Druckartikel: Obstbäume gefällt - verliert das Walberla seinen Charme?

Obstbäume gefällt - verliert das Walberla seinen Charme?


Autor: Franz Galster

Leutenbach, Mittwoch, 05. April 2017

Immer mehr Landwirte in der Fränkischen Schweiz verabschieden sich von ihren Hochstämmen. Wirtschaftlich nachvollziehbar, schade für Naturliebhaber.


Die Natur erwacht gegenwärtig aus dem Winterschlaf und zeigt sich im Aufbruch in ihrer schönsten Pracht. Viele Wanderer machen sich gleichzeitig bei dem zurzeit herrlichen Wetter auf den Weg, um den Frühling zu genießen. Das Walberla und sein Umfeld sind dabei ein häufiges Ziel.

Erschüttert müssen aber die Fußgänger feststellen, wie immer mehr Kirschen und Obstbäume mit Hochstamm, die über Jahrhunderte ein vertrautes Markenzeichen der Fränkischen Schweiz gewesen sind, der Säge zum Opfer fallen. Es ist ein schleichender, aber ständig fortschreitender Vorgang. "Die Hochstämme werden kurz oder lang komplett verschwinden", bestätigt Hans Schilling. Er ist Kreisfachberater für Obstbau am Landratsamt Forchheim.

Die Hochstämme bringen seiner Ansicht nach nicht die Qualität. Dazu komme das Unfallrisiko. Es erfolgt daher ein stetiger Umbau auf Niederstämme und Buschbäume. Mehr und mehr sind deshalb eingezäunte Plantagen zu beobachten. Deren Bäume werden nur 3,50 bis vier Meter hoch. Das Spritzen gegen Schädlinge, so Schilling, ist einfacher und belastet die Umwelt in geringem Maße. Mengenmäßig wirkt sich der Umbau nicht auf die Region aus. Manche Betriebe hören ganz auf, andere steigen umso intensiver in das Geschäft ein.

Der Umbau wird aber auch das vielseitige Landschaftsbild gerade in der Blütezeit dramatisch verändern. Geschäftsführer Werner Nützel vom BBV-Kreisverband Forchheim zeigt die zwei Seiten der Medaille auf. Erholungssuchende und Touristen freuen sich über die Blüte. Das gelte auch für Umwelt und Naturfreunde.


So nicht machbar

Die andere Seite sind die Landwirte und Obstbauern. Pflanzen, Hege und Pflege. Intensiver Schnitt, Spritzen und Düngen: Das bedeute hohen Aufwand. Zudem müssen sich die Landwirte europaweiter Konkurrenz stellen, was mit den Hochstämmen so nicht machbar sei. Das ginge nur aus Liebhaberei. Die Aussagen des Kreisfachberaters und des BBV decken sich weitgehend.

Mit wenig Begeisterung sieht der Gebietsschutzbetreuer für das Walberla, Andreas Niedling, diese Entwicklung. "Das Herz tut einem schon weh", meint er und weiß doch, dass der Erhalt der Hochstämme nur begrenzt beeinflussbar ist. Aber die Vogel- und Insektenweltwelt wird dadurch beeinträchtigt. Sie verliert so eine natürliche Bleibe. In einem FFH-Gebiet wie dem Walberla gilt laut Niedling zwar eine höhere Sensibilität. Gegen das Fällen der Bäume zur Winterzeit sei auch wenig einzuwenden. Er verweist als Anreiz zum Erhalt darauf, dass das bayerische Vertragsnaturschutzprogramm mit Prämien den Erhalt der Hochstämme fördert.
Derweil betrachtet Landwirt und Gastronom Stefan Kroder in Schlaifhausen die Entwicklung mit Sorge. Streuobstwiesen werden leicht als Intensivobstflächen eingestuft und damit steuerlich höher veranlagt.


Böse Unfälle

Ein weiteres Hindernis sei dies beim Erhalt der Natur. "Machen wir alle Bäume raus, dann gibt es keine Steuer, aber auch keine Bienen mehr", sagt er drastisch. Georg Beutner, der selbst als Landwirt seinen Schwerpunkt auf den Obstbau legte, plädiert dafür, Hochstämme schnellstens zu roden. "Es gibt jedes Jahr böse Unfälle bis hin zu Querschnittslähmungen und Todesfällen."

Außerdem würden dadurch die Prämien der Unfallversicherung deutlich nach oben getrieben. Zum Anschauen seien die Bäume ja schön. Aber das allein reiche nicht für einen Landwirt, der damit sein Geld verdienen muss.
Die Ernteleistung bei Niedrigstämmen und Buschbäumen sei erheblich höher, die Pflege deutlich weniger aufwendig. Die Kirschessigfliege kann bei Hochstämmen kaum wirksam bekämpft werden.


Eine Frage des Risikos

Ausführlich nimmt Martin Thoma von der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) als gesetzlicher Unfallversicherungsträger dazu Stellung. "Je höher der Baum, desto höher das Risiko", so sein Resümee.
So waren seinen Angaben zufolge beispielsweise im Landkreis Forchheim allein im Jahr 2000 noch 32 Absturzunfälle von Leitern mit 20 oder mehr Sprossen zu verzeichnen. Derartige Leitern, die höher als 5,80 Meter sind, kommen nur bei Hochstammbäumen zum Einsatz. Dass Stürze aus großer Höhe in der Regel auch zu schwereren Verletzungen führen, liegt auf der Hand. Die Aufgabe oder die Rodung von Anlagen mit Hochstammbäumen führte daher zu einem signifikanten Unfallrückgang im Obstbau im Landkreis Forchheim.

Durch den Verzicht auf die Bewirtschaftung von Hochstammbäumen können am wirksamsten schwere Absturzunfälle vermieden werden. Schließlich ist noch zu bedenken, dass ein derartiger Unfall nicht nur die Lebenssituation des Verletzten, sondern auch die der gesamten Familie und des dazugehörigen landwirtschaftlichen Betriebs komplett verändert.
So spricht am Ende doch vieles für eine Neuausrichtung des Kirschenanbaus. Aufhalten lässt sie sich wohl ohnehin nicht.