"Su blaudern mir"
Autor: Petra Malbrich
Gräfenberg, Donnerstag, 27. November 2014
Konrad Kunzmann liest aus seinem Buch im "Poeten-Eckela" in Gräfenberg. Begonnen hat es mit seinem fränkischen Wörterbuch in der Sauna.
Wie bringt man einen Gräfenberger Bürger zum Bellen? Ganz einfach. Man sagt zu ihm: "Es gibt Freibier", dann ruft er "wou, wou?" A weng a Gschmarri (dummes, lustiges Gerede) gibt's scho, wenn Konrad Kunzmann am Sonntag im "Poeten Eckela", obwohl es eigentlich Eckerler heißen müsste, aus seinem Büchlein "Su blaudern mir" vorliest.
Deswegen ist er noch lange kein "Grambfbolln" (jemand, der Märchen auftischt oder Sprüche klopft), sondern schon mitten im Thema Dialekt mit all seinen Unterschieden. Schon das eingangs erwähnte Fragewort Wo wird in dem nur wenige Kilometer entfernten Thuisbrunn mit einem "Wu" ausgesprochen. Oder die Kirchweih, die auch auf Plakaten im Gräfenberger Raum als Kärwa ausgeschrieben wird. "Su blaudern mir net", sagt Kunzmann, der noch mit richtig fränkischem Dialekt aufgewachsen ist. Die falsch geschriebenen Wörter ärgern ihn, "weil wir Kirwer sagen", meint Konrad Kunzmann.
Die Sache mit dem Trick
Kunzmann hat hier zu Tricks gegriffen wie bei dem Wort "nejidn" - "Deji boor Gniedler werri doch nejidn" (Die paar Klöße werde ich doch schaffen oder zwingen). Also hat er auch einige dieser offiziell falsch geschriebenen Wörter in sein fränkisches Wörterbuch aufgenommen. Das überhaupt anzufertigen, die Idee reifte schon im Jahr 2000 in der Sauna in Gräfenberg. In Kunzmanns Saunagruppe war auch ein Mann aus Thüringen dabei, der von den Gesprächen oft nicht alles verstand. Das müsste man mal übersetzen, bat der Mann, was Konrad Kunzmann dann tat. Alle möglichen fränkischen Ausdrücke, die ihm einfielen, tippte er in seinen Computer und fertigte dann aus den ausgedruckten Blättern das erste Wörterbuch Deutsch - Fränkisch an.
Für seine Saunafreunde, "die alten Fregger". Aufgegliedert war das alphabetisch in den drei Spalten Fränkisch, Hochdeutsch und Erklärung. "Badscher - Klatsche - Fliegenklatsche" stand dann beispielsweise dort.
Oder es waren mehrere Erklärungen angegeben wie bei der "Bladdn", womit eine Glatze oder eine Platte gemeint sein kann. Doch dann hat sich vor einigen Jahren der Gräfenberger Kulturverein gegründet, mit Konrad Kunzmann in der Vorstandschaft. Bei der Frage, was an der Kultur man pflegen sollte, stimmten alle für die Muttersprache und somit dem Dialekt. Kunzmann erwähnte hier sein Büchlein und bald reifte die Idee, mit den Dialektwörtern eine Art Rätsel für die Bürger zu gestalten. Von 2010 an erscheint nun wöchentlich ein fränkischer Begriff im Gräfenberger Amtsblatt.
Kein reiner Sprachunterricht
Die Auflösung können die Leser in der darauffolgenden Ausgabe nachschauen. Oft wird er darauf von den Mitbürgern angesprochen, erfährt, dass sie es erraten haben, sich bei dem einen oder anderen Wort nicht so sicher waren und mancher nennt ihm auch fränkische Wörter, die er verwenden kann. Nun sind alle Begriffe und Aussprüche seit 2010 in einem Büchlein festgehalten worden und bei dem fränkischen Literaturnachmittag vorgestellt. Die Leute sollen einfach wissen, dass ein Büchlein vorhanden ist. Fünf Euro soll es kosten und wird auch in verschiedenen Geschäften oder am Gräfenberger Weihnachtsmarkt erhältlich sein. Natürlich wird der Leseabend mit Konrad Kunzmann vom Kulturverein kein reiner Sprachunterricht "Fränkisch - Deutsch." Kunzmann geht vor allem auch auf das geschriebene und gesprochene Fränkisch ein, erklärt die Sache mit dem "b" und "p" oder dem "d und t". Aber er zeigt auch auf, wo die Grenze des Fränkischen, wie es die Gräfenberger sprechen, verläuft: Die Schwabach ist die Dialektgrenze, meint Kunzmann und Manfred Schwab vom Kulturverein erinnert an einen Vortrag von Fritz Gundelfinger in Gräfenberg. Gerade das Gräfenberger Fränkisch ist etwas Besonderes, verläuft doch die Sprachgrenze quer durch das Gebiet. Die einen orientierten das Fränkisch an dem Nürnberger Dialekt, die anderen an dem Oberpfälzisch - Böhmischen. "Die Kuh gibt keine Ruh, weil ihr Fuß blutet, sollte bei dem Vortrag ins Fränkische übersetzt werden", so Kunzmann. Von einem Gräfenberger, einer Egloffsteinerin und einer aus dem Böhmischen stammenden Igensdorferin. Das Gräfenberger Fränkisch ist vom Böhmischen beeinflusst, staunte auch Kunzmann, der an seinem Nachmittag auch die Aussprache nicht unerwähnt lässt. Vor allem das markante fränkische "L". Es gibt zwei Arten von dem L, wie in dem Wort "Löffel" deutlich wird. Das erste L bleibt am Daumen kleben, wie im Hochdeutschen. Das L am Ende des Wortes stößt an der Oberlippe an, schiebt das Wort quasi aus dem Mund heraus. "Man kann den Dialekt nicht verleugnen und sollte es auch nicht", betont Kunzmann.
Auch wenn der Dialekt manchmal widersprüchlich ist. "Gehi weider, hogg di nu erweng her", ist die Aufforderung noch ein wenig zu bleiben. Eine Aufforderung, die am Sonntag niemand braucht, denn schon die drei "Jogerwörter" zeigen dem Preußen, wie redegewandt der Franke ist: "Soch amoll den Ding, er soll seij Woer wechdou, weil mich des Zeich irrd". Der Franke hat mit "Ding, Zeich und Woer" immer das passende Wort parat, weiß Kunzmann.