflichtigen Mandanten (Stufe 1: über 1000 bis 3500 Euro im Monat) im letzten Jahr betreut. Während einer Afrika-Reise des Rechtsausschusses meldet sich Silberhorn zur Steinbrück-Debatte per Email zu Wort: "Ich bin gelegentlich - bei weitem nicht jeden Monat - als Anwalt tätig." Entscheidend sei, dass Transparenz herrscht, damit die Wähler die Tätigkeit ihres Abgeordneten einschätzen können, betont Silberhorn und kritisiert: "Die Verhaltensregeln differenzieren etwas umständlich zwischen Einkünften, die niedriger sind als die Diäten, während es darüber keine Differenzierung gibt." In Berlin wird derzeit genau darüber - über neue Stufen für Nebeneinkünfte über 7000 Euro - diskutiert. Denn von Stufe 3 bis zur Unendlichkeit ist es ein weiter Weg. Der CSU-Abgeordnete für den Wahlkreis Bayreuth/Forchheim, Hartmut Koschyk, hat nur eine Nebeneinkunft. Als Staatssekretär im Finanzministerium verfügt er über monatliche Nebeneinkünfte der Stufe 3.


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