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Stirbt die Kittelschürze aus?


Autor: Pauline Lindner

Ebermannstadt, Sonntag, 12. Januar 2014

Im ländlichen Raum sind Kittelschürzen in uni sowie im Blümchendessin Kult bei etwas reiferen Damen. Teilt dieses Kulturgut das Schicksal der fränkischen Tracht? Eine nicht ganz bierernst zu nehmende Spurensuche.
Cäcilie Winkler (rechts) zeigt Sabine Schuster eine Auswahl an Schürzen.  Foto: Pauline Lindner


Im Online-Lexikon "Was-war-wann" zur Bekleidungseschichte der DDR wird unter dem Stichwort "Bekleidung der 60er Jahre" als ganz besonders typisch die Kittelschürze aufgeführt. Sie trugen Frauen in Betrieben und zur Hausarbeit. Fast entschuldigend fügt der Autor an, das Kleidungsstück sei viel älter, es stamme sogar aus den USA.
Nach dem Ersten Weltkrieg ist die Kittelschürze unter dem Namen Hooverette aufgekommen und hatte einen Schnitt mit einem Vorderteil zum Wickeln. Somit hatte man zwei "Flügel" und wenn der erste verschmutzt war, wickelte frau die Schürze einfach andersrum und hatte wieder eine saubere Vorderfront.
Moment, wieso nur DDR oder USA? Auch in Franken ist das praktische Kleidungsstück en vogue. Da heißt es "der Schörzer". Das bestätigt Sabine Schuster, Posthalterin in Ebermannstadt und in ihrer Freizeit leidenschaftliche Köchin und Kuchenbäckerin. "Da trage ich eine Schürze.

Denn man kann nie vermeiden, dass Fett spritzt", erklärt sie. Und auch, dass eben Fettflecken aus manchen Geweben nicht mehr herauszuwaschen sind. "Eine Spur bleibt, und es ist doch schade um ein schönes Kleidungsstück."

Nackt ohne Schörzer

Leicht hat es eine Frau nicht, wenn sie eine neue Schürze kaufen will. In einen Ableger einer Textilladenkette braucht sie gar nicht zu gehen. Die führen sowas nicht in der aktuellen Kollektion. Ins Trachtenmodengeschäft? Zum Dirndl gehört doch eine Schürze! Aber eben keine Kittelschürze, die ein Kleid ersetzt.
Schuster hat es da einfacher. Die Postfiliale ist im Textgeschäft Winkler untergebracht. Und das führt noch Schürzen aller Art. "Wir haben eine ganze Reihe von Stammkunden, die froh sind, dass wir auch noch Kittelschürzen führen", sagt denn auch Inhaberin Cäcilie Winkler. "Diese Stammkundinnen fühlen sich nackt ohne Kittelschürze", versucht sie das Verhältnis der traditionellen Schürzenträgerin zu dem Kleidungsstück zu beschreiben. Ein Stück Schürzengeschichte kann Winkler aus eigener Erinnerung rekapitulieren.

Modellvielfalt

Da war die Mantelschürze, die durchaus ein Kleid ersetzte. Und eine Edelvariante ohne Verschluss auf der Vorderseite. Das so genannte Sonnenkleid ließ sich im Ausschnitt durch ein Bändel zusammenziehen. Örtliche Feste, das weiß Winkler noch ganz genau, ließen regelmäßig den Schürzenumsatz ansteigen. Denn die freiwilligen Helferinnen suchten nach einem passenden Outfit.
"Wissen Sie was Dederon ist?", plaudert Winkler weiter. "So hieß in der DDR ein Stoff, aus dem wie hier aus Perlon Schürzen gefertigt wurden. Er war nur weicher und dünner." Nach der Wende war Winkler öfters in der DDR. "Diese Schürzen, meist geblümt und passend paspeliert, haben alle Frauen getragen, junge wie alte" erinnert sie sich noch.
Derweilen hat sie für Schuster schon eine Auswahl an Schürzen vom Ständer genommen: eine gelbdominierte Halbschürze mit einem Muster aus Zitronen und Oliven. Es spricht Schuster an, aber sie verwirft die Schürze dennoch: "Sie schützt beim Kochen nicht vor Fettspritzern." Ein Klassiker mit Latz, mit einem netten Blümchenmuster? Schon eher.
Dann aber entscheidet sie sich ganz konservativ für eine weiße Kittelschürze mit einer rot-blauen Paspelierung. "Die sieht fast wie die Dienstkleidung von Köchen aus", meint die Verkäuferin und dürfte damit Schusters Auswahlkriterium herausgefunden haben.