Springerstiefel-Tritt wird für 21-Jährigen aus Ebermannstadt teuer
Autor: Josef Hofbauer
Forchheim, Montag, 03. November 2014
Ein junger Mann kommt nach einer Attacke mit Springerstiefeln auf einen 19-Jährigen mit einer Geldstrafe davon. Der Amtsrichter findet, dass der Mann für erzieherische Maßnahmen durchaus zugänglich ist.
700 Euro kostet ein Tritt mit einem Springerstiefel einem knapp 22-Jährigen aus Ebermannstadt. Er hatte im März bei einer privaten Geburtstagsfeier einen 19-Jährigen aus Weilersbach umgetreten. Außerdem forderte Amtsrichter Philipp Förtsch einen Täter-Opfer-Ausgleich, und der Angeklagte muss die Kosten des Verfahrens übernehmen.
Wer vorher wen provoziert hatte, das ließ sich bei der Verhandlung vor dem Jugend-Schöffengericht unter Vorsitz von Amtsrichter Förtsch trotz mehrerer Zeugen nicht mehr so genau nachvollziehen. Das war für die Urteilsfindung aber auch nicht ausschlaggebend. Fest steht: Zwischen dem Angeklagten, der mit Spitzbart, zwei Ohrringen und einem T-Shirt mit Totenkopf und der Aufschrift "Metal" als Anhänger dieser Musikrichtung leicht auszumachen war, und dem eher schmächtig daherkommenden 19-Jährigen muss es "Stress gegeben" haben, wie es ein Zeuge formulierte.
Feier in einer Waldhütte
"Die haben sich angerempelt, aber dann schien die Sache auch schon wieder vorbei", schilderte ein Festbesucher das Geschehen auf der Geburtstagsfeier in einer Waldhütte im Markt Wiesenttal. Nichts habe darauf hingedeutet, dass einer auf den anderen losgehen würde. Selbst als der Angeklagte auf den Jüngeren zuging, habe niemand damit gerechnet, dass er dem Jüngeren einen Tritt mit dem Springerstiefel verpassen würde, sagt ein Zeuge aus. Auch das Opfer schien von dem Angriff überrascht. Der junge Mann kippte mitsamt dem Campingstuhl, in dem er gesessen hatte, nach hinten um. "Aber er ist gleich wieder aufgestanden", bezeugten die vom Gericht geladenen Teilnehmer der Geburtstagsfeier.
"Es war also nicht die Blutgrätsche", übersetzte Amtsrichter Philipp Förtsch. "Keinesfalls", betonte der Angeklagte, "denn wenn ich mit voller Wucht zugetreten hätte, wären die Verletzungen wesentlich schwerwiegender ausgefallen."
Dies schilderten auch die Zeugen so, wenngleich die Aussagen voneinander abwichen. Einer der Zeugen will gesehen haben, dass der Angeklagte sein Opfer in die Brust getreten hatte, während eine anderer, der nach eigenem Bekunden "weder mit dem Täter noch mit dem Opfer etwas am Hut" habe, bestätigte, dass der Tritt das Opfer im Gesicht und am Kinn getroffen habe.
In diesem Sinne korrigierte Staatsanwältin Antje Raschka die Anklageschrift, in der von einer Schürfwunde am Knie die Rede war. "Kann ja gar nicht sein, es muss Kinn heißen", bat Raschka den Amtsrichter um eine Abänderung. Dafür sprachen auch die Beweisfotos, die das Opfer von der Polizei noch am gleichen Abend machen ließ.
Der Stiefel habe den 19-Jährigen ganz offensichtlich am Kinn und in der rechten Gesichtshälfte getroffen, stellte Jugendrichter Philipp Förtsch fest. Auch wenn dies nicht die Absicht des Angreifers gewesen sei, müsse die Attacke als gefährliche Körperverletzung gewertet werden. Immerhin seien die Springerstiefel mit Eisenabsätzen verstärkt, was sie zu einer gefährlichen Waffe werden ließen, so Förtsch.
Gleichwohl sah er auch mildernde Umstände. Selbst Staatsanwältin Antje Raschka fand nach der Zeugenanhörung: "Der Tritt war einfach ein dämliches Verhalten." Man könne hier nicht von einer großartigen kriminellen Handlung reden, pflichtete Verteidigerin Paula Nagengast bei.
Amtsrichter Förtsch fand, dass der Angreifer erzieherischen Maßnahmen zugänglich sei und sah von einem Jugendarrest ab. Auch die Sozialprognose, die den Angeklagten als freundlich, höflich und pflichtbewusst beschrieben hatte, wirkte sich strafmildernd aus.