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Urteil in Forchheim: Freispruch nach Maßkrug-Attacke beim Annafest 2016


Autor: Ronald Heck

Forchheim, Donnerstag, 27. Juli 2017

Auf dem Annafest 2016 wurde ein Mann mit einem Krug verletzt. Ein 30-Jähriger wurde beschuldigt. Aber sogar der Staatsanwalt war dafür, ihn freizusprechen.
Während einer Schlägerei im Kellerwald vergangenen Jahres wurde ein junger Mann mit einem Bierkrug am Kopf verletzt.  Foto: Josef Hofbauer


Der Vorwurf war schwerwiegend: Im vergangenen Jahr soll der Angeklagte einen Mann auf dem Annafest mit einem Maßkrug attackiert haben. Der Vorfall passierte während einer Schlägerei im Kellerwald, das Opfer erlitt eine stark blutende Wunde am Hinterkopf.

Nun musste sich ein 30-Jähriger wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Der Beschuldigte war von seiner Unschuld überzeugt, am Donnerstag erschien er ohne Verteidiger vor dem Amtsgericht.


Zufällig in den Streit geraten

Er wisse nicht einmal genau, wer der Geschädigte sei, sagte der 30-Jährige. An den Tumult am Annafest-Samstag, den 30. Juli 2016, erinnerte er sich aber. Auf einer Treppe habe er eine "Stänkerei" von mehreren Personen mitbekommen. Zufällig sei er in die Auseinandersetzung geraten, weil eine Person auf ihn gefallen sei.

Der Angeklagte bestreitet, dass er jemanden mit einem Krug geschlagen hat. Er habe lediglich einen der Streitenden weggeschubst. "Dann sind mehrere Leute auf mich drauf. Ich lag am Boden und wurde getreten", so der 30-Jährige. Dabei ist er in einen zerbrochenen Krug gefallen. Er musste anschließend an seiner Hand mit sieben Stichen genäht werden.


Begegnung im Sanitäts-Zelt

Im Sanitäts-Zelt trafen der Geschädigte und der Beschuldigte aufeinander. Ein Polizeibeamter fragte das Opfer, ob er von dem Beschuldigten mit dem Maßkrug attackiert wurde - was dieser wohl bejahte. Das ist der Grund, warum der 30-Jährige nun ein Jahr später auf der Anklagebank saß.

Amtsrichterin Silke Schneider merkte an, dass sich die Aussage des Angeklagten mit der einer Zeugin deckt: Demnach habe sogar der Geschädigte die Schlägerei angefangen. Während der Verhandlung wurde deutlich, dass der Beschuldigte nicht eindeutig als Täter identifiziert werden konnte.

Das bestätigte sogar das Opfer: "Eigentlich kann man dazu nicht viel sagen", erklärte der 22-Jährige zu Beginn. Er war mit einer Gruppe von Freunden auf dem Annafest. Auf der engen Treppe sei ein Streit ausgebrochen und er bekam plötzlich einen Schlag mit einem Krug gegen den Kopf. Er erlitt eine stark blutende, zwei Zentimeter große Wunde am Hinterkopf und Prellungen an der Schulter. Das Opfer musste ärztlich versorgt werden.


Opfer konnte Täter nicht sehen

Gesehen habe er die Verletzung erst, als er die Treppe herunterfiel und blutete. Von unten sah er, wie der Beschuldigte oben an der Treppe war. Der Angeklagte habe "provozierend und herausfordernd" gestanden. Der Geschädigte gab zu, dass er nicht gesehen habe, wer den Krug geworfen oder ihn geschlagen hat. Vor Gericht sagte das Opfer sogar: "Ich habe nicht behauptet, dass er es war." Das sei lediglich seine Schlussfolgerung gewesen.

Auch der Bruder des Verletzten meinte, dass man lediglich aufgrund des Verhaltens vermuten konnte, dass es der Beschuldigte war, der oben an der Treppe stand. "Die blutende Wunde hat mich am meisten irritiert", sagte der Bruder.


Keine Beweise für Schuld

Zu diesem Zeitpunkt war deutlich: Es gab keine stichhaltigen Beweise, dass der 30-Jährige tatsächlich für die Maßkrug-Attacke verantwortlich gewesen war. Staatsanwalt Matthias Schmalke sprach in seinem Plädoyer von einer "unübersichtliche Annafest-Situation".

Außerdem gebe es Anhaltspunkte, dass es eben nicht der Angeklagte gewesen war. Auch ein Motiv könne er nicht erkennen. "Eine bestimmte Körperhaltung kann nicht für eine Verurteilung reichen", so Schmalke. Er beantragte deswegen, den Angeklagten freizusprechen.

Dem schloss sich Amtsrichterin Schneider an und sprach den Beschuldigten frei. Wahrscheinlicher sei, dass einer der Streitenden der Täter war und entschied im Zweifel für den Angeklagten.