Vorlesen ist für einen Tag Trumpf
Autor: Maximilian Glas
LKR Forchheim, Freitag, 18. November 2016
Der bundesweite Vorlesetag soll die Begeisterung fürs Lesen neu wecken. Auch in Forchheim nahmen Kindergärten und die Stadtbücherei an der Aktion teil.
Als Leiterin der Forchheimer Stadtbücherei kann Doris Koschyk von Haus aus nie ohne Bücher. In diesen Tagen trifft das Ganze sogar noch ein Stück mehr zu. Gemeinsam mit der Buchhändlerin Heike Schade war sie in den vergangenen Tagen auf "Vorlesetour" in allen Klassenstufen der Martingsgrundschule. Immer im Gepäck: 150 Kinderbücher. "Ich habe noch nie erlebt, dass die Kinder kein Buch in die Hand genommen haben", sagt Koschyk. "Wir halten das Vorlesen mit zehn Minuten bewusst kurz, damit die Kinder im Anschluss selbst Bücher anschauen und lesen können."
Bereits seit fünf Jahren sind Doris Koschyk und Heike Schade im November an den Forchheimer Schulen unterwegs - immer dann, wenn der bundesweite Vorlesetag stattfindet. Die Aktion hat sich bei den Schülern längst bewährt - auch bei den Älteren. In der kommenden Woche werden die Sechst- und Siebtklässler der Realschule, der Ritter-von-Traitteur Mittelschule und der beiden Forchheimer Gymnasien besucht.
Interesse geht in Pubertät zurück
Während das Interesse an Büchern in den fünften Klassen durch den obligatorischen Vorlesewettbewerb noch vorhanden sei, ändert sich das laut Koschyk oft in der Pubertät. "In dem Alter gibt es heute einfach mehr Angebote. Früher waren das nur Fernsehen und Bücher, heute natürlich das Internet oder Videospiele", sagt sie. "Aber nur weil die Kinder keine Bücher lesen, heißt das ja nicht, dass sie gar nichts lesen. Auf Wikipedia werden ja nicht nur die Bilder angeschaut."Nicht nur an den Forchheimer Schulen wurde in den vergangenen Tagen fleißig gelesen. Am Freitag fand zum 13. Mal der bundesweite Vorlesetag statt. Dabei beteiligten sich in diesem Jahr in ganz Deutschland 130 000 Vorleser an der Aktion, darunter auch viele Prominente.
In Neunkirchen am Brand gab der Landtagsabgeordnete Michael Hofmann (CSU) im Kindergarten St. Elisabeth den Vorleser. Die Bücher brachte der zweifache Vater selbst mit. Die Geschichten vom "Schlechte-Laune-Bär" und der "Maus Pippa" kamen bei den Kindern gut an. "Vorlesen macht nicht nur Spaß, es hat einen sehr positiven Einfluss auf die Entwicklung von Kindern. Das zeigt die Studie des Institutes für Lese- und Medienforschung", erklärt Michael Hofmann.
Vielen Eltern fehlt die Zeit
In der Forchheimer Stadtbücherei waren mit Hildegard Brand und Gisela Böker am Freitagnachmittag zwar keine Promis, dafür aber sehr erfahrene Vorleserinnen aktiv. Beide Frauen sind bereits seit mehreren Jahren Paten der Leseinitiative "Generationentreff", bei der regelmäßig Forchheimer Grundschulen und Kindergärten besucht werden. Seit zwei Jahren liest Gisela Böker wöchentlich in der Grundschule Buckenhofen vor. "Mir macht das sehr viel Spaß mit den Schülern, jedes Kind ist eine kleine Persönlichkeit", sagt sie. Schwierig werde es für sie nur, wenn Kinder angemeldet sind, aber überhaupt keine Lust aufs Vorlesen haben. "Im vorherigen Jahr sagte ein kleiner Junge zu mir, Vorlesen ist doch Babykram, meine Mutter liest mir nichts vor", berichtet Gisela Böker.
Auch Doris Koschyk stellt fest, dass das Ritual des Vorlesens heute längst nicht mehr in allen Familien gepflegt wird. "Das liegt natürlich auch daran, dass die Eltern oft bis 18 Uhr arbeiten müssen. Das ist man dann schon froh, wenn man noch so eben eine kurze Gute-Nacht-Geschichte schafft", sagt die Leiterin der Stadtbücherei.Sie verweist auf Studien, die unterstreichen, dass Kinder, denen zuhause vorgelesen wird, auch besser in der Schule abschneiden.
Kaum abwarten konnten den Vorlesetag am Freitag die beiden achtjährigen Mädchen Franziska und Julia, die in Eggolsheim die dritte Klasse besuchen. Sie waren die ersten Kinder, die es sich ab 14 Uhr auf der Leseinsel in der Stadtbücherei gemütlich machten. "Eigentlich lese ich lieber selbst, aber heute freue ich mich auch sehr aufs Vorlesen", sagt Franziska.
Märchen mit Bildern illustriert
In Form eines Erzähltheaters trug Hildegard Brand bekannte Märchen wie "Der Wolf und die sieben Geißlein" vor. Bei der lebhaften Erzählung des Klassikers dauerte es nicht lange, bis Franziska und Julia von einer Handvoll weiterer Schulkinder umringt waren.
Bundesweiter Vorlesetag
Aktion Der bundesweite Vorlesetag fand in diesem Jahr zum 13. Mal statt. Jeder, der Spaß am Vorlesen hat, liest an diesem Tag anderen vor - zum Beispiel in Schulen, Kindergärten, Bibliotheken oder Buchhandlungen. Die Initiatoren "Die Zeit", Stiftung Lesen und Deutsche Bahn Stiftung möchten mit dem Aktionstag Begeisterung für das Lesen und Vorlesen wecken. Mit mehr als 130 000 Vorlesern gab es in diesem Jahr eine neue Rekordbeteiligung. Auch viele Prominente wie Wolfgang Schäuble, Andrea Nahles, Veronica Ferres oder Jens Lehmann haben bereits an der Aktion teilgenommen.
Regional Zum zweiten Mal nahm die Stadtbücherei Forchheim am Aktionstag teil. Auch der Kinderhort Sattlertor beteiligte sich am Aktionstag. Vorleser waren unter anderem die Stadträte Anita Kern und Holger Lehnard sowie der Jugendbeauftragte der Stadt Forchheim, Josua Flierl. Im katholischen Kindergartens St. Elisabeth in Neunkirchen hat der Landtagsabgeordnete Michael Hofmann vorgelesen.