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Todesfalle Insektenstich: Notfallsets sind knapp


Autor: Petra Malbrich

Forchheim, Montag, 20. August 2018

Bei den lebensnotwendigen Notfallsets für Allergiker ist es zu Lieferengpässen gekommen. Das haben auch die Forchheimer Apotheken zu spüren bekommen.
Eine Spritze wird bei einer Schock-Allergie-Patientin für ihren Einsatz  vorbereitet (gestelltes Bild). Allergiker in Deutschland leben gefährlich. Ihr Immunsystem spielt schon nach einem ein simplen  Insektenstich verrückt.Jörg Carstensen,  dpa


Allergiker, die rechtzeitig vorgesorgt haben, sind auf der sicheren Seite. Denn bei den Medikamenten in den Allergie-Notfallsets kommt es zu Lieferengpässe, die noch bis Ende des Monats oder länger dauern. Darüber informiert der Deutsche Allergie- und Asthmabund.

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Notfallset für Allergiker lebenswichtig

In einem Notfallset sind flüssiges Cortison, Adrenalin Fertigspritzen und Antihistaminikum. Für Allergiker ist das Notfallset lebenswichtig.

"Gerade sind Medikamente für das Notfallset gekommen", freut sich Silvia Zaitschek von der Martinsapotheke in Forchheim. Kaum sind diese Medikamente weg, wird es wieder Engpässe geben und Kunden, die auf einer Liste stehen, um die Notfallmedikamente zu erhalten.

20 Mal im Jahr wird das Notfallset ungefähr nachgefragt. Auch in den anderen Apotheken sieht es nicht anders aus. Den Lieferengpass hat auch die Easy Apotheke in Forchheim "definitiv gemerkt", wie Kerstin Preißner zugibt. Auch sie habe im Moment wieder einen kleinen Nachschub erhalten. Ansonsten seien die Medikamente über den Großhandel regulär nicht beziehbar.

Wie kann es zum Lieferengpass kommen?

Wie aber kann dieser Lieferengpass passieren, gerade zu einer Zeit, in der die Medikamente am dringendsten gebraucht werden, weil die Allergien richtig erblühen? "Es ist eine komplexe Situation", sagt Klaus Meier. Er ist Apotheker und Inhaber der St.-Georg-Apotheke in Igensdorf. Mit dem Thema Lieferengpass bei den Notfallsets hat er sich intensiv beschäftigt, auch in den Ärzte- und Apothekenfachzeitungen wird darüber berichtet.

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"2018 ist ein Wespenjahr, daraus folgt ein erhöhter Bedarf an Notfallmedikation", sagt Meier. Der zweite Grund ist herstellerbedingt. In den Notfallsets sind Celestamine. Das ist flüssiges Cortison. "Es wirkt viel schneller", erklärt Meier den Unterschied zu den Cortison-Tabletten. Bei einer Akutsituation wie einem allergischen Notfall muss das Medikament sofort wirken, nicht erst Stunden später.

Probleme bei der Produktionsstätte

Den Engpass bei dem flüssigen Cortison begründen die einschlägigen Fachzeitschriften laut dem Hersteller mit Problemen bei der Produktionsstätte. Im vergangenen Jahr fand dort ein Cyber-Angriff statt, von dem sich der Hersteller bis heute noch nicht vollständig erholt habe.

Es natürlich auch flüssiges Cortison von anderen Hersteller, doch diese Sache habe einen Haken: "Diese Zubereitungen sind oft nicht für dieses spezielle Anwendungsgebiet zugelassen", sagt Meier.

Ist ein Ende des Engpasses in Sicht?

Das andere Medikament im Notfallset ist eine Adrenalin-Fertigspritze. Drei Firmen stellen diese Adrenalin-Fertigspritzen her. Fastjekt von Pfizer, Jext und Emerade. "Fastjekt versorgt 77 Prozent des Marktes", erklärt Meier und schiebt zunächst die gute Nachricht hinterher: "Laut Pfizer soll bis Ende August bei Fastjekt junior und bis Ende September bei Fastjekt der Engpass behoben sein."

Der Deutschen Apothekerzeitung gegenüber erklärte die Firma, dass aufgrund einer Prozessänderung die Produktion begrenzt und man deshalb auf Drittanbieter angewiesen sei. Die beiden anderen Lieferanten erklären ihren Engpass mit dem Engpass des Marktführers. Sie könnten die Ausfälle nicht kompensieren.

Zudem hat Emerade ein weiteres Problem. "In dem Rote Handbrief vom 26. Juni erklären sie, dass es zu Störungen bei der Entleerung des Pens kommt", erklärt Klaus Meier. Somit sollten von der Adrenalinspritze Emerade zwei Pens mitgeführt werden. Das Medikament ist im Notfall zwingend erforderlich.

Regelmäßiges Austauschen notwendig

Als wäre das alles nicht ausreichend genug, kommt noch das Verhalten mancher Allergiker dazu. Da die Medikamente in dem Notfallset nur eine kurze Haltbarkeit haben, müssen die Notfallmittel vor Ablauf des Verfalldatums regelmäßig gegen frische ausgetauscht werden.

Doch meist wird das erst dann bewusst, wenn das Mittel gebraucht werden könnte. Klaus Meier hat hier einen einfachen Tipp: "Den Austausch rechtzeitig in die Wege leiten und nicht zu knapp am Verfallsdatum." So entsteht kein Engpass und man sei für die Notsituation gerüstet. Wer von seinen Allergien wisse, solle sich vom Arzt ein Notfallset verschreiben lassen, denn ohne Rezept bekommt man es auch ohne Lieferengpass nicht.