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Weinlese mitten im Bierland - Frankenwein aus Neunkirchen


Autor: Nikolas Pelke

Neunkirchen am Brand, Donnerstag, 17. Oktober 2013

Das Haus im Weinberg: Ottilie und Erwin Heid kultivieren auf ihrem Grundstück einen hervorragenden Frankenwein. Jetzt ist Erntezeit.
Leben zwischen Reben: Ottilie und Erwin Heid.


Trüb hängt der Tau auf den Trauben. Hinter blauen Netzen leuchten die weißen und roten Beeren durch den Morgennebel. "Ohne Netze geht es nicht", sagt Erwin Heid und reißt Vogelnetz nach Vogelnetz von den Rebstöcken.

"Sonst fressen alles die Stare." Scharenweise würden die schwarzen Sperlingsvögel über die süßen Träubchen herfallen. Wenn da nicht die Netze wären.



An anderen Fassaden mögen schüchtern ein paar Weinreben zur Zierde ranken. Erwin Heid wohnt quasi in einem Weinberg. Und das mitten in Bierfranken. Ein Frevel? Heid schüttelt den Kopf. "Weinanbau gab es hier früher auch schon." Im Forchheimer Land wurde der Weinbau 1067 erstmals urkundlich erwähnt. Darin wird ein Weingut genannt, dass zum Königshof in Forchheim gehört. Anfang des 12. Jahrhunderts werden Weingärten in Bamberg und in Serlbach oberhalb von Forchheim dokumentiert.

Der Weinanbau im heutigen Bierfranken erlangte in der ersten Hälfte des 15. Jahrhundert sogar ein Aufschwung. Über die Qualität der Produkte gibt es allerdings unterschiedliche Berichte. Die Nürnberger sollen den "Bierfranken-Wein" zumindest gerne getrunken haben. Im Dreißigjährigen Krieg wurden die meisten Weinberge verwüstet, und später durch den Obst- und Hopfenanbau verdrängt.

"Sogar hier, wo wir wohnen, am Südhang des Torbogen, wurde früher schon Wein angebaut", sagt der pensionierte Elektro-Meister. "Die Netze brauchen wir im nächsten Frühjahr. Heute wird geerntet. Das Wetter -" kurzer Blick nach oben - "passt einigermaßen. Immerhin regnet es nicht", sagt der ambitionierte Hobby-Winzer, während der erste Erntehelfer um die Ecke biegt.

Mannschaft steht bereit
Halb Zehn: Die Mannschaft ist zum Ernten bereit. In Weinfranken sagen sie dazu lesen. In Neunkirchen wird geerntet. Und das mit Lust und Freude.

Während Schwiegertöchter, Brüder, Freunde und Bekannte mit der Gartenschere die Trauben vorsichtig abknipsen und behutsam in den Eimer legen, trällert Ottilie Heid zusammen mit Otto Rehm erstmal ein herziges Duett: "Wenn der Wein blüht ... freuen sich die Menschen." Gut, der Wein blüht an der Donau. Also zumindest im Lied. Und blühen tut er auch nicht. Also der Weinberg in Oberfranken. Eher nach Herbst schauen die bunten Blätter aus, die Erwin Heid vor, hinter und neben dem Haus gepflanzt hat.
"Hier stehen 600 Rebstöcke. Schwarzriesling und Müller-Thurgau hauptsächlich." Ottilie nickt und sagt: "Manchmal wären mir ein paar Weinstöcke weniger lieber. Aber es ist halt sein Hobby." An einigen Stöcken hängt auch der rote Regent und der weiße Ortega. "Aus dem mach` ich lieber Federweißer. Der ist mir sonst zu süß." Süßen Wein mögen die Heids auf keinen Fall.

Schön trocken muss er sein
"Nein, trocken muss er sein", sagt auch Ottilie ausnahmsweise mal mit ernster Miene. Fröhlich geht es zu in dem kleinen Weinberg in Neunkirchen. Die Trauben wandern eimerweise in Schubkarren. Vom Weinberg geht es direkt in den Keller. Wo andere an Eisenbahnen basteln hat Erwin Heid seit 30 Jahren einen Weinkeller.

Noch schöner ist es im Weinkeller
"Ja, im Keller ist er gern, mein Erwin," sagt die Ottilie und der Erwin verteidigt sich. "Ich muss doch immer sehen, wie sich der Wein im Keller entwickelt!", sagt der oberfränkische Winzer und wirft eine Maschine an.
"Die Trauben kommen jetzt zum Abzupfen in die Maschine", erklärt der 71-Jährige und schüttet die Früchte eimerweise in die ohrenbetäubende Höllenmaschine. "Früher haben wir das von Hand gemacht", erzählt Ottilie. Eine Heidenarbeit sei das gewesen. Wenn die Träubchen von den grünen Reben befreit sind, wandern die Früchte in die Saftpresse. "Daraus mache ich jetzt einen normalen Traubensaft." Wie der Erwin den Saft lustig macht? "Der Saft kommt in die Tanks und gärt dort zwei bis drei Monate. Dann wird er in einen anderen Tank abgefüllt. Je längerer, desto besser ist die Blume." Quasi schmeckt gut und ist im Abgang lustig. Und gut und lustig soll er werden, der neue Jahrgang vom Weingut Heid. Auf dem Etikett werden sie wieder gemeinsam vor dem Kamin sitzen, sich tief in die Augen schauen und mit einem Achtel aus dem eigenen Garten anstoßen, die Heids. "Wein macht eben lustig", sagen die beiden. Dann wird gegessen. Braten und Wein für die Wein-Mannschaft. Und gesungen. Und noch ein Glaserl getrunken. "Mein Grappa ist auch spitze."