Der "Bäse" gibt den Senf dazu
Autor: Leo Hühnlein
Ebermannstadt, Montag, 23. Mai 2016
Harald Bittel hat nach seiner Fußballkarriere beim TSV Ebermannstadt andere Funktionen übernommen, eine davon spielt sich in der Bratwurstbude ab.
Im Spitzenspiel der Kreisklasse 2 ER/PEG zwischen Ebermannstadt und Wichsenstein schenkten sich beide Seiten nichts. Mit dem 2:1 überholte der TSV die Gäste und steht mit zwei Punkten mehr auf dem zweiten Platz. Eggolsheim, das heute Abend gegen Neunkirchens Reserve erneut im Einsatz ist, liegt mit Ebs punktgleich zwei Zähler hinter Spitzenreiter Hallerndorf, der spielfrei war.
Einer der seit Kindheitstagen kaum ein Spiel seines TSV Ebermannstadt verpasst hat, ist Harald "Bäse" Bittel. Allerdings hat der inzwischen 52-jährige Dentaltechniker von mancher Partie der letzten Jahre kaum etwas mitbekommen, denn er bedient die Gäste bei Heimspielen aus dem Bratwursthäuschen. Etwa seit Mitte der 90er Jahre steht das Gemäuer auf dem Tribünenplateau - von dort versorgt der von Stammgästen im Sportheim "Oberkellner" genannte Ehrenamtliche die Leute mit Bratwürsten und Getränken sowie Kaffee und Kuchen.
Hager wie ein deutscher Meister?
Den Spitznamen "Bäse" verdankt er dem ehemaligen Bundesliga- und Nationalspieler Joachim Bäse, der bis 1973 für Braunschweig 234 Spiele absolvierte und mit der Eintracht 1967 deutscher Meister wurde. Wie er in der Schulzeit zu diesem Namen kam, weiß Bittel nicht mehr genau. Vermutlich war es die ihm ähnelnde, hagere Gestalt des Braunschweigers. Wie viel haben Sie vom 2:1-Sieg gegen Wichsenstein mitbekommen?
Harald Bittel: Die gut 300 Zuschauer haben sich mit ihren Wünschen über die 90 Minuten verteilt. In manchen Partien sehe ich aber kaum etwas, weil sich unsere Stammfans um die Hütte versammeln und mir aus dem Fenster heraus die Sicht versperren. Diesmal habe ich öfters einen Blick aufs Spielfeld werfen können und freue mich für die junge Mannschaft über den späten, aber verdienten Sieg. Obwohl der Großteil noch sehr jung ist, habe ich nahezu mit jedem ein ausgesprochen herzliches Verhältnis. Das sind alles super Typen und anständige Kerle. Vielleicht klappt es ja in den letzten vier Spielen, einen der beiden Aufstiegsplätze zu ergattern. Dann würde sich nach elf Jahren in den unteren Klassen ein Kreis schließen.
Der TSV war bis vor zwei Jahrzehnten eine feste Größe im Bezirks- oder Kreisoberhaus. Was passierte dann?
Nachdem wir Ende der 80er bis weit in die 90er Jahre unsere sportlich beste Phase im Verein hatten, kam mit dem Abstieg 1997 aus der damaligen Bezirksoberliga und der Durchreichung ein Jahr später von der Bezirks- in die Kreisliga der erste Einbruch. Zwar hielten wir uns noch sieben Jahre in der Kreisliga, 2005 und 2006 rasselten wir aber ebenfalls per Doppelabstieg bis in die A-Klasse.
Die Maßnahme, wieder auf die Jugendarbeit zu setzen und keine Fremdspieler zu holen, was meist auch die Vereinskasse belastete, war die beste Entscheidung der sportlichen Führung. Binnen der vergangenen acht Jahre haben wir von den Kleinfeldteams bis zur A-Jugend eine durchgängige Struktur geschaffen, der Großteil des heutigen Kaders unserer zwei Herrenmannschaften sind die Früchte, für die wir inzwischen auch im Kreis beneidet werden. Ähnlich gut sind wir im Mädchen- und Frauenfußball aufgestellt.
Sie gehen also vom Kreisliga-Aufstieg aus?
So würde ich das nicht sagen, aber wir haben zweifellos eine gute Ausgangsposition, die ich in diesem Jahr noch gar nicht wirklich erwartet habe. Viele unserer Spieler kamen erst in den letzten beiden Jahren in den Kader und müssen noch Erfahrungen sammeln. Deshalb wären Rückschläge für mich auch Normalität, aber freilich wünsche ich mir den Aufstieg. Sollte es nicht reichen, wäre es aber auch kein Beinbruch. Dies ist eine der wichtigsten Erkenntnisse im Verein, vor allem um die Grillhütte herum, denn oft hatten wir zu wenig Geduld und dann kam bei den Anhängern wieder das alte Schwarz-Weiß-Denken zum Vorschein, alles nur gut oder nur schlecht zu sehen.
Inzwischen hat sich die Stimmung zum Positiven gewandelt, ohne gleich wieder Ansprüche zu stellen. Es macht uns alle stolz, dass wir eine spielstarke Truppe aus Eigengewächsen haben, es macht wieder Spaß, bei den Spielen zuzuschauen.
Sie gehörten einer starken Fußballergeneration beim TSV an, wiederholt sich die Geschichte?
Irgendwas mit früher zu vergleichen, ist immer schwer. Tatsächlich hatten wir wohl deshalb großen Erfolg in unserer Jugendzeit, weil wir mit dem Hans Bierfelder einen fantastischen Trainer hatten. Mit elf Jahren fing ich in der "Schüler" an und von den vier Spielzeiten in der B- und A-Jugend spielten wir dank Hans drei in der Bezirksliga. Mit den Nützel-Brüdern Stefan und Josef, Klaus "Vati" Walter oder Thomas "Paule" Reichhold, dem heutigen Moggaster Vorsitzenden, waren wir gut aufgestellt.
Damals haben wir den Hans zwar verflucht, weil er so ein harter Hund war und uns manchmal im Tiefschnee den Feuersteinberg hinauf jagte, aber nur so konnten wir unseren härtesten Konkurrenten Jahn Forchheim mit Roberto Moscati, Roland Söllner und Horst Höhn im Tor sowie Kirchehrenbach mit Kurt Finze und Bernd Marsching die Stirn bieten. Leider verloren wir die beiden Endspiele im KJR-Pokal, der Anfang der 80er noch einen viel höheren Stellenwert hatte.
Ja, die guten alten Zeiten, aber was ist geblieben?
Der Kontakt untereinander. Auch zu Hans ist er nie wirklich abgebrochen, obwohl er inzwischen in Stegaurach lebt. Vor über 35 Jahren haben wir einen Sportlerstammtisch gegründet - ein Mal im Jahr treffen wir uns zu einer Wanderung. Viele von damals sehe ich wöchentlich beim TSV, denn seit meiner aktiven Fußballerkarriere, die ich nach zwei aufeinanderfolgenden Bänderverletzungen bereits mit Anfang 20 aufgeben musste, brachte ich mich im Verein ein.
Inwiefern?
Mitte der 90er fungierte ich im Wirtschaftsausschuss und fing in der neugebauten Grillhütte an. Ab 2004 war ich zehn Jahre Schriftführer. Bei allen Veranstaltungen bin ich hinter der Theke, beim Fränkische-Schweiz-Marathon im Ausschank. Leider mussten wir unser Event "Rock im Stadion" nach drei Folgen 2007 aufgeben, für das ich mit Hermann Kirsgen, Rüdiger Beck und Alex Kohlbauer verantwortlich war. Wir hatten als Erste in der Region die Troglauer Buam im Programm, aber die Unkosten fraßen den Erfolg auf. In etwa 21 Jahren haben Udo Rakay, das Team und ich über 40 000 Bratwürste gegrillt. Deshalb darf ich meinen Senf auch dazugeben.