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Volkszählung lässt Forchheim schrumpfen


Autor: Andreas Oswald

Forchheim, Donnerstag, 06. Juni 2013

Laut Volkszählung hat Forchheim rund 700 Einwohner weniger als im Melderegister der Stadt ausgewiesen sind. Von über 31.000 Einwohnern kann keine Rede mehr sein.
Grafik: Höfler


Laut Volkszählung leben in Berlin 5,2 Prozent oder 178  000 Einwohner weniger als bisher vermutet. Mit der Folge sinkender Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich. Bringt der Zensus auch für Forchheim bittere Erkenntnisse?

Zumindest für Überraschung sorgt das Ergebnis im Einwohnermeldeamt. Referatsleiter Dieter Walda konstatiert "einen relativ hohen Unterschied" zu den bisher bekannten Zahlen: während man laut städtischem Melderegister bislang von rund 31.000 Einwohner ausgegangen war, habe das statistische Landesamt Mitte 2011 nur 30.412 Personen festgestellt. "Wir haben uns erhofft, dass die Zahlen durch den Zensus bereinigt werden - doch das jetzt veröffentlichte Ergebnis der Volkszählung lässt die Verwaltung schlucken: nur noch 30.329 Bürger leben laut dieser Erhebung in Forchheim! "Wir sind überrascht, dass der Zensus jetzt rund 700 Personen weniger ermittelt als in unserem Melderegister verzeichnet

sind", gesteht Walda unverblümt. Er gibt aber zu bedenken: "Die Zensus-Ergebnisse sind keine amtlich festgestellten Zahlen". Man wolle die Zahlen erst einmal analysieren.

Für den Bürgermeister von Kunreuth, Hermann Ulm, der 2007 über die Entwicklung des ländlichen Raumes promovierte, sind solche Zahlen-Differenzen nichts Ungewöhnliches. "Die Zahlen der Einwohnermeldeämter stimmen nie genau mit denen des statistischen Landesamtes überein", stellt Ulm fest. Bei der Betrachtung der Zensus-Ergebnisse und dem Demographie-Spiegel des Bayerischen Landesamtes für Statistik sieht sich Ulm in seiner Prognose bestätigt - die da heißt: "Wir werden weniger und wir werden älter". Im Landkreis sei eine Spaltung in den älteren östlichen und den jüngeren westlichen Landkreis festzustellen."Das hängt zusammen mit einem Zuzug jüngerer Menschen in die Gemeinden der Regnitzachse und des südlichen Landkreises", erklärt Ulm.

Stadt, Land, Flucht!

Während der ländliche Raum über Jahrzehnte durch den Trend "von der Stadt aufs Land" profitiert habe, sei seit einigen Jahren eine Gegenbewegung zu verzeichnen. Die Metropolen gewinnen, "das Land verliert fast flächenhaft", konstatiert Ulm.

Forchheim sei als Stadt interessant - für junge Familien, die auf das schulische Angebot schauen, aber auch für ältere Leute, die die kurzen Wege schätzen. Obwohl die Bevölkerungsprognosen für die große Kreisstadt eher nach unten deutet. So soll, laut Berechnung des statistischen Landesamtes die magische Grenze von 30.000 Einwohnern spätestens 2024 unterschritten sein, mit dann nur noch 29.980 Einwohnern. Ulm sieht darin kein Grund zum Pessimismus: "Diese Prognose ist keine festgeschriebene Entwicklung - man darf das nicht als Schicksal verstehen."

Diese Modellrechnung sei politisch beeinflussbar - und zwar durch Betriebsansiedlungen und andere positive Standortfaktoren, betont der promovierte Experte für demographische Entwicklung. Die Arbeitsplatzsituation beurteilt Ulm positiv: Aus der Kommunalstatistik 2012 könne man für den Landkreis ablesen, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort seit 2006 von 22.409 bis 25.230 im Jahre 2011 kräftig zugelegt habe. Ebenso in der großen Kreisstadt Forchheim: von 11.632 auf 13.122 Beschäftigte im gleichen Zeitraum. Außerdem gebe es mehr Einpendler als Auspendler. Im Landkreis allerdings überwiegen die Auspendler.

Am Zensus nicht (ver)zweifeln

Auf jeder Bürgerversammlung konnte Oberbürgermeister Franz Stumpf (CSU/WUO) bislang mit der respektablen Zahl von rund 31.000 Einwohnern aufwarten. Jetzt müssen die Daten und Fakten umgeschrieben werden: nur noch 30.329 Köpfe zählt der Zensus. Das bedeutet: das Eis wird dünn - für die Stadtoberen! Den Volksvertretern wird schon das Blut in den Adern gefrieren: denn wenn die magische 30.000er Grenze unterschritten würde (laut Prognose 2024), dann müsste Oberbürgermeister Stumpf s Gehalt herabgestuft werden - und es säßen statt bislang 40 Stadträte nur noch 30 im Rathaussaal. So will es die Gemeindeordnung. "Wir sind die Mehreren", dies geflügelte Wort des CSU-Stadtrates Paul Weber, selig, würde dann endgültig der Vergangenheit angehören. Aber es gibt keinen Grund für die Schwarzen schwarz zu sehen: Statistiken sind bekanntlich wie Bikinis - sie zeigen viel Aufregendes, verdecken aber das Wesentliche. In diesem Falle die Tatsache, dass Forchheims Zukunftsprognosen günstig sind. Die Stadt kann mit gewichtigen Pfunden wuchern: kurze Wege, gute Nahversorgung und Arbeitsplätze. Nicht vergessen sollte man: Davon profitiert aber auch das Umland. Stadt und Land gewinnen Hand in Hand!