Wenn die Grippesaison auf Corona trifft: Zu Besuch bei Effeltricher Ärztin
Autor: Petra Malbrich
Effeltrich, Mittwoch, 16. Sept. 2020
Was andere seit Corona als erschwerte Bedingungen sehen, ist für das Team um die Ärzte Beate Reinhardt normal. Es gibt auch andere Infektionen, vor denen man sich und andere schützen muss: Die Grippe.
Noch immer infizieren sich Menschen im Landkreis mit Corona. Manche husten und schniefen, andere haben Magen-Darm-Probleme. Ähnliche Symptome werden bald vermehrt auftreten, die Grippesaison steht an.
Beate Reinhardt ist Vorstandsmitglied im Bayerischen Hausärzteverband und leitet mit ihrem Ehemann Gunther die Haus- und internistische Gemeinschaftspraxis in Effeltrich. Die aktuellen Corona-Hygienemaßnahmen bedeuten für die Ärztin keine erschwerten Arbeitsbedingungen: "Wir arbeiten schon immer mit Maske und den Hygieneregeln."
Handschütteln überträgt auch Grippe
Einen Händedruck gibt es deshalb nicht. Schließlich wird so nicht nur das Coronavirus übertragen, auch Grippeviren oder Margen-Darm-Infekte lassen sich so weitergeben. "Es ist das menschliche, solidarische Miteinander, um andere vor den eigenen Infektionen zu schützen", betont die Ärztin.
Es klingelt an der Praxistür. "Haben Sie Infektionssymptome oder Magen-Darm-Beschwerden?", fragt eine medizinische Fachangestellte.
Die Patientin vor der Praxistür verneint. Der Summer ertönt, sie darf eintreten und erhält weitere Anweisungen. Bestünde der Verdacht einer Infektion, müsste die Patientin in ein separates Infektionszimmer, das durch eine Tür direkt neben der Praxistür erreichbar ist. Die übrigen Patienten kommen je nach Behandlung ins Warte- oder gleich ins Impfzimmer.
Angst vor Ansteckung haben sie nicht
In der Zwischenzeit zieht Michaela Düsenberg, Ärztin in der Gemeinschaftspraxis Reinhardt, ihren grünen Infektionsschutzmantel über und befestigt einen Gesichtsschutz aus Plexiglas am Kopf. So ausgestattet geht sie zu einer im Auto wartenden Patientin, um von ihr auf dem Parkplatz einen Corona Abstrich zu nehmen. In solchen Situationen haben die Ärztinnen keine Angst. Aber: "Wir haben Respekt vor Corona. Das wollen wir nicht haben", so Beate Reinhardt. "Auch wir sind davor nicht gewappnet."
Gegen das Coronavirus gibt es noch keinen Impfstoff, gegen die Grippe schon. "Die Grippeschutzimpfung ist heuer wichtiger denn je zuvor", betont Reinhardt. Denn trifft die Corona-Pandemie auf eine Grippewelle wären überlastete Arztpraxen und Krankenhäuser die Folge.
Wer behandelt dann einen Menschen, der einen Herzinfarkt hat. Wo ist der Arzt, der sich schnell um Komplikationen bei einer Schwangeren kümmert? Oder: Jemand hat die Grippe und steckt sich im geschwächten Zustand mit dem Coronavirus an. "Das ist nicht auszudenken. Gerade bei chronisch Kranken", so Reinhardt.
Leider werde die Grippeimpfung aber nicht immer als wirkungsvolle Vorsorgemaßnahme betrachtet, erzählt Reinhardt. Sie vergleicht die Situation mit einem Auto, dem die Bremsflüssigkeit fehlt. Jeder würde in dieser Situation handeln, doch bei der Grippeimpfung bleibt der Mensch oft skeptisch. "Wenn jeder so denken würde, bricht unser Gesundheitssystem zusammen. Dann haben wir Italien. Wir haben auch hier Ärzte und Pflegepersonal, die an Corona gestorben sind", erklärt die Medizinerin.
Die Grippeimpfung ist wichtig
Gerade in Anbetracht der aktuellen Situation würde sich die Ärztin mehr Motivation zur Grippeimpfung wünschen. "Auf freiwilliger Basis", betont sie. Doch eine hohe Impfquote würde den Ärzten bei der Arbeit helfen. "Jeder, der die Grippe nicht bekommt, ist leichter zu unterscheiden von einer Coronainfektion", betont Reinhardt.
Denn diese sei real. Keine Erfindung, keine Verschwörungstheorie, selbst wenn manche nur leichte Symptome haben oder man trotz der Infektionszahlen niemanden kennt, der daran erkrankt ist. "Wir wissen über Corona vieles noch nicht. Auch nicht über alle Spätfolgen. Viele der Erkrankten hatten schwere Spätfolgen", weiß Reinhardt und fügt hinzu: "Jeder muss für sich selbst verantworten, ob er das seinem Körper zumutet."
Lieber einmal zu viel zum Arzt
Gerade in Pandemie-Zeiten ist das richtige Verhalten bei schnupfenähnlichen Symptomen wichtig, weiß Reinhardt. "Lieber einmal mehr nachfragen." In der eigenen Hausarztpraxis anrufen, um dort weitere Anweisungen zu erhalten. Auch wenn die Kombination von Grippewelle und Corona eine Herausforderung darstellt, hat Reinhardt zuversichtliche Worte: "Wir können es nicht alleine schaffen. Wir brauchen die Hilfe der Patienten und mit dem Gesundheitsamt sind wir ein großes Team."