Urban Priol: mit dem Boot nach Gasseldorf
Autor: Josef Hofbauer
Gasseldorf, Sonntag, 08. Mai 2016
Urban Priol gastiert am 19. Mai in der Geck Scheune. In seinem aktuellen Programm setzt er sich Facebook und Twitter auseinander.
Urban Priol ist einer der scharfzüngigsten und bekanntesten Kabarettisten Deutschlands. Seit drei Jahrzehnten reiht er Auszeichnung an Auszeichnung.
Ob im Fernsehen oder auf der Bühne, Urban Priol hat etwas zu sagen. Am Donnerstag, 19. Mai, gastiert der Mainfranke wieder in Gasseldorf; bereits zum fünften Mal.
Herr Priol, Sie gastieren in der Rheingoldhalle in Mainz ebenso wie in Gasseldorf. Gibt es für Sie einen Unterschied, ob Sie vor viel oder wenig Publikum auftreten?
Urban Priol: Nee, ich versuche einen gesunden Mix beizubehalten. In kleineren Hallen ist der Kontakt zum Publikum natürlich viel direkter. Das schafft eine klasse Atmosphäre. Aber es gibt auch schöne Großveranstaltungen."
2004 waren Sie zum ersten Mal in Gasseldorf. Wie kam es dazu?
Ich hatte davon gehört, dass sich Leute ehrenamtlich engagieren und gedacht: Da fährst du hin. Das willst du sehen. Und ich wurde belohnt mit der schönsten Freilichtgarderobe Deutschlands. Es ist einfach traumhaft an diesem kleinen Flüsschen. Und wenn schönes Wetter ist, hänge ich gerne noch einen Tag dran zum Paddelbootfahren.
Ihre Kollegen schreiben oft ein Programm, das sie dann zwei, drei Jahre lang spielen. Bei ihren 150 Auftritten pro Jahr hat man das Gefühl, es sind 150 Programme. Woran liegt das?
Ich bin sehr interessiert an allem, was passiert. Mit der Zunahme der neuen Medien muss ich auch ganz anders arbeiten. Ich betrachte mein Programm als einen Baukasten. Da kommen ein paar neue Steinchen rein, andere raus. Das hält auch für mich die Spannung aufrecht. So schleicht sich keine Routine ein.
Ihr aktuelles Programm lautet "Jetzt schon wieder aktueller". Ist dieses Programm der Multitasking- Generation geschuldet?
Nein, aber es ist definitiv so: Unsere Zeit ist schnelllebiger geworden. Es passiert ganz viel. Das will ich alles mitbekommen und versuche dann, etwas darauf zu basteln. Themen, die mir wichtig sind, behalte ich aber in irgendeiner Form in meinem Programm, auch wenn sie der Zeitgeist längst weggespült hat.
Sehnen Sie sich manchmal zurück in die Zeit vor Tablets und Smartphones, als wir noch nicht 24 Stunden rund um die Uhr erreichbar sein mussten?
Tablets und Smartphones gehören nun einmal dazu. Wir müssen sie nur intelligent nutzen und den Umgang damit minimieren. Dann können sie sogar unseren Freizeitwert steigern. Ich muss nicht in Blogs rumhängen und ich halte mich auch von Facebook und Twitter fern. So lebe ich ganz gut.
Wann haben Sie gemerkt, dass Kabarett ist Ihr Traumberuf ist? Oder wären Sie manchmal doch lieber Lehrer oder Landschaftsarchitekt?
Das war schon in der Schule. Nur habe ich damals noch nicht gewusst, dass man das Kabarett nennt. Ich konnte die Obrigkeit einfach noch nie ernst nehmen. Und daran hat sich bis heute nichts geändert.
Worin sehen Sie den Unterschied zwischen einem Lehrer und einem Kabarettisten?
Ein Kabarettist ist freier, kann an die Themen herangehen. Den Zwängen eines Lehrplans hätte ich mich nur ungern unterworfen. Die Symbiose zwischen Lehrer und Schule wäre nicht gut gewesen.
Wollen Sie als Kabarettist gesellschaftspolitisch etwas erreichen,
oder genügt es, das Publikum einfach zu unterhalten?
Generell sollte auch jede nachdenkliche Form der Unterhaltung dienen. Ich lache gern und ich bin überzeugt: Wer nicht lacht, ist auch nicht lustig. Andererseits rege ich mich auch über Dinge auf! Und ich mache das gerne. Auf der Bühne sehe ich, dass es noch mehr Menschen gibt, die sich aufregen. So entsteht eine gesellschaftspolitische Diskussion über die wieder geredet wird. Das ist gut so.
Ist Kaberett-Szene unpolitischer geworden?
Comedy gab's immer schon. Ich bin damit groß geworden. Sie ist unpolitisch, hat aber ihre Berechtigung. Die jüngeren Kollegen haben andere Themen. Und ich gespannt darauf, wie sie das machen. Ich versuche zwei Stunden anspruchsvolle Unterhaltung zu bieten. Wie sich das nennt, ist mir egal.
Wie weit gehen Sie in ihrer Kritik. Wo liegen die Grenzen?
Wenn ich kritisieren will, muss ich erst einmal ganz gründlich nachrecherchieren. Ich muss mich mehrfach rückversichern, dass das, was ich behaupte, auch stimmt. Ich sage nicht, dass ich alles darf, aber ich will mir von niemandem vorschreiben lassen, was ich machen darf und was nicht. Schließlich muss ich auch für die Folgen alleine einstehen. Die Politik hat sich auf alle Fälle komplett herauszuhalten.
Wie sehen Ihre weiteren Herausforderungen aus?
Jetzt spiele ich dieses Programm, dann habe ich ein paar Fernsehauftritte, dann muss ich schon wieder den Jahresrückblick "Tilt" vorbereiten. Nächstes Jahr steht mein 35-jähriges Bühnenjubiläum an. Das wird eine Reise durch meine ältesten und schönsten Bühnen-Nummern.
Das Gespräch führte
Josef Hofbauer.