Vier Sachsen verzücken das Forchheimer Publikum
Autor: Elisabeth Görner
Forchheim, Montag, 27. Januar 2014
Bei ihrem Konzert im Forchheimer Rathaussaal loten vier Mitglieder der Sächsischen Staatskapelle die Höhen und Tiefen der menschlichen Existenz aus. Unterm Strich steht ein berauschendes Konzert.
Annette Thiem (1.Violine), Ulrike Scobel (2.Violine), Cornelia Schumann
(Viola) und Andreas Priebst (Cello) - diese vier Dresdner Musiker erfüllten den Großen Forchheimer Rathaussaal so sehr mit Klang, dass man immer wieder auch den Eindruck eines großen Orchesters wahrzunehmen glaubte.
Da jubelte die erste Geige in allerhöchsten Lagen. Die Viola, die allerdings gerade in großen Orchestern oft gar nicht sehr auffällt, zeigte ihren ganz eigenen energisch-reifen Ton, und das Cello wurde sowohl seiner typischen Funktion als Bass-Fundament wie auch als tiefes Melodieninstrument hörbar gerecht.
Natürlich bot das sehr interessant zusammengestellte Programm mit den drei Streichquartetten von Joseph Haydn, Rudolf Mauersberger und Antonin Dvorak den Instrumenten und ihren Spielern ganz unterschiedliche Möglichkeiten und Akzentsetzungen.
Haydn hat das auch als "Fürst Lobkowitz-Streichquartett" bekannte Stück in G-Dur (op. 77 Nr .1) im Alter von 67 Jahren geschrieben. Er tat das im Vollbesitz seiner eigenen hoch entwickelten kompositorischen Mittel, aber auch schon beeinflusst durch den jungen Beethoven.
Das Stück wirkt insgesamt leicht und heiter.
Bekannte Volkslieder
Ganz anders musste man sich mit dem Streichquartett fis-moll aus dem Jahre 1919 von R. Mauersberger auseinandersetzen.
Geprägt von den Erfahrungen des Ersten Weltkriegs hat dieser im erzgebirgischen Mauersberg geborene und im Westen bis heute kaum bekannte Komponist in noch relativ jungem Alter ein sehr traurig-melancholisches Instrumentalstück geschrieben, das auch tatsächlich seine letzte Komposition nur für Instrumente war.
Danach hat er sich als Kantor und Organist in Aachen, Eisenach und in Dresden als Leiter des berühmten Kreuzchors betätigt.
Er schuf geistliche Musik für den Chor, aber auch instrumentale Begleitsätze für bekannte Volkslieder. Die Partitur des fis-moll-Quartetts wurde vor 25 Jahren mehr oder weniger zufällig in der Leipziger Bibliothek von einem "Kruzianer" gefunden. Es beginnt mit derart dunklen, geradezu dramatisch-traurigen Tönen aller Streichinstrumente, dass bei absoluter Konzentration nur auf das Hören schon die Klangfarbe von tiefen Bläsern mitzuschwingen schien.
Das war Kriegsgrummeln, Weinen und Verzweiflung als Musik! Der zweite Satz, ein schon von seinem Typus her lebendigeres Scherzo, hat durchaus etwas Pompös-Gewaltiges, aber gemischt mit Zorn, um schließlich wieder in quasi singendem Klagen zu enden.
Es folgte ein überraschend lebendig-fröhliches Intermezzo, in dem besonders der Cello-Part durch Pizzicati auffiel und die Melodien der Violinen manchmal Vogelgezwitscher ähnelten.
Wollte Mauersberger hier zum Ausdruck bringen: "Trotz allem. Das Leben ist schön"?
Das Finale scheint dies zu bestätigen, denn es bildet eine Kombination aus allem Vorhergehenden: traurige Passagen voller Jammer und Resignation, aber auch temperamentvolle, in denen sich die vier Instrumente gegenseitig ein "Nein! Ich gebe nicht auf! Ich verzweifle nicht!" zuzurufen schienen. Nach einer Pause schlossen die Musiker des Sächsischen Streichquartetts das Konzertprogramm mit dem Quartett F-Dur op. 96 von Dvorak ab.
Alle vier sind übrigens gebürtige Dresdner, haben auch in Dresden studiert und sind Mitglieder der Sächsischen Staatskapelle Dresden.
Ihr fantastisches Zusammenspiel - bei aller Eigenständigkeit und Brillanz der jeweiligen Stimme - hat sicher unter anderem auch damit zu tun, dass sie sich fast von Kindesbeinen an kennen.