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Tierorakel: Emma pickt, wie Brasilien kickt


Autor: Sarah Seewald

Heroldsbach, Donnerstag, 12. Juni 2014

Wer wird im ersten Spiel der Weltmeisterschaft 2014 gewinnen? Wir haben die Graugans Emma vorher picken lassen.


Es war einmal der Krake Paul. Paul lebte im Sea Life Centre in Oberhausen. 2008 wurde er entdeckt: Von den Machern des Tierorakels. Das fränkische Orakel 2014 zum WM-Eröffnungsspiel Brasilien gegen Kroatien kommt aus Heroldsbach. Kümmerliche Babyamseln, die nach Futter schnappen, Schatten suchende Hunde und zwischendrin eine illustre Graugans - Emma. Zu Besuch bei Familie Gaffal findet sich nicht nur ein Leckermaul für die Tiervorhersehung. Wir entscheiden uns für Emmas Fußballinstinkt - nicht nur, weil Graugänse eher ein zurückhaltendes Fressverhalten haben.

Erst mal Abtasten

In der vierten Minute täuscht Emma einen Torschuss an. Sie watschelt auf den Trog mit der kroatischen Flagge zu. Hals rausgestreckt, ein erstes Korn angepickt, aber nein! Halt. Doch nicht. Rückzug unter den Gartentisch. Zwei identische Futtertröge, gefüllt mit ihrer Leibspeise Salat und Futterpellets. Doch "am allerliebsten reißen Graugänse Gras aus dem Boden", sagt Gaffal. Statt am "brasilianischen Salat" bedient sich Emma vorerst lieber an den Blumen.

Beobachtet man die junge Gans, fallen die überdimensionalen Watschel-Wackel-Patscher auf: "Die sind nicht nur groß, Emma hat vor allem O-Beine", sagt Gaffal und erzählt von Emmas Schicksal.

Eine Frau las das Küken am Straßenrand auf. Mit ihrem Lauffehler - Emma dappt sich immer wieder selbst auf den Fuß - ist sie ihrer Gänsefamilie nicht hinterhergekommen. Ängstlich, abgemagert wurde sie in Heroldsbach abgegeben und mit der Flasche aufgepäppelt. Eine lebensmutige Schnabel-Aktion hat die kleine Gans auch bereits überstanden. Für einige ist so manche Tiergeschichte "schon ein bisschen pervers", wie Gaffal selbst feststellt, "aber ich kann nicht 'Nein' sagen."

Der Garten ist voll. Hier eine Voliere, dort ein Hasenstall, in allen Ecken zwitschert es. Die ehrenamtliche Tierauffangsstation in Heroldsbach ist mittlerweile vielen bekannt. An manchen Tagen kommt Gaffal nicht mehr hinterher: "Eine Amsel wird stündlich gefüttert." Alles, um die (Wild-)Tiere für das Leben in der Natur stark zu machen. Hin und wieder sind die Babyvögel oder Babymäuse allerdings so krank und schwach, dass ihnen gar nicht mehr geholfen werden kann. "Aber die Leute bringen sie dann nicht direkt zum Tierarzt, um sie einschläfern zu lassen", sagt Gaffal. In ihrem Leben als Tierretterin sind es Geschichten, wie diese von Emma, die sie nicht missen möchte, gerade weil sie und ihr Mann als Biologen einen besonders starken Bezug zu Graugänsen und der Gansforschung haben.

Emma läuft ihrer Ziehmutter munter hinten drein: "Sie ist ungern alleine." Aber nicht scheu, nur eben ein wenig schüchtern - sie muss sich warm spielen, um zu orakeln. Und dann: Aus dem Hinterhalt pirscht sie sich in ihrem grauen Trikot in den Strafraum und spielt ihre scharfen Schnatterzähnchen aus. Während Emma in der 87. Minute den Sieg für Gastgeber Brasilien vorherpickt, kommt Gaffals Mann mit dem Telefon am Ohr in den Garten: "Das wird das nächste Tier sein", sagt sie.