Status in Gefahr? Gräfenberg will eine Stadt bleiben
Autor: Petra Malbrich
Gräfenberg, Mittwoch, 27. Januar 2016
Seit einigen Jahren stagniert Gräfenbergs Einwohnerzahl. Ebenso besorgniserregend sind die zahlreichen leeren Schaufenster im Ortskern. Steht deshalb möglicherweise sogar Gräfenbergs Status als Stadt auf der Kippe?
Zwei Elektrogeschäfte und ein Möbelgeschäft haben in Gräfenberg im vergangen Jahr geschlossen. Gab es in der kleinen Bergstadt noch vor Jahren eine Drogerie, ein Bekleidungshaus, ein Café, das Hotel und andere Läden, sind jetzt nur noch viele leere Schaufenster übrig. Selbst bei der Zahl der Einwohner haben ländliche Gemeinden die Stadt längst überholt.
Droht Gräfenberg nun sogar die Stadtrechte zu verlieren? Und werden starke Gemeinden ihrerseits den Stadtstatus beantragen?
Regionale Verwaltung
"Es gibt keine gesetzlichen Möglichkeit, die Stadtrechte abzuerkennen", informiert Maximilian Sebald von der Pressestelle des Landratsamts Forchheim. Das sei historisch bedingt. Was einmal verliehen worden sei, könne nicht mehr genommen werden. Im Jahr 1371 wurde Gräfenberg von König Karl IV das Stadtrecht verliehen. Seit 1333 hatte die Patrizierfamilie Haller die Herrschaft über den Ort, den im 16. Jahrhundert die Reichsstadt Nürnberg erwarb. Damals hatte Gräfenberg noch eine stärkere Bedeutung in der Region. Der Gerichtsstand war in Gräfenberg und die regionale Verwaltung. "Mit dem Stadtrecht hatte Gräfenberg die Berechtigung, die Ortschaft mit Stadttoren zu befestigen und Wegezölle zu erheben", erklärt Bürgermeister Hans-Jürgen Nekolla (SPD). Die Bedeutung Gräfenbergs ist mit den Jahren geschwunden.
Inzwischen gibt es etliche Gemeinden im Landkreis, die wesentlich mehr Einwohner zählen als die Stadt. Gößweinstein, Igensdorf, Eggolsheim und Neunkirchen haben wesentlich mehr Einwohner als Gräfenberg.
Neunkirchen (7924 Bürger) zählt sogar mehr Einwohner als die Stadt Ebermannstadt mit 6931 Einwohnern. "Die Einwohnerzahl ist nicht alles", sagt dagegen Bürgermeister Nekolla. In vielerlei Hinsicht habe Gräfenberg Einrichtungen regionaler und überregionaler Art. Nekolla nennt in diesem Zusammenhang weiterführende Schulen, das Bankenzentrum, das Bad und die Bahn.
Wirtschaftliche Verhältnisse
Tatsächlich müssen drei Kriterien erfüllt sein, um heute den Status Stadt zu erhalten. Einer davon ist die Einwohnerzahl. Einen festen Richtwert gibt es nicht, erläutert Sebald. Selbst mit 10.000 Einwohnern ist der Stadtstatus also kein Automatismus. Die Siedlungsform ist in diesem Kontext ebenfalls maßgebend. Es kommt auf eine städtische Bebauung, also eine zusammenhängende Bebauung mit größeren Gebäuden, an.
Öffentliche Einrichtungen, ein gut ausgebautes Straßennetz und Industrieansiedlung sind ebenfalls von Belang. Das dritte Kriterium sind die wirtschaftlichen Verhältnisse. Es sind Kriterien, die viele mittelalterlichen Städte heute nicht mehr erfüllen. "Das Stadtrecht verleiht keine besonderen Rechte oder Pflichten", sagt Maximilian Sebald. Sehr wohl aber gibt es wahrscheinlich so etwas wie einen immateriellen Vorteil: die Wirkung noch außen. Die Bezeichnung "Stadt" führt Assoziationen mit Größe und Bedeutung mit sich. Auf der anderen Seite macht es schon einen Unterschied, ob man nur die Bezeichnung Gemeinde oder Marktgemeinde führt. "Das Marktrecht verleiht das Recht, Märkte abzuhalten", erklärt Igensdorfs Bürgermeister Wolfgang Rast (IU).
1980 bekam Igensdorf das Marktrecht verliehen. Mit dem Zentrum des größten zusammenhängenden Süßkirschen-Anbaugebietes Europas wurde damals die zentralörtliche Bedeutung des Ortes herausgestellt, um dann mit Müh' und Not das Marktrecht zu erhalten. Für das Stadtrecht sieht Rast keine Chance, obwohl Igensdorf wächst. Um die Nachfrage zu bedienen, werden Äcker zum Baugebiet.
Auch der Eggolsheimer Bürgermeister Claus Schwarzmann (BB) muss schmunzeln. Den Status als Stadt werde Eggolsheim sicher nicht beantragen. Es gebe ja nicht einmal einen Standort für weiterführende Schulen. "Es ist bekannt, dass die Stadt- und Marktrechte aus dem Mittelalter heute keine Bedeutung mehr haben", bleibt Schwarzmann gelassen. Er konzentriere sich daher lieber auf die Attraktivität und innere Entwicklung der Orte.
Darauf hat auch Gräfenbergs Stadtoberhaupt das Augenmerk gelegt. Möglich wäre aber, das Stadtrecht auf eigenen Wunsch abzugeben. "So viel kann uns niemand bieten", lacht Nekolla.
Die Tore zur Stadt
Auch Neunkirchen am Brand wäre fast eine Stadt geworden. Im Jahr 1410 erhielt es das Marktrecht. Im 16. Jahrhundert begann man mit dem Bau der Wehranlage und der Stadttore. Vor allem nach dem Bauernkrieg erschlaffte das kulturelle und wirtschaftliche Leben. Der stadteähnliche Charakter war gegeben. Heute ist auch Neunkirchen von dem Status der Stadt weit entfernt - wenngleich die Gemeinde längst mehr Einwohner hat als manche historische Stadt.