Von kurioser Situation in Unterleinleiter zur "Einheit in versöhnter Verschiedenheit"
Autor: Pauline Lindner
Forchheim, Sonntag, 12. Februar 2017
Eine Podiums-Veranstaltung im Pfarrsaal von St. Anna Forchheim wurde vom Bayerischen Rundfunk aufgezeichnet und wird in BR-Alpha ausgestrahlt.
Mitten im ökumenischen Flickerlteppich des Landkreises Forchheim trafen sich Regionalbischöfin Dorothea Greiner (Kirchenkreis Bayreuth) und Erzbischof Ludwig Schick (Erzbistum Bamberg) zu einem geschwisterlichen Gespräch über den Stand der Ökumene. Die Veranstaltung im Pfarrsaal von St. Anna wurde vom Bayerischen Rundfunk (BR) aufgezeichnet und wird in voller Länge an einem noch nicht bekannten Termin in BR-Alpha ausgestrahlt.
Greiner hat ein Buch herausgegeben: Kleine Reformationsgeschichten. Es behandelt viele Gemeinden im hiesigen Raum und deren manchmal eher kurios anmutenden Entwicklungen. Für Stanislaus Kossalowski, den Moderator des BR, war diese die markanteste: Unterleinleiter war wegen seiner Patronatsherren lutherisch. Als sie Ende des 17. Jahrhunderts im Mannesstamm ausstarben, fiel das Lehen an den Bischof von Bamberg. Und der setzte sehr wohl einen evangelischen Geistlichen ein; dazu einen katholischen. Genauer: Er schuf ein Simultaneum; die Kirche wurde von beiden Konfessionen genutzt, bis im 20. Jahrhundert eine eigene katholische Kirche gebaut wurde. Dazu wusste Greiner, dass der dortige Kirchenvorstand sie bei der Neubesetzung der Pfarrstelle ausdrücklich bat, keinen "Katholikenfresser" zu berufen.
Schick traut gerne beide Konfessionen
Diese historische Episode prägt den hiesigen Raum und die Wahrnehmung durch die Menschen. Es sind wohl weniger die vielen Erklärungen und Dokumente, die den Weg einer Ökumene bereiten, als die praktischen Erfahrungen in der Begegnung der Konfessionen, auch aus der Perspektive der beiden Oberhirten. So betonte Schick, der in Fulda das Ökumene-Referat dieses Bistums leitete, dass er als junger Kaplan gerne Paare verschiedener Konfession getraut habe. Greiner prägte sogar den Begriff der "konfessions-verbindenden Ehe", als sie vom Glück eines Goldjubelpaares erzählte, dass an seinem Festtag eine kirchliche Eheschließung nachholte. Oder die Einladung an Schick, am Reformationstag in Coburg im ökumenischen Gottesdienst zu predigen. Was Greiner einen missbilligenden Brief eines Gläubigen einbrachte.
"Abbruch - Umbruch - Aufbruch" lautet das Motto, unter dem viele Gottesdienste und Gespräche im Gedenkjahr der Reformation stehen. Aufbruch ist für die beiden auf dem Podium dabei der wichtigste Begriff. "Wir dürfen die Hoffnung haben, dass auch das noch zusammenkommt", formulierte es Schick, was an Verbindendem schon geschehen ist, bis hin zu einer Kirchengemeinschaft mit Ämter-Anerkennung und gemeinsamen Abendmahl.
"Einheit in versöhnter Verschiedenheit" soll es sein. Eine wesentliche Voraussetzung, dieses Ziel zu erreichen, sehen Greiner wie Schick in der Aufarbeitung der Geschichte der Konfessionen. "Von Herzen vergeben", wünscht sich Greiner, wenn sie an die Jahrhunderte der Religionskriege und Heimatvertreibungen denkt, aber auch an die lange Zeit der wechselseitigen Diskriminierung.
Manches an der katholischen Kirche ist "klasse"
Unverkennbar war bei diesem Podiumsgespräch der Hintergrund, dass viele Menschen ihren Religionsgemeinschaften den Rücken zukehren und die beiden Konfessionen in einer säkularen Welt gemeinsam wahrgenommen werden. Als Wertegemeinschaft, wie es die "Charta oecumenica" vorgibt, die von allen Kirchen Europas unterzeichnet wurde. Hieraus folgert Greiner die Notwendigkeit eines gemeinsamen Zeugnisses. Gerade Gläubige mit geringem Wissen (um theologische Zusammenhänge) forderte Schick auf, bewusster dabei zu sein und in "Wissen und Handeln" zusammenzuwirken, nicht nur bei sozialen Aufgaben. Auch wenn der Erzbischof den Termin für die versöhnte Einheit in das Walten des Heiligen Geistes stellt, ist er überzeugt: "Es wird nicht zu lange sein." Hierbei setzen beide auf Papst Franziskus. Greiner ist davon überzeugt: "Es gibt manches in der katholischen Kirche, das ist klasse." Nahezu im Gegenzug empfahl Schick den Katholiken, sich eingehend mit der Magnificat-Übersetzung Luthers zu befassen. Vielleicht als Hinweis, dass vieles Trennende erst durch den Lauf der Geschichte seit der Reformation als Vorstellung von der jeweils anderen Konfession sich verfestigte.