Urteil des Forchheimer Amtsgerichts: Trotz Bewährung weiter auf Bewährung
Autor: Jennifer Opel
Forchheim, Donnerstag, 26. Januar 2017
Zwei Freunde sollen im November 2015 vor einer Gaststätte einen heute 25-Jährigen attackiert haben. Einer traf sein Opfer mit der Faust im Gesicht.
Unbeschriebene Blätter sehen anders aus. Das war spätestens beim Verlesen der Auszüge aus dem Bundeszentralregister der beiden Angeklagten zu hören, eigentlich wurde das aber schon zu Verhandlungsbeginn klar. Richterin Silke Schneider erklärte zuerst, dass einer der Angeklagten von seinem Bewährungshelfer eine positive Prognose ausgesprochen bekommen hatte.
Die heute 26- und 33-jährigen Angeklagten waren unter anderem wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung angeklagt. Dieser Teil wurde durch die Beweisaufnahme aber nicht bestätigt. Die Taten selbst ereigneten sich im November 2015 vor einer Gaststätte in der Bamberger Straße in Forchheim sowie auf dem Parkplatz eines Einkaufsmarktes. Die beiden Angeklagten standen vor der Gaststätte, als sie sich von einem heute 25-Jährigen provoziert fühlten. Daraufhin kam es zu einer Auseinandersetzung, bei der beide Angeklagten zuschlugen - allerdings beim ersten Versuch an der Beweglichkeit des Opfers und ihrer eigenen Alkoholisierung scheiterten.
Das Opfer konnte die stark betrunkenen Täter wegschubsen und erklärte vor Gericht, dass für ihn die Situation dann eigentlich vorbei war. Einige Minuten später kamen die Angeklagten aber zurück und der 26-Jährige schlug erneut zu. Dieses Mal traf er den 25-Jährigen, sodass dessen linke Wange stark anschwoll - zum Arzt musste er jedoch nicht.
Im Gegensatz zu den beiden Angeklagten, deren Blutalkoholkonzentrationen enorm und deshalb auch die Erinnerungslücken groß waren, konnte sich das Opfer noch gut an die Tat erinnern. Er betonte zudem, dass er die Angeklagten und deren Freundinnen nicht kenne und auch nicht provoziert habe.
Nüchtern sind sie handzahm
Die beiden Freundinnen der Angeklagten sagten beide, sie wüssten nicht mehr viel von dem Abend, da er doch schon sehr lange her sei. Sie waren sich aber auch einig, dass ihre Partner nur so gehandelt hatten, weil sie betrunken waren. "Ich hatte ihn so noch nie erlebt", sagte die Freundin des 26-Jährigen, "er ist sonst ein lieber, netter Kerl." Die Freundin des 33-Jährigen betonte: "Nüchtern wäre das auf gar keinen Fall passiert." Für den 33-Jährigen war nach dem Schlag seines Freundes der Abend aber noch nicht vorbei. Weil der Wirt wegen der Pöbeleien und des Schlags die Polizei gerufen hatte, war eine Streife auf dem Weg. Sie griffen die vier jungen Leute auf, als diese auf dem Weg zum Auto waren. Während sich die beiden Frauen und der 26-Jährige kooperativ zeigten, flippte der 33-Jährige nach Angaben der Polizei regelrecht aus. Er weigerte sich, seinen Ausweis zu zeigen, beleidigte die Beamten und "war völlig neben sich", wie einer der Polizisten sagte. Der andere Polizist betonte, dass der 33-Jährige nicht mit Worten zu beruhigen gewesen sei. Er wurde schließlich zu Boden gebracht, gefesselt und auf die Dienststelle mitgenommen. Die Nacht verbrachte er in der Ausnüchterungszelle. Ein Alkoholtest morgens um sechs Uhr erbrachte immer noch rund zwei Promille.
Das Bundeszentralregister enthielt vor dieser Verhandlung für den 33-Jährigen vier Einträge. Bei den letzten beiden standen die Geldstrafen noch aus. Der 26-Jährige hat bereits zehn Verurteilungen gesammelt, darunter auch für die Einfuhr von Betäubungsmitteln, die ihm bereits eine Gefängnisstrafe eingebracht hatte. Seit er aus dem Gefängnis raus ist, erhielt er bereits einen Strafbefehl wegen Betrugs. Vor Beginn des Verfahrens stand er noch unter Bewährung von der letzten Gefängnisstrafe.
Staatsanwalt Matthias Schmolke bezog in seinem Plädoyer ein, dass beide Angeklagten, obwohl die erste "nichtige Auseinandersetzung" schon abgeschlossen war, es zu einer erneuten Straftat kommen ließen. Die Alkoholisierung sei dabei keine Entschuldigung. Zum 33-jährigen Angeklagten stellte er fest, dass er "nicht viel Positives berücksichtigen" könne. Unter Einbeziehung der beiden ausstehenden Geldstrafen forderte der Staatsanwalt acht Monate auf Bewährung sowie ein Anti-Aggressionstraining und eine Geldauflage von 500 Euro.
Für den 26-Jährigen sah er keine Möglichkeit für eine weitere Bewährung. Er forderte unter Einbeziehung der noch offenen Strafe sieben Monate und drei Wochen Freiheitsstrafe. "Sie haben ja schon Hafterfahrung und hätten wissen müssen, dass ein erneuter Ausraster Sie zurück ins Gefängnis bringt."
Rechtsanwalt Bernhard Eckert verteidigte den 33-Jährigen und forderte sechs Monate auf Bewährung sowie ein Anti-Aggressionstraining. Er plädierte dafür, von einer Geldstrafe abzusehen: "Er kann's eh nicht bezahlen."
Rechtsanwalt Robert Glenk vertrat den 26-Jährigen. Er betonte, dass sein Mandant bereit sei, ein Schmerzensgeld zu bezahlen und bezeichnete ihn als "geläutert". Besonders hob Glenk den positiven Einfluss der Freundin des 26-Jährigen hervor. Er betonte, dass er eine Bewährungsstrafe für möglich halte, und bat um ein "angemessenes, mildes Urteil".