Wie Jesus nach Braunau kam
Autor: Johannes Höllein
Wimmelbach, Samstag, 23. März 2019
Hermann Meißner kehrte zu seinen Wurzeln zurück und stieß bei einem seiner Heimatbesuche auf eine Ikone, die viel Gläubige für eine Reliquie halten.
Er begab sich auf die Suche nach seiner Vergangenheit, nach seiner Herkunft - und fand Jesus Christus. Auf Umwegen hat der Zimmermann aus Nazareth nämlich im tschechischen Broumov (Braunau), einer Partnerstadt von Forchheim, Spuren hinterlassen. Und das hat Hermann Meißner zum Staunen gebracht.
Vor allem, weil der Wimmelbacher bei der Rückkehr in seine Heimat doch zu allererst die Geschichte seiner Familie erkunden wollte. Das hat er auch getan, bei mehreren Besuchen fand er viel über sich heraus. Er stand vor seinem Geburtshaus und dort, wo einst die Großeltern gewohnt hatten. Er lernte Ortsansässige kennen, die sich noch an seine Großmutter erinnern konnten, als Kind in deren Garten gespielt hatten. Viele wertvolle Hinweise und Anekdoten.
Prägenden Eindruck hat bei Meißner aber eben auch eine Privatführung durch das Braunauer Kloster hinterlassen, in dem er getauft worden ist. Im dortigen Refektorium lagern viel Schätze: Eine 17 000 Bände vieler Fachrichtungen umfassende, wissenschaftliche Bibliothek oder ein auf Mitte des 18. Jahrhunderts datierter, hölzerner Globus, der ohne das damals noch unentdeckte Australien auskommt. Und dann eben das 4,36x1,10 Meter große Grabtuch aus Leinen, in das der Körper von Jesus Christus eingewickelt gewesen ein soll.
Nicht das Original, das 1353 erstmals in Frankreich erwähnt und 125 Jahre nach dem Übergang in den Besitz der Familie Savoyen (1453) nach Turin gebracht wurde, wo es - mit kurzen Unterbrechungen - bis heute ausgestellt ist. Das Braunauer Exemplar ist die letzte von insgesamt 42 hergestellten Kopien, die der Turiner Erzbischof 1651 an Mathäus Ferdinand Sobek von Bilenberg, den Abt des Braunauer Klosters, samt Zertifikat übergeben hat. Über die Jahrhunderte geriet es in Vergessenheit, wurde bei Bauarbeiten wieder entdeckt und ist seit 1999 Teil der Dauerausstellung.
Nach 70 Jahren wieder Heimaterde betreten
1939 in Hauptmannsdorf bei Braunau im damaligen Sudetenland geboren und in der Braunauer Klosterabtei getauft, packte Hermann Meißner nach dem Zweiten Weltkrieg die Koffer. Anders als viele Vertriebene hätten der damals Sechsjährige und seine Mutter bleiben dürfen, doch weil die Oma in Abschiebehaft kam, stand die Entscheidung schnell fest, ihr beizustehen und Richtung Westen zu gehen.
In Forchheim fand Meißner eine neue Heimat, in Burk die Liebe. In Wimmelbach lebt er bis heute glücklich und zufrieden. Doch nach dem Tod seiner Frau setzte sich bei dem Hobby-Historiker der Wunsch fest, nun die eigene Vergangenheit zu erforschen, den Spuren seiner Familie zu folgen.
Er suchte den Kontakt zum Heimatkreis Braunau, und bei einem Heimattreffen in Bad Kissingen lernte Meißner die ehemalige Bürgermeisterin von Braunau kennen, die ihm eine Reise in seine Heimat mit ermöglichte. Nach rund 70 Jahren stand Meißner zum ersten Mal wieder auf Hauptmannsdorfer Boden. Kindheitserinnerungen wurden wach, Meißner packte der Bewegungsdrang. 20, 25 Kilometer legte er täglich zu Fuß zurück, um die Umgebung zu erkunden, Zeitzeugen zu finden, die ihm etwas über seine Familie erzählen können.