Was der Landkreis tun kann, um den Kollaps der Erde zu verhindern
Autor: Petra Malbrich
Gräfenberg, Freitag, 26. Januar 2018
Wie eine ökologische Kreisentwicklung funktioniert, erläuterte Johannes Mohr in der Jahreshauptversammlung des Vereins zum Schutz der Fränkischen Schweiz.
Das System Erde ist sehr krank, weiß Johannes Mohr, Leiter der ökologischen Kreisentwicklung und Landschaftspflege am Landratsamt in Forchheim. Normalerweise halte er keine Vorträge, sagt Mohr. Die Ausnahme, im Friedmanns Bräustüberl in Gräfenberg über die ökologische Kreisentwicklung, dem neuen, seit 2014 bestehenden Aufgabenfeld am Landratsamt, zu referieren, geschah zu Ehren von Helmut Pfefferle, dem Vorsitzenden des Vereins für den Schutz des Naturparks Fränkische Schweiz. Dieser hatte zur Jahreshauptversammlung geladen.
Ökologische Kreisentwicklung sei bisher noch nie betrieben worden. Das Logo, das Johannes Mohr wählte, zeigt einen Tausendfüßler, der Symbol dafür sei, dass nichts vorwärtsgeht, wenn man nicht alle Füße, sprich Beteiligten, in Gleichklang bringt.
Zusammenbruch in 80 Jahren
"Ein System geht nicht langsam zugrunde. Wenn der kritische Punkt erreicht ist, erkrankt das System", erklärt Mohr. Und das System Erde habe kritische Punkte erreicht. "Wenn wir nichts unternehmen, ist der Zusammenbruch in der Ökologie in den nächsten 80 Jahren nicht zu verhindern. Was können wir der Gefahr entgegensetzen?", fragt Mohr in die Runde. Das Ziel sei, eine Balance zwischen der Ökonomie und der Ökologie zu erreichen. In verschiedenen Gesetzgebungen sei das Ziel verankert. Welche Grundlagen braucht man? "Kenntnisse, um einen vernünftigen Plan machen zu können", beantwortet Mohr seine Frage selbst.
Wegweiser wurden dann erstellt. Allerdings leere, um sie mit den Handlungsfeldern zu beschriften. Wald-Land-Kreis, Fels-Land-Kreis, Arche-Land-Kreis, Obst-Land-Kreis, Wasser-Land-Kreis, Wissens-Land-Kreis oder Zukunfts-Land-Kreis wurde dann auf die Wegweiser geschrieben, um aufzuzeigen, wo sich überall ökologisch betätigt werden kann.
Die Bürgermeister gepackt
Woher die Ideen für die Umsetzungen nehmen? Johannes Mohr hatte sich dazu die Bürgermeister des Landkreises Forchheim gepackt und ihnen die Handlungsfelder bei der Bürgermeisterklausur auf den Tisch gelegt. "Alle Bürgermeister waren interessiert, haben Ideen produziert, Arbeitspläne erstellt und abgestimmt, ob sie eine ökologische Kreisentwicklung wollen", informiert Mohr. Nur zwei waren dagegen. Das sei ein deutliches Signal, meint Mohr. Die daraufhin gegründete Arbeitsgruppe bestand aus sechs Bürgermeistern. Sie haben ein Jahr lang gearbeitet. Vorgelegt wurde eine Diskussionsgrundlage für die ökologische Kreisentwicklung. Die Betätigungsfelder sind daraus entstanden. So konnten die Wegweiser ergänzt werden.
Daseinsvorsorge, Demografie, Migration, Kommunikation oder Energie ergänzen beispielsweise den Zukunfts-Land-Kreis. Schutzgebiete stehen unter dem Wegweiser Grün-Land-Kreis, der Naturschutz unter dem Wegweiser Arche-Land-Kreis.
Ökologische Bildung
"Warum bieten wir den Gästen nicht auch einmal ökologische Bildung an, zeigen, wie man einen Besen bindet oder Marmelade kocht? In anderen Landkreisen wird das gemacht und das ist ausgebucht", erzählt der Abteilungsleiter des Landratsamts zum Wegweiser Wissens-Land-Kreis.Wie kann man nun die Wegweiser umsetzen? Durch Musterprojekte, erläutert Mohr. Und von diesen Musterprojekten gibt es schon einige im Landkreis - das Wässerwiesenprojekt beispielsweise. Das Projekt wurde von einem Schweizer Professor, der alle am besten erhaltenen Bewässerungsanlagen Europas untersucht hat, in seinen Antrag auf Eintrag als Weltkulturerbe aufgenommen.
Der Grundwasserspiegel
Eine Wässerwiese bedeutet laut Mohr nicht nur Bodenschutz, sondern auch Klimaschutz, da feuchtes Grünland mehr CO2 speichere als Ackerland. Und sie ist auch Hochwasserschutz. "Bei Hochwasser wurde früher das Wasser auf die Wiesen gelassen", erläutert Mohr. Und bei einer bewässerten Wiese steigt der Grundwasserspiegel sofort. Tatsächlich ist der Grundwasserspiegel in den vergangenen Jahren beständig gesunken.Doch wie ist der Ist-Zustand? Hochwassergefährdung, Strukturwandel in der Landwirtschaft, Aussterben kleinerer Landwirtschaften und mit ihnen verschwinden kleinere Tiere und Pflanzen. Braunkehlchen gibt es fast keine mehr.
Auch in Geld lassen sich die Ökosystemleistungen umrechnen. Gefördert wird das Projekt für drei Jahre mit 400.000 Euro. Die Hauptkosten von 190.000 Euro gehen an die Landwirtschaft. Eine Projektmanagerin wurde eingestellt. "Alles Geld geht an Menschen", sagt Mohr. Gefördert wird das Projekt durch den Bayerischen Naturschutzfonds der Oberfrankenstiftung und der Gemeinden.
Es wurde auch ein Büchlein zum Thema Biotop entwickelt. Entstanden ist ein Kochbuch, in dem aufgezeigt wird, was man aus den Biotopen des Landkreis herausholen kann. Für zehn Euro ist es in Buchhandlungen zu erwerben.