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Stadt Forchheim: Ist die höhere Entschädigung für die neuen Bürgermeister angemessen?


Autor: Pauline Lindner

Forchheim, Freitag, 08. Mai 2020

In seiner konstituierenden Sitzung entfachte sich im Forchheimer Stadtrat eine Diskussion. Die neuen Summen für die OB-Stellvertretung versechsfachen die Kosten.
Der neue Bürgermeister Udo Schönfelder leistet den Amtseid. Foto: Pauline Lindner


Die Stadt Forchheim beschreitet einen neuen Weg, die Aufgaben des Oberbürgermeisters auf mehrere Schultern zu verteilen. Ein Stück weit geht das in Richtung von berufsmäßigen Stadträten, wie sie in großen Städten üblich sind. Gegen die Stimmen von FDP, Republikanern und AfD beschloss der neugewählte Stadtrat die Einsetzung von zwei Stellvertretern, Udo Schönfelder (CSU) und Annette Prechtel (FGL), die jeweils einen Ausschussvorsitz übernehmen und verantwortlich die dazu gehörigen Themenbereiche vorbereiten und voranbringen sollen.

Bankkaufmann Schönfelder übernimmt den Finanzausschuss mit dem Themenbereich Haushalt und zudem den Bereich Annafest. Prechtel wird künftig den Haupt-, Personal- und Kulturausschuss leiten, hat sie sich doch auch im Wahlkampf für die Themen Kultur, Klimaschutz und Umwelt positioniert.

Novum in Kommunalverwaltung

Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) überträgt dazu "originär" die Aufgaben. Seine beiden Stellvertreter sollen "selbstständig auf die Verwaltung zugehen" und die Sitzungsthemen bestimmen. Er setzt darauf, dass die neuartige Aufgabenteilung - "ein Novum in der bayerischen Kommunalverwaltung - gegen das Liegenbleiben von Themen helfe und Dinge schneller voranbringe.

Reiner Büttner (SPD) sieht die Änderung als Chance für einen Neuanfang, waren ja manche Sitzungen der letzten Periode auf Konfrontation ausgerichtet. "Der Königsweg ist der Kompromiss, auch um Vertrauen aufzubauen", warb er. Manfred Mauser (FBF) setzt auf eine breiterer politische Basis, während Republikaner Franz Noffke das Sparen anmahnte. In dieselbe Kerbe haute auch Sebastian Körber (FDP): Er stieß sich an der Höhe der Entschädigung, aber auch an der Kompetenzverteilung. Zudem gebe es bayernweit keine vergleichbare Lösung.

Vehementer Fürsprecher

Besonders vehement sprach sich Manfred Hümmer (FW) für das neue Modell aus, auch unter dem Aspekt, dass es in früheren Jahrzehnten immer zwei Bürgermeisterstellvertreter gegeben habe. Er bat ausdrücklich um einen Vertrauensvorschuss, denn das neue Konstrukt sorgt nach seiner Auffassung für mehr Transparenz und lebendige Diskussionen.

Die beiden Stellvertreter werden für ihre zusätzlichen Aufgaben - über die Abwesenheitsvertretung des Oberbürgermeisters hinaus - analog zur Besoldungsgruppe A16 für jeweils 16 Wochenstunden entlohnt. Das sind rund 2500 Euro brutto. Ein voller Vertretungstag wird mit 190 Euro entschädigt.

Hümmer verteidigte die Vorlage der Verwaltung: Die Summe sei angemessen, denn 16 Arbeitsstunden als Bürgermeister könnten nicht einfach auf die normale Berufstätigkeit draufgesattelt werden. Nach dem Arbeitsschutzgesetz, so Kirschstein, seien 48 Wochenstunden das Maximum. Dementsprechend müssten seine Stellvertreter im Hauptberuf zurückfahren.

Begriff des Ehrenbeamten

Dagegen stellte Körber den Begriff des Ehrenbeamten, der zwar eine Entschädigung für Mehraufwendungen erhalte, aber nicht als Teil zu seinen Lebensunterhalt -so wie Bürgermeister Franz Streits (CSU) bisherige Tätigkeit mit 800 Euro im Monat vergütet wurde. Die neuen Summen versechsfachen die Kosten für die OB-Stellvertretung. Von 9600 Euro im Jahr stiegen die Ausgaben auf 60.000 Euro an. Körber beantragte deshalb, die Entschädigung für den ersten Stellvertreter auf 2000 Euro und die des zweiten auf 1000 Euro festzusetzen.

Dem hielt Kirschstein entgegen, Streits Tätigkeitsbereich wäre nicht vergleichbar, denn die neuen Stellvertreter hätten ganz andere Aufgaben. Der Gegenwert für die Stadt sei, dass man durch die "Geschwindigkeit der Arbeit" auch Geld einspare. "32 Stunden mehr Chancen für Forchheim", ergänzte Hümmer und sah vor allem den Umweltschutz mehr im Fokus. Gerhard Meixner (FGL) war es wichtig, dass die Öffentlichkeit den Beschluss kenne und auch die Kosten. Für ihn handelte es sich um eine leistungsgerechte Bezahlung. Da der weitergehende Antrag auf Entgelt für 16 Wochenstunden vom Rat gegen vier Stimmen angenommen wurde, war Körbers Antrag nicht mehr zur Abstimmung zu stellen.

Der Wahlgang

Im anschließenden Wahlgang erhielt Udo Schönfelder 35 Stimmen von 39 Stimmberechtigten und Annette Prechtel 28. Der niedrigere Wert für sie erklärt sich vermutlich daraus, dass Kirschstein nach ungültigen Stimmen bei der Abstimmung über den Vorschlag Udo Schönfelder eigens darauf hinwies, dass jedes Ratsmitglied gewählt werden könne, nicht nur die vorgeschlagenen. Im Wahlgang Prechtel gingen acht Stimmen an je einen anderen Stadtrat.

Eine neue Geschäftsordnung - sie gilt immer nur für eine Sitzungsperiode - will sich der Stadtrat erst in einigen Monaten geben. "Gründlichkeit geht hier vor Schnelligkeit", gab das altgediente Ratsmitglied Thomas Werner (CSU) mit auf den Weg. Bis dahin sollen Anregungen bei Rechtsrat Till Zimmer eingehen. Festgezurrt hat man schon die Beibehaltung eines Ferienausschusses. Atila Karabag (SPD) regte eine Verlegung des Sitzungsbeginns auf 17 Uhr an. Hümmer möchte die Behandlungsfrist von Ratsanträgen auf drei Monate fixieren.