Wer ist der Weißenoher Wasser-Räuber?
Autor: Petra Malbrich
Weißenohe, Donnerstag, 02. Juni 2016
Die Sinterstufen der Lillachquelle liegen trocken. Nimmt jemand das Wasser weg?, fragen sich alle.
Wo ist das Wasser, fragten nicht nur zahlreiche Besucher, die entlang der als Naturdenkmal ausgewiesenen Sinterstufen der Lillachquelleliefen. Ohne Wasser verlieren die Sinterstufen ihre Faszination, das Naturschauspiel fehlt. Stattdessen liegen sie trocken, wirken wie metertiefe Erdmulden.
Dort im Lillachtal fördert die Gemeinde Weißenohe Wasser aus einem Tiefbrunnen. Nicht nur Besucher fragen sich, ob jemand der Lillach Wasser entnimmt. Auch so mancher weißenoher hört Gerüchte, die durch eine Information im Mitteilungsblatt noch befeuert wurde, denn das Wasserwirtschaftsamt in Kronach hat den Antrag der Gemeinde abgelehnt, die Fördermenge des Trinkwassers von 10 000 Kubikmeter auf 15 000 Kubikmeter pro Jahr zu erhöhen. Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass höhere Ausbeutung eine deutliche Übernutzung darstellen würde.
Ein Weißenoher hat sich getraut, die Befürchtungen und Spekulationen, die aus den halben Informationen und Gerüchten entstanden sind, in einem Leserbrief zu äußern. Bringt die Gemeinde Weißenohe, die mit Besucherlenkungsmaßnahmen das Naturdenkmal schützen und für Touristen attraktiv gestalten will, die Sinterstufen selbst in Gefahr?
So sei es nicht, sind sich Bürgermeister Rudolf Braun (WGA/FW)und Günther Prem, Baudirektor und für den Landkreis Forchheim zuständiger Abteilungsleiter des Wasserwirtschaftsamts in Kronach, einig. "Wir pumpen nichts aus der Lillach ab", erklärt Bürgermeister Braun. Einen Tiefbrunnen auf 90 Metern Tiefe habe die Gemeinde gebohrt. Auf 75 Metern hängt die Pumpe und fördert das Wasser aus dem zweiten Wasserleiter, der zweiten wasserführenden Schicht. "Der Tiefbrunnen hat mit dem Oberflächenwasser nichts zu tun", bestätigt Günther Prem.
Die zweite wasserführende Schicht ist das zweite Grundwasserstockwerk. Auf zehn Metern Tiefe ungefähr stößt man auf Trinkwasser, dann folgen meterdicke Lehmschichten und daraufhin folgt das zweite Grundwasserstockwerk. Das Wasser dort ist sehr alt, von 1000 Jahren oder mehr ist die Rede.
Das Wasserwirtschaftsamt lehnte eine höhere Fördermenge deshalb ab, weil es ebenfalls hundert bis 1000 Jahre dauert, bis das Wasser aus der oberen Schicht in diese untere Schicht sickert. "Deshalb achtet das Wasserwirtschaftsamt darauf, dass nicht zu viel herausgezogen wird", erklärt Prem. Das Trinkwasser, das die Gemeinde Weißenohe dort fördert, dient ohnehin nur als Notversorgung, mit einer Maximalmenge von 10 000 Kubikmetern, wenn Wassernotstand herrscht. Die Pumpe läuft ein bis zwei Stunden, fördert einen Liter pro Sekunde, was pro Tag maximal sieben Kubikmeter beträgt. Die Pumpe wird in Gang gehalten, um einer Versandung vorzubeugen. Oberflächenwasser, wie es in der Lillach ist, wird nur für Bewässerungen verwendet.
Meist illegal. Denn es komme durchaus vor, dass Landwirte Wasser pumpen, um ihre Felder zu bewässern oder auch Privatleute mit einer Pumpe aus dem Baumarkt Wasser aus einem nahen Bach ziehen. Das ist aber nicht erlaubt, was die Leute zum Teil nicht wissen. Eine Gießkanne kann mit diesem Oberflächenwasser gefüllt werden, auch das Vieh darf dort trinken. Aber mit technischen Hilfsmitteln darf kein Wasser entnommen werden.
Ob legal oder nicht: Die Sinterstufen sind an Steilhängen. Kaum ein Mensch kommt dort hin, am wenigsten mit technischen Hilfsmitteln oder landwirtschaftlichen Fahrzeugen. Dass die Sinterstufen trocken liegen, hängt somit weder an der Tiefbrunnenbohrung, noch an illegaler Wasserentnahme, sondern tatsächlich mit den trockenen Jahren zusammen. Auch hier dauert es, bis die Natur wieder in den "Normalmodus" schaltet und das Wasser nachkommt, so dass die Sinterstufen wieder mit Wasser überspült werden und ihre Faszination auf die Touristen ausstrahlen.