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"Theater darf keine Tortur sein": Lorenz Deutsch vom Jungen Theater Forchheim spricht Klartext


Autor: Stephan Großmann

Forchheim, Mittwoch, 27. Mai 2020

Ab 15. Juni dürfen die Theater wieder öffnen. Aber wie hat die Pandemie die Forchheimer Bühnen verändert? Im exklusiven FT-Interview spricht der künstlerische Leiter des Jungen Theaters Forchheim, Lorenz Deutsch, über einen Kulturbetrieb in der Corona-Krise.
Was macht die Pandemie mit der Bühne seines Lebens? Im FT-Interview spricht der künstlerische Leiter des Jungen Theaters Forchheim Lorenz Deutsch über Kulturbetrieb in der Corona-Krise.  Foto: Jens Brunswick/Archiv


FT: Wie kommt Applaus im Livestream an - macht es aktuell Spaß, Kunst zu machen?

Lorenz Deutsch: Für die Künstler ist es sehr hart, weil ihnen die direkte Rückmeldung fehlt. Von Spaß sind wir im Moment weit weg - auch weil unter den Kunstschaffenden zum Teil große finanzielle Not herrscht. Unter diesen Gegebenheiten ist es nicht möglich, darstellende Kunst zu gestalten. Bei Livestreams fehlt das Essenzielle: die gleichzeitige Anwesenheit von Publikum und Darstellenden.

Lässt uns Corona ein bisschen Kultur übrig?

Die Corona-Krise hat uns hart getroffen und fordert ein Umdenken. Sie wird sich in vielen Bereichen niederschlagen. Es ist eine schwierige Zeit, aber so langsam geht es wieder los.

Ist die Krise also vielleicht auch ein Weckruf an die hiesige Szene, sich wandeln zu müssen?

Als Chance würde ich sie nicht bezeichnen wollen, dafür ist sie zu destruktiv. Ein Weckruf? Es gibt in der Region einen großen Hunger nach Liveerlebnissen. Wir hatten mit dem Jungen Theater eine gute Saison in Forchheim und konnten den Menschen etwas bieten, das sie gebraucht haben. Dann hat uns Corona in voller Fahrt zerbröselt.

Wie geht es jetzt weiter?

Wir machen uns Gedanken, wann und wie eine Aufnahme des Betriebes wieder kommen kann. Dabei gilt es abzuwägen, ob wir uns den Spielbetrieb überhaupt leisten können. Denn es ist teurer, im Minimalbetrieb zu fahren als ganz zu schließen. Aber Kunst und Kultur möchte ich nicht nur finanziell betrachten.

Sondern?

Macht es mit den Abstands-Regeln überhaupt noch Spaß? Das Theater wird sich ändern, auch unser Programm wird sich ändern. Wir arbeiten daran, aber wir können auch nur reagieren.

Theater, Kinos und Co. sollen am 15. Juni wieder öffnen. Geht nun ein Freudenschrei durch die Szene?

Nein. Die Hygienevorschriften sind zwar noch nicht ausformuliert, aber wenn sie sich an bestehende in anderen Branchen angleichen, wird es wohl schwierig. Ein Theaterbesuch soll nicht zur Tortur werden. Wir werden im Sommer jedenfalls nicht mehr starten - auch ohne Krise wären im Juni eh kaum Veranstaltungen gewesen.

ZirkArt, Stadtfest und Co. - alles abgesagt. Gefährdet das das Junge Theater?

Uns geht es - verglichen mit anderen Kultureinrichtungen und Selbstständigen noch relativ gut, weil wir nur geringe Personalkosten haben (viel läuft im ehrenamtlichen Bereich). Zudem hatten wir eine gute Saison und konnten das ZirkArt Festival relativ langfristig absagen. Eine kurzfristige Absage hätte uns existenziell treffen können. Aber wir hatten uns viele Investitionen wie neue Veranstaltungstechnik für den Probenbetrieb und Renovierungsarbeiten vorgenommen - die dafür vorgesehenen Mittel bringen uns jetzt gerade so über den Sommer. Wenn die Krise noch länger dauert, könnte es kritisch werden.

Der Staat zahlt für Künstler Hilfen in Milliardenhöhe - ist in der Region etwas davon angekommen?

Angekommen ist bei uns noch nichts. Für den Kulturbereich gibt es ein extra Programm, aber unser Antrag ist bisher noch nicht bearbeitet worden. Um eine Soforthilfe zu erhalten, waren wir anfangs noch zu liquide. In der Region hört man bei den Kulturschaffenden aber großteils frustrierte Stimmen. Zwar wurden einige Maßnahmen angekündigt, im Vollzug aber viele Künstlerinnen und Künstler ausgeschlossen. Jetzt erst wurde nachgebessert, weil zu viele durchs Raster gefallen sind. Ich hoffe sehr, dass für die Kreativkräfte in der Region die Hilfe nicht zu spät kommt..

Fühlen Sie sich von den lokalen Polit-Akteuren gut unterstützt?

Wir haben von Seiten der Stadt Gespräche geführt, etwa mit Bürgermeisterin Annette Prechtel. Wir fühlen uns nicht alleine gelassen. Pauschal nach Unterstützung der öffentlichen Hand zu rufen liegt uns aber nicht. Finanzielle Zusagen ohne Öffnungsszenarien würden uns nur bedingt weiterhelfen. Wir wollen lieber mit unseren Konzepten punkten.

Was ändert sich für Kulturgenießer in Forchheim - gibt es nach den vielen Absagen überhaupt noch etwas, auf das sie sich freuen dürfen?

Kultur braucht Vorlaufzeit. Bestehende Konzepte lassen sich nach einem Ausfall auf die Schnelle nicht so einfach umorganisieren. Aber wir planen für den Herbst etwas, das auch unter Corona-Regeln möglich ist.

Mehr wollen Sie nicht verraten?

Nur so viel: Im September werden wir in die Saison starten und haben bereits ein tolles Projekt im Köcher. Mehr Informationen gibt es aber frühestens nach den Pfingstferien.

Mehr über das Junge Theater Forchheim erfahren Sie hier.