Druckartikel: Stellwerker senden Signale des Abschieds

Stellwerker senden Signale des Abschieds


Autor: Ekkehard Roepert

Forchheim, Mittwoch, 23. August 2017

Ab sofort hat das Stellwerk Forchheim keine Bedeutung mehr für den Zug-Verkehr. Am Mittwoch endete der Betrieb nach 27 Jahren.
Karl Heinz Welker (sitzend) hat am Montag an diesem Schaltpult seine letzte Schicht im Stellwerk Forchheim bewältigt. Gestern feierte er mit seinen Kollegen Jürgen Fronhöfer, Dominic Reh und Hans-Jürgen Unglaub (von links) Abschied vom alten Arbeitsplatz.  Foto: Ekkehard Roepert


Am Montag um 5.30 Uhr war Karl Heinz Welker zum Heulen zumute. Es war seine letzte Schicht. Zweiundzwanzigeinhalb Jahre hat der 59-jährige Forchheimer in dem roten Ziegelsteinhaus am Bahnhof gearbeitet. Seine Verbundenheit mit diesem Arbeitsplatz - das könne sich niemand vorstellen, erzählte der Stellwerker am Mittwoch: "Ich hab hier mehr Zeit verbracht als in meinem eigenen Wohnzimmer."


Trauer und Stolz

Nostalgisch gestimmt war nicht nur Karl Heinz Welker. "Die Stellwerker sind wie eine Familie. Wir sind traurig und zugleich stolz auf das Erlebte", sagte Klaus Obst (Betriebsrat DB Netze). Obst hatte am Mittwoch 35 Kollegen eingeladen, die im oder mit dem Stellwerk zu tun hatten. Und fast alle waren sie gekommen.

Auch der 87-jährige ehemalige Signaltechniker Johann Winkler. 1990 war er für die Inbetriebnahme des Forchheimer Werkes verantwortlich gewesen. Winkler deutete an, dass solche Veränderungen, wie sie jetzt Forchheim ereilen, unvermeidlich sind: "Ich habe 22 Jahre auf der Würzburger Strecke gearbeitet. Alles, was damals gebaut wurde, ist jetzt weg."


Lernen am Forchheimer Bahnhof

Abgebaut wird das Forchheimer Stellwerk zwar nicht, aber es wird nur noch für die Ausbildung als Lehr-Stellwerker genutzt werden. "Das Werk macht zu, weil es durch eine Technik ersetzt wird, die die Leistungsfähigkeit der künftigen Strecke abbildet", erläuterte Michael Kredel (Leiter Regionalnetz Franken und Bayernwald). Auch der 60-jährige Kredel war zum Abschied etwas nachdenklich gestimmt: In Forchheim habe er ab 1990 die ersten Stellwerker ausgebildet. In Forchheim sei nun nach der Schließung "von der damaligen Dienststelle Bahnhof Forchheim nichts mehr übrig", bedauert Michael Kredel, der selbst aus Forchheim stammt.

Eigentlich seien 27 Jahre für ein Stellwerk "kein Alter", sagte Wolfgang Merz (DB-Bezirksleiter Betrieb). Aber so sei es nun mal: "Auch die Stellwerk-Technik entwickelt sich weiter - und es gibt eine modernere und sicherere Technik."

Aus den Gesprächen während der Abschiedsfeier war herauszuhören: Wer als Stellwerker in der Glaskanzel über den Gleisen am Bahnhof arbeitet, sollte neben technischem Wissen vor allem zwei Eigenschaften mitbringen; eine hohe Konzentrationsfähigkeit und die Fähigkeit, Einsamkeit auszuhalten. Denn während einer Acht-Stunden-Schicht sitzt jeder alleine für sich vor dem Schaltpult und trifft die Entscheidungen über die Fahrwege der Züge. "Die Kunst des Stellwerkers zeigt sich vor allem, wenn an einem Bahnhof Bauarbeiten anstehen", erklärte Wolfgang Merz.

Jürgen Fronhöfer wird dieser Kunst künftig in Fürth nachgehen. Der 24-jährige war eineinhalb Jahre im Forchheimer Werk tätig. "Schon schade, dass Schluss ist", bedauerte er. Und klang dann auch zuversichtlich: "Aber die neue Technik hat auch was für sich."