Was das Plüschtier genau darstellt, spielt keine Rolle und ist seinen Schöpfern auch egal. Die zwölf Besitzer haben mit Paul aber nicht nur Unfug im Sinn.
Im Derby der Fußball-Kreisklasse 2 ER/PEG zwischen Pinzberg und Kersbach siegten die Gäste klar und bringen die Hausherren fünf Spieltage vor Ende in die Bredouille. Das 0:4 beim inFranken-Kick hätte für Pinzberg aber noch drastischer ausfallen können, lediglich der Luxus vieler leichtfertig vergebener Chancen der personell gebeutelten Kersbacher verhinderte ein Debakel.
Der Kersbacher Routinier Udo Freund ist einer der verletzungsbedingten Ausfälle, die den Kader von Spielertrainer Lutz Reinhold auf nur noch zwölf gesunde Spieler haben schrumpfen lassen. Er setzte sich in Pinzberg der Personalnot geschuldet auf die Bank - war aber froh, dass ihm der 15 Jahre ältere Jürgen Kraft als Einwechselspieler vorgezogen wurde.
Am Annafest fing alles an
Mit elf Weggefährten ist Freund seit knapp zwei Jahren in einer Mission unterwegs, die am Annafest ihre Geburtsstunde hatte. Sie sind Patenonkel einer fiktiven Figur, die von ihren geistigen Schöpfern "Paul der Gaul" getauft wurde und im Kellerwald in einer Bierlaune entstanden ist. Seitdem steht das erfundene Leben des rosafarbenen Stofftiers kaum mehr still. Mit seinen Onkeln, die sich hauptsächlich aus Kickern von Reinholds Heimatverein Willersdorf und Spielern seines jetzigen Teams rekrutieren, bereiste "Paul" schon halb Europa und durchlebte einige Abenteuer.
Dass mit feierwütigen Fußballern manchmal der sprichwörtliche Gaul durchgeht, ist den mit pinkfarbenen T-Shirts auf Tour gehenden Spaßvögeln egal, sie bekennen freiwillig, "vielleicht einen kleinen Treffer zu viel an der Klatsche zu haben". Der Spaß kommt also im Umfeld des Gauls nicht
zu kurz, dennoch bringt die inzwischen enorme Bekanntheit "Pauls", der sogar eine Facebook-Seite hat, seine Erfinder in die Lage, Gutes zu tun.
Wie sahen Sie den 4:0-Sieg Ihrer Mannschaft von der Bank aus?
Udo Freund: Ich war relativ entspannt, da man nach der Anfangsviertelstunde schon ahnen konnte, dass wir gewinnen. Dass es allerdings so leicht werden würde, habe ich nicht erwartet, denn es hätte ja sogar doppelt so hoch ausgehen können. Eigentlich hatte ich mehr Gegenwehr erwartet, zumindest, dass Pinzberg mehr Leidenschaft und Kampf zeigt. So war es ein gerechtes Ergebnis und der Gegner war mit drei Aluminiumtreffern und vielen Chancen gut bedient.
Sie saßen nach einem halben Jahr erstmals auf der Bank, kamen aber nicht zum Einsatz.
Wieso?
Udo Freund: Mein Name stand nur für den Notfall auf dem Bogen und mir war es so lieber. Denn ich bin nach meiner Schlüsselbeinfraktur noch nicht lange im Training. Wir sind froh, dass wir jetzt 33 Punkte haben, das sollte eigentlich zum Klassenerhalt reichen, denn unsere Spielerdecke wurde zuletzt immer dünner. Wenn mit Jürgen Kraft ein 47-Jähriger zum Einsatz kommt, spricht das für sich, wobei er seine Aufgabe prima erledigt hat. Der Personalplan für nächste Saison sieht wieder besser aus.
Wie und wann entstand die fiktive Kunstfigur "Paul der Gaul"?
Benedikt Weißmeier: Der Auftakt-Freitag zum Annafest 2014 war die Geburtsstunde. Einer von uns gewann ihn an der Spicker-Bude und schenkte ihn unserem Trainer Lutz Reinhold unter dem Versprechen, das Stofftier an jedem Annafesttag mit in den Kellerwald zu nehmen.
Da am Ohr ein Sticker der Hamburger Herstellerfirma "Plüschtiere von Paul" hing, wurde das zartrosafarbene Ding auf "Paul der Gaul" getauft, obwohl es ja eigentlich ein Einhorn ist. Im Laufe des Abends wurde damit viel Blödsinn zelebriert und festgestellt, dass Paul einen "Jacky" auf ex trinken kann. Von diesem Moment an haben wir zu jeder Runde einen Schnaps zusätzlich bestellt, denn Paul war ab jetzt einer von uns.
Wie verlief Pauls weitere Kindheit?
Matthias Leisgang: Als der Lutz - im Übrigen der Freund meiner Schwester Johanna und in Forchheim bekannt wie ein bunter Hund - einige Fotos auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte, gefiel das vielen Freunden. Als er in den folgenden Tagen am Annafest mehrfach auf Paul angesprochen wurde, verschaffte er ihm einen eigenen Auftritt bei Facebook.
Pauls Seite wuchs schnell und hat inzwischen über 1200 Likes, sodass Facebook sogar anbot, sie zu übernehmen. Aber Lutz hat abgelehnt, Paul gibt es nur mit uns. Wir sind zwölf Mann im Team "PdG" und haben uns pinkfarbene T-Shirts mit dem Foto unseres Einhorns zugelegt, jeder bringt sich ein. Von da an wollten sich immer mehr Leute mit uns und Paul fotografieren lassen, vor allem Mädels stehen auf das Plüschtier.
Paul erlebte inzwischen schon das zweite Annafest. Was geschieht im restlichen Teil des Jahres um ihn?
Daniel Rille: Paul ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Egal wohin wir reisen, Paul ist dabei. Wir zeigen von allen Ausflügen Bilder auf seiner Seite, die Leute haben Spaß daran. Wir waren schon am Gardasee, auf Mallorca ging er über Bord eines Partyboots und musste aus Seenot gerettet werden.
Als ein Freund von uns beruflich nach Finnland ging, haben wir ihn mit Paul besucht. So badeten wir mit Paul in einem ar...kalten Loch in der Eisdecke, danach ging es mit dem Motorschlitten über das zugefrorene Meer. Beim Skifahren in Garmisch wurde Paul entführt und wir mussten ihn mit zehn Schnäpsen freikaufen. Paul hat zwar keinen materiellen, aber für uns hohen ideellen Wert.
Sie wollen die Popularität des Fantasiewesens zu einem guten Zweck nutzen. Was ist geplant?
Lutz Reinhold: Der erste Gedanke dazu kam uns, als im Vorjahr die Typisierungsaktionen für Mirko aus Heroldsbach liefen, für den zum Glück ein Spender gefunden wurde. Nachdem die Silvesterfeier im Willersdorfer Sportheim dank Paul ein großer Erfolg wurde, kam uns die Idee, im Sommer ein Open-Air-Konzert für einen guten Zweck zu veranstalten. Es wird am 26.
August am Willersdorfer Sportgelände mit der Baiersdorfer Stimmungsband "Die Gerchli" stattfinden. Das erwirtschaftete Geld stellen wir der Kinderkrebshilfe Erlangen zur Verfügung. Außerdem gibt es am Annafest heuer beim Schaustellerbetrieb von Marco Lützelberger, der uns unterstützt, Lebkuchen-Herzen mit dem Konterfei von Paul zu kaufen. Der Erlös fließt in die Benefiz-Aktion.
Wird Ihre Freundin nicht eifersüchtig, wenn fremde Mädels ein Selfie mit Ihnen und Paul wollen?
Lutz Reinhold: Die Mädels kommen doch alle wegen Paul und nicht wegen mir.
Johanna Leisgang (lacht): Also darüber haben wir ein klein wenig unterschiedliche Ansichten.