Stress vertreibt heimische Bäume
Autor: Ekkehard Roepert
Forchheim, Dienstag, 26. Sept. 2017
Forchheimer Grün-Experten streiten um die richtige Pflanzstrategie.
In ein paar Jahrzehnten werde die Esche aus dem Forchheimer Stadtbild verschwunden sein, ist Axel Schauder überzeugt. Aus Sicht des promovierten Agrarwissenschaftlers zeigt sich an der Esche auf dramatische Weise, was für viele Bäume der Stadt gelte: "Zunehmend wärmer und trockner werdende Sommer, das Salz im Winter und neu eingewanderte Schädlinge stressen Forchheims Stadtbäume."
Axel Schauder engagiert sich als stellvertretender Vorsitzender beim Bund Naturschutz und sitzt im Beirat für Umwelt und Natur (BUN). Bei einem Stadtspaziergang zeigt er Bäume, die vom Eschentrieb-Sterben gezeichnet sind. Etwa in der Äußeren Nürnberger Straße. Es fehlten Perspektiven für den "Beschattungs- und Klima-Effekt", sagt Schauder: "Die Stressfaktoren für die Bäume müssen reduziert werden. Das beginnt mit dem Zeitpunkt der Pflanzung." In Forchheim werde immer wieder "zu Unzeiten" gepflanzt. Und zwar dann, wenn der "Baufortschritt" eines Projektes (etwa beim BRK-Zentrum) danach verlange - unabhängig davon, ob der Zeitpunkt für den Baum günstig sei. Auch kritisiert Schauder das kleinteilige "Architektengrün" und fordert mehr großkronige Bäume.
Pacific Sunset
Gärtnermeister Andreas Geck (bei der Stadt für die Baumpflege zuständig) beschreibt die städtische Strategie so: "Wir pflanzen selten bis nie einen Baum, weil wir ihn so wollen. Der Standort ist wichtiger als der Baum." Daher hätten Walter Mirschberger (Chef des Grünbetriebs), Herbert Fuchs (Leiter des Gartenamtes) und er beschlossen, sich an dem Projekt "Stadtgrün 21" zu orientieren, sagt Andreas Geck. Dieses Forschungsprojekt der Gemeinde Veitshöchheim beschäftigt sich mit "Selektion, Anzucht und Verwendung von Gehölzen unter sich ändernden klimatischen Bedingungen". Immer wieder gebe es Treffen mit den Veitshöchheimer Grünspezialisten, erzählt Andreas Geck. "Die Leitfrage dabei ist: Welche Erfahrung gibt es mit welchen Baumarten an welchen Standorten." In der Bayreuther Straße etwa habe das Gartenamt 18 Bäume (Bergahorne zumeist) durch Spitzahorne ersetzt; diese Kreuzungen der Sorte "Pacific Sunset" gelten als besonders widerstandsfähig.
An das Verschwinden der Esche glaubt Andreas Geck so wenig wie Stadtbiologin Rotraud Krüger. "Nicht jede Krankheit rottet gleich eine ganze Art aus", sagt Krüger. Und Geck sagt: "Sie spielt eine Rolle, aber sie wird weniger." Die Esche sei ein wenig empfindliches Pioniergehölz (das heißt, sie kommt wie die Birke, alleine hoch), sagt der Gärtnermeister: Daher seien etwa in der Hans-Böckler-Straße drei Eschen gepflanzt worden.
Aber es fehlten "Vorgaben für mehr Grün", meint Axel Schauder: "Die Sommer werden heißer, die Winter feuchter. Für die Leute, die in 30 Jahren in Forchheim leben wollen, sollte jetzt mehr gepflanzt werden."
Das Stadtentwicklungskonzept (Isek) fasse die Baumplanung "nicht so scharf", wie sich das der BUN wünsche, kritisiert Schauder. In neuen Baugebieten (etwa auf dem alten Hallenbad-Gelände) vermisse er Bäume.
"Ich würde nicht sagen, dass es in Forchheim an Grün mangelt", widerspricht Andreas Geck. Vor allem sei der Baumbestand "bunt gemischt" - während andere Städte "von einem Baum geprägt" würden, etwa Nürnberg von der Eiche. Seit 2006 sei in Forchheim viel passiert, betont Geck. Er verweist beispielhaft auf die Ulmen-Pflanzung in der von-Brun-Straße; auf die neuen Baumscheiben in der Egloffsteinstraße; auf die neuen Eisenholzbäume in der Birkenfelder Straße...
Doch BUN-Rat Schauder befürchtet, alte Fehler könnten sich wiederholen. "Auf dem Rewe-Parkplatz in Reuth zum Beispiel. Da wurden die Bäume abgehackt, jetzt ist die Fläche heiß." So etwas müsste über die Bebauungspläne verhindert werden.
Die Mittel dazu gibt es seit über 15 Jahren, betont Bauamtschef René Franz: "Ein Bebauungsplan besteht aus zwei Plänen, nämlich dem Bauleitplan und dem Grünordnungsplan. Beide Pläne treffen Festsetzungen, die mit Satzungsbeschluss des Stadtrates Gesetzescharakter haben und eingehalten werden müssen." Daher, so Franz, könne "sowohl die Anzahl, aber auch Art ganz bestimmter klimaangepasster Pflanzen und Bäume festgesetzt werden". Sogar der Stammumfang der Bäume, der regelt in welchem Entwicklungsstadium (mit entsprechender Krone) ein Baum sein soll, wenn er eingepflanzt wird, könne festgesetzt werden.