Wasserkraft - lohnt sich das?
Autor: Ekkehard Roepert
, Samstag, 07. April 2012
Voller Bewunderung spricht Kai Wingenfeld über die verrostete Turbine, die auf dem Vorplatz des Kraftwerkes Schwedengraben liegt. "Schon erstaunlich, was die Jungs damals drauf hatten", schwärmt der 43-Jährige.
           
Zwar         habe es ab 1924       eine  neue Generationen   von Turbinen gegeben,  aber am     Prinzip der Stromerzeugung    durch Wasserkraft   habe sich seit  1906   nichts geändert.
Wingenfeld         ist Maschinist      im  Kraftwerk Schwedengraben.  Er ist Herr über drei     Francis-Turbinen.  Heute läuft allerdings   nur  eine der drei, denn im April führt die Wiesent  kurz vor Forchheim  nicht mehr als acht Kubikmeter  Wasser pro Sekunde.   Zwischen November  und Januar sei das anders: 24 Kubikmeter pro Sekunde. Nur in diesen drei Monaten laufe das Kraftwerk "auf Volllast".
Kai Wingenfeld    hat     Freude    an der Technik  des Kraftwerks. Wortreich führt er     durch den roten Ziegelsteinbau und erklärt, wie      der  vier Tonnen schwere      Generator, das Laufrad,     die   Riemenscheibe  und  die Turbine  zusammenwirken müssen,      damit am Ende Strom rauskommt.
  
  Geduld ist gefragt 
 
"Eine stetige Energie", schwärmt   der Maschinist, "so ein    Kraftwerk läuft      24 Stunden       am Tag und das  365 Tage im Jahr."       Doch selbst wenn er ein Wasserrecht hätte, er würde  sich die Sache gründlich  überlegen,     sagt der     43-Jährige. "Wenn ich heute ein Kraftwerk    baue,   mache  ich  persönlich kein Geschäft mehr damit,  sondern erst die Generation nach mir."   Zwei Jahrzehnte brauche man Geduld, bis sich das lohne.       
  Johannes Kraus hat  die Geduld und die Mittel. Vor 20 Jahren  kaufte er    in Bamberg sein  erstes Kraftwerk; 1998  erwarb er    das  Forchheimer     Kraftwerk  Schwedengraben  und auch das Kraftwerk  an der ehemaligen Spinnerei gehört ihm. "Das rechnet sich schon", sagt Kraus. 
Nicht zufällig gebe es neuerdings    im Umweltministerium eine Abteilung,  die sich um ökologische Wasserkraft  kümmere. Doch entlang der Wiesent  seien die Möglichkeiten begrenzt: "Die Absturze sind hier nicht sehr groß."
Johannes Kraus, der sich als "sehr schwarzer Grüner" bezeichnet,  betont   auch,     "dass nicht   alles aus wirtschaftlicher Sicht  betrieben   werden darf". Daher hat   er     am Schwedengraben und auch am Gosberger   Wehr    in Fischtreppen investiert.   Und er plädiert dafür,  dort    die Wasserkraft voranzutreiben,  "wo es   die   Querverbauungen  schon gibt".
Am Schwedengraben werden  drei Millionen Kilowattstunden     im Jahr produziert. Damit   lassen sich etwas  650 Haushalte mit Strom versorgen.     "Aber eine kleine  Kraftwerkschnecke, das lohnt sich  vielleicht nach  50 Jahren", sagt  Johannes Kraus. "Die Rendite liegt vielleicht bei 2,5 bis drei Prozent."
  
  80.000 Euro für neue Turbine 
 Auf viele solcher Kleinprojekt setzt die Arbeitsgruppe   Wasserkraft im Landkreis Forchheim.   Claudia Schmidt      arbeitet         hier mit und weiß, wie "mühsam" es ist,    Menschen zu finden, die     ihr Wasserrecht  reaktivieren. Einer der es sich überlegt, ist     Günther Windisch aus   Unterzaunsbach.    Seit  1923  besitzt    seine    Familie das Wasserrecht     und   die Turbine   lief auch  -  bis 1997.     Aber jetzt müsste      Günther Windisch        80.000  Euro in eine neue Turbine  investieren: "Es     dreht sich alles ums Geld."      Ungefähr      800 Liter pro Sekunde stehen ihm an der Trubach zur Verfügung,  ein Vermögen kann man damit nicht machen.
    Jürgen Fiedler (Geschäftsführer der Stadtwerke Ebermannstadt) geht    davon aus, dass  an den     "lohnenden Standorte des Landkreises   schon Kraftwerke laufen".  Dennoch hofft er,    dass sich        Menschen wie Günther Windisch entschließen,   das  Potenzial  der Wasserkraft     zu nutzen.         "Es gibt viele alte Mühlen, die aufgelassen worden sind.   Die Stadtwerke sind bereit,      zu helfen und zu beraten, wenn jemand wieder einsteigen will.  Auch Förderungen sind möglich."
  
  Mit einer Mühle begann es 
 
Der Grundstein der Stromversorgung der Fränkischen Schweiz  sei ja  im    Jahr  1903 eine Mühle gewesen, erinnert Fiedler.   "Mittlerweile gibt es   acht Kraftwerke im Netzgebiet, zwei davon gehören den Stadtwerken Ebermannstadt."
Diese  acht Kraftwerke  produzieren    2,3 Millionen Kilowattstunden.     Fiedler rechnet vor: Bei          insgesamt 55 Millionen Kilowattstunden im Netzgebiet,  bedeute   dies, dass      4,2 Prozent der  Stromversorgung    über das Wasser läuft.
  
  Erbe  am rechten Wiesentarm
 
Mit Blick auf die Standorte rund um Forchheim sei    die Wasserkraft wohl weitgehend ausgereizt,     sagt  Franz Stumpf.      Der Forchheimer Oberbürgermeister      betreibt selbst  ein Kraftwerk am rechten Wiesentarm,  das  er von seiner   Großmutter geerbt hatte. "Das war ihre Altersversorgung", sagt Stumpf. 
"Wasserkraft zu kaufen ist immer sinnvoll, wenn zwei Bedingungen stimmen", betont  Franz Stumpf: Die Fließgeschwindigkeit sei entscheidend    und das Gefälle des Flusses.
Seine Großmutter etwa habe einen riesigen finanziellen Aufwand betrieben,         um das  Flussbett      tiefer zu legen. So wurde das Gefälle   von  1,50  auf  2,70 Meter erhöht.    
Zum Vergleich: Am Schwedengraben ist das Gefälle  5,30 Meter hoch.   Und es fließen bis zu  24 Kubikmeter        pro Sekunde.  Am rechten Wiesentarm fließen        "höchstens  sechs Kubikmeter  pro Sekunde", sagt Franz Stumpf.  
Reizvoll    bei dieser Energiegewinnung sei,    dass "die Turbinen      in der Regel bis zu    80 Jahre lang Tag und Nacht laufen."  Reizvoll sei weiter, sagt Stumpf,  dass dank des  neuen  Einspeisungsgesetzes        neun Cent pro Kilowattstunde   festgeschrieben seien und dass die Stadtwerke  verpflichtet sind, die Energie abzunehmen. "Früher musste man das alles aushandeln."
Wasserkraft sei "nicht unrentierlich". Gleichwohl warnt Franz Stumpf vor   Kleinstwasserkraftwerken:   "Wer in den  Wasserbau  investiert und alles fremdfinanziert, der hat ein  permanentes Ärgernis. Um neu einzusteigen, braucht man gute Berater."