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Tiefe Einblicke in die Geschichte Forchheims


Autor: Elisabeth Görner

Forchheim, Sonntag, 21. Mai 2017

Die Tagung "Archäologie in Ober- und Unterfranken" fand am Wochenende in Forchheim statt und hatte viel Spannendes für die Region zu bieten.
Bettina Jungklaus (r.) erklärt der Moderatorin Martina Pauli Schädel und Kiefer eines Erkrankten, gefunden bei den jüngsten Ausgrabungen am Katharinenspital in Forchheim. Foto: Elisabeth Görner


"Archäologie in Ober- und Unterfranken": Unter diesem Titel lief die Archäologen-Tagung, zu der das Bayerische Amt für Denkmalpflege und die Stadt Forchheim Fachleute und auch interessierte Laien in die Jahn-Kulturhalle geladen hatte - bot sich Forchheim auf Grund der verstärkten archäologischen Aktivität in den letzten Jahren doch besonders an.

Durch einen einleitenden Vortrag über "Tote Menschen und Tiere in finsteren Schächten" im Forchheimer Raum und durch mehrere Kurzvorträge zu Forschungsprojekten in der Stadt selbst erfuhren die Zuhörer seit dem Freitagabend viele bisher noch nicht veröffentlichte Details.

Auch die Ausgrabungen an der ICE-Trasse um Kersbach und die erstaunlichen Entdeckungen bezüglich einer Vorgängersiedlung von Hirschaid wurden erläutert - und zwar von den an den Grabungen und Auswertungen direkt Beteiligten. Weitere Berichte über Archäologie-Projekte betrafen Unterfranken.


Freude und Staunen

Der oberfränkische Bezirkstagspräsident Günther Denzler und der Forchheimer Landrat Hermann Ulm (CSU) brachten es in ihren Grußworten auf den Punkt: Als Laie sei man eigentlich blind für die - besonders unter der Erde befindlichen - Hinweise und werde demütig und bescheiden, wenn man an der Arbeit der Archäologen Anteil nehmen dürfe. Dass es neben der wunderschönen Natur und der lebendigen Kultur auch Belege für mehrere tausend Jahre interessanter Geschichte der hiesigen Region gebe, sei viel Grund zur Freude und zum Staunen, betonte der Landrat.


Geheimhaltungsgründe

Da gibt es - aus verständlichen Gründen von der Lage her eher geheimgehaltene - Höhlen und Schächte im Raum Forchheim mit menschlichen und tierischen Knochen aus vier Jahrtausenden. Wie genau und warum sie dort gelandet sind, ist noch nicht wirklich geklärt, sagte Timo Seregely von der Uni Bamberg.

Der gebürtige Schwede Ingolf Ericsson, Lehrstuhlinhaber für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit an der Bamberger Universität, führte in die Einzelinformationen über das Antoniuskloster Forchheim ein, dargeboten von Matthias Hofmann, Matthias Weber, Stephanie Munke und Ingo Bürger. Es ging allgemein um "Forchheim im frühen Mittelalter", um die "Befunde und Funde" aus der Klosterzeit selbst, um eine aufschlussreiche Abfallgrube des ehemaligen Klosters sowie um den ältesten Befund in der Altstadt: "Eine Siedlungsgrube der Bandkeramik" (charakteristische Verzierung keramischer Gefäße aus der Jungsteinzeit mit Bandmuster aus eckigen, spiral- oder wellenförmigen Linien).


Bis zum 11. Jahrhundert gegraben

Höchstinteressant waren die Ausführungen der Grabungsleiterin Johanna Aas und der Anthropologin Bettina Jungklaus (Berlin), die über den Zwischenstand der aktuellen Ausgrabungen im Katharinenspital berichteten: Dass man auf dem Spitalhof schon - sehr tief - bis zu vier Metern die Siedlungsgeschichte bis zum 11. Jahrhundert "ergraben" habe, also bis weit vor der offiziellen Ersterwähnung.

Viele Mühlsteinreste und ein Mühlrad-Auflager der ehemaligen kleinen Spitalmühle (beziehungsweise Bürgerhaus) sind gefunden worden; eine Ufermauer mit einer Treppe aus dem 15. oder 16. Jahrhundert und auch ein Spital-Friedhof mit mindestens 18 dicht an dicht gelegenen Gräbern.

Bettina Jungklaus erläuterte auf der Basis der geborgenen Skelette nicht nur die Krankheiten der damals im Spital gepflegten Menschen, sondern hatte sogar einen Schädel und einen entzündeten Kiefer als Ansichtsmaterial mitgebracht.


Rathaus auf vier älteren Kellern

Margret Sloan von der Uni Bamberg versetzte die Zuhörer (belegt durch ein ganz altes Foto) in die Zeit, als die Keller des Forchheimer Rathauses noch als Trinkstuben zugänglich waren - und zwar von außen durch das "Löchla", eine relativ große überdachte Tür mit dahinter liegender Treppe nach unten. Es hat sich herausgestellt, dass das jetzige Rathaus auf vier noch älteren Kellern - die zu vier verschiedenen Häusern gehört haben - auf höher liegendem Niveau im 15. Jahrhundert aufgebaut worden ist. Durch die spätere Absenkung des Gebäudes sind zwei der Keller zerstört worden.


Palisadenabdrücke bei Kersbach

Ein großes archäologisches Projekt hängt auch mit dem Ausbau der ICE-Trasse zusammen. Matthias Tschuch berichtete über bei Kersbach gefundene, steigbügelähnliche Palisadenabdrücke und Pfostenbauten sowie über Brunnen beziehungsweise Zisternen aus der frühen Bronzezeit - samt einem dendrochronologisch und C14-datierten Lindenbastgefäß aus dieser, auch als urnenfelderzeitlich bezeichneten Ära.

Julian Decker war an der Ausgrabung im Norden von Hirschaid beteiligt, die eine "Vorgängersiedlung" des heutigen Ortes zutage gebracht hat. Man entdeckte auch die Reste von Werkstätten und Schmelzöfen zur Herstellung von Buntmetall und von Glasperlen aus der Zeit zwischen 800 und 1000 n. Chr. (Merowinger- u. Karolingerzeit). Es sind wohl die ältesten und bisher einzigen bekannten Funde dieser Art.

Auch die Ehrenbürg spielte beim großen Abendvortrag am Samstag - vor dem Empfang der Stadt Forchheim in der Stadtbücherei - eine besondere Rolle; Markus Schußmann von der Freien Universität Berlin hob die "bestechend schönen" Bronzefunde aus dieser Höhensiedlung hervor.

Sogar der Laie hatte viel vom Besuch der "hochkarätig" besetzten Archäologen-Tagung in Forchheim. Die Seriösität der Vortragenden wurde besonders durch die Vorsicht deutlich, mit der sie ihre Interpretationen der Grabungen vermittelten, ohne die Freude an ihrer Arbeit und den Mut am Weiterforschen hintanzustellen.