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Die Drei von der Funkstelle


Autor: Jochen Brosig

Ebermannstadt, Montag, 05. Sept. 2016

Wer bei Läufen startet, erlebt einiges - auch abseits der Strecke. Jochen Brosig erzählt davon in seiner FT-Kolumne. Diesmal: Das zornige Schweigen.
Die drei Moderatoren des FS-Marathons, von links : Jochen, Frank und Michael  Foto: privat


Sonntagabend. Der Querläufer steht in der Küche und kocht sein Abendessen. Rühreier. Aus dem Kochbuch "Wasser kochen leicht gemacht". Warum kocht er, werdet ihr jetzt fragen. Wo doch sonst die Läuferfrau auf seine Wünsche bei der Ernährung eingeht. Sie bekocht ihn Tag für Tag mit seinen Leibspeisen. Doch jetzt ist sie sauer. Die Läuferfrau. Es hat sich erst einmal ausgekocht. Sie spricht nicht mehr mit mir. Was war passiert?

Rückblende: Am Sonntagmorgen war die Welt noch in Ordnung. Leichten Schrittes schwebt der Querläufer in den Start-Ziel-Bereich des Fränkische-Schweiz-Marathons in Ebermannstadt. Heute nicht als Läufer, sondern als Moderator. Abklatschen mit dem Orga-Team. Michael empfängt mich am Moderatorenturm. Frank, der Spezialist für alle Skatingfragen, ist auch schon da. Das Moderatorentrio ist komplett. Für Musik sorgt unser DJ.

Die Uhr zeigt auf 8.30 Uhr.

Nervosität aller Aktiven ist spürbar. Allen voran die Handbiker, die als erstes an den Start gehen. Danach die Speedskater und die Fitnessskater. Um 8.40 Uhr schicken wir die Marathonis auf die Reise. Es läuft wie am Schnürchen. Frage, Antwort, Kommentare. Launig moderieren wir uns in Schwung. 9.10 Uhr. Es wird Zeit für den Zehn-Kilometer-Lauf. Leichte Nervosität auch bei mir. Gerne wäre ich gelassener. Leider schaffe ich es nicht, die Sache auf die leichte Schulter zu nehmen. Seit Tagen denke ich an nichts anderes mehr: Starterliste, Startnummern, Namen und Geschichten aus den Lebensläufen der Aktiven. Und nachts schrecke ich auf, weil ich glaube, jetzt habe ich den Start verschlafen.

Da ist Sebastian aus Dettelbach, in dessen Weingut es diesen perfekten Rotwein gibt. Anton, der laufende Reporter oder Rainer, der erfahrene Ultramarathonläufer. "Local hero" Alfred Schmitt aus Neunkirchen, der zum 17. Mal dabei ist. Und aus Kemmern Andreas Straßberger, der bei seinem ersten Marathon am Start ist. Lauftherapeuten, aus den USA angereiste Athleten, Zugläufer mit Geschichten und Starter aus Gößweinstein, Forchheim, Eggolsheim und, und, und. Michael kennt sowieso fast jeden persönlich, Frank erkennt jeden Skater aus einem Kilometer Entfernung an der Augenfarbe. Ein Highlight wird sicherlich Kurt Singer sein. Ob er wohl wieder im Ziel seinen legendären Kopfstand macht?

Mittlerweile ist Hochbetrieb. Auf der einen Seite, aus Richtung Streitberg, kommen die Skater. Auf der anderen Seite, aus Richtung Forchheim, laufen die Zehn-Kilometer-Aktiven ein. Michael ist im Zielbereich, um der ersten Skaterin den Blumenstrauß zu überreichen. 10 Uhr. Gleich kommt die Läuferfrau. Was sage ich über die Läuferfrau, schießt es mir durch den Kopf. Erzähle ich von ihren Erfolgen beim BLV-Cup? Oder lieber von ihrer Leistung bei der mittelfränkischen Bahnlaufmeisterschaft? Uli Knobloch kommt ins Ziel. Gemeinsam sind wir um den Wolfgangsee gelaufen. Gut geeignet wäre auch ihre persönliche Zehn-Kilometer-Bestleistung beim Alleelauf in Mettenheim, denke ich mir. Auch die Halbmarathonzeit vom Stadtlauf in Nürnberg wäre erwähnenswert. Währenddessen suche ich nach dem Namen zur Startnummer 523. "Wir begrüßen Petra Blasch im Ziel in Ebermannstadt." Auf der anderen Seite kommt eine Fünfergruppe Skater angerauscht.

Der Querläufer dreht sich um und sieht noch kurz den Rücken der Läuferfrau, die in einem Pulk im Zielbereich verschwindet. Die Moderation muss weiter gehen. Aber irgendwo tief in mir, so sang schon Peter Maffay, irgendwo tief in mir sind mir die Folgen bewusst.

Jetzt sitzt sie schweigend neben mir auf dem Sofa. Vielleicht kann ich den Abend mit einem Cappuccino wieder retten. Drückt mir die Daumen!


Run happy and smile!
Euer Querläufer