Sommerserie: Wie der Hundeflüsterer aus Übersee den Weg in die Fränkische fand
Autor: Stephan Großmann
Ebermannstadt, Donnerstag, 06. August 2020
In der neuen FT-Sommerserie "Zwei Stühle - eine Stunde" kommen wir mit Menschen in unserem Verbreitungsgebiet ins Gespräch - ganz zufällig. Los geht's mit Jason Jörgensen aus Ebermannstadt und der Frage, wieso in seinem Haus insgesamt 60 Beine umherlaufen.
Sie machen schon Eindruck, die beiden. Wenn Jason Jörgensen mit seiner Dogge K.C. durch die Gassen Ebermannstadts schlendert, heben sich nicht selten die Augenpaare der Menschen. Von den tätowierten Armen, dem Bandshirt und der kräftigen Gestalt des 47-Jährigen sowie der beeindruckenden Körperhöhe seiner Hündin lassen sich aber allenfalls nur noch Touristen oder andere Ortsfremde täuschen. Bei den Einheimischen scheint der gebürtige US-Amerikaner längst - vermutlich wegen seiner aufgeschlossenen Art - angekommen zu sein. Ohne zu zögern setzt er sich neben mich auf die Bank am Marktplatz und wir kommen ins Plaudern.
Weil die Corona-Pandemie die anfänglichen Erfolge seines Sprachkurses ins Stocken geraten ließ, reden wir auf englisch. Das geht super, weil Jason seinen Oststaaten-Slang erfolgreich unterdrückt und mir den einen oder anderen Grammatikfehler seiner Muttersprache verzeiht. Jason fühlt sich zu Hause in der Kleinstadt am Tor zur Fränkischen Schweiz, jeder zweite Passant winkt beim Vorbeigehen und grüßt. "Die Menschen hier sind super freundlich und die Gegend ist einfach herrlich", sagt er.
Seit einem Jahr in Ebermannstadt
Heute ist es genau ein Jahr her, dass er sich zusammen mit seiner Frau Siw in seiner neuen Wahlheimat Ebermannstadt niedergelassen hat. Geboren wurde Jason in North Carolina, lebte zeitweise in Florida und später in Phoenix, Arizona. Dort lernte er auch seine heutige Frau kennen. Die gebürtige Deutsche mit norwegischen Wurzeln hatte sich als Hundefriseurin in der Wettbewerbsszene (Showgrooming) bereits einen großen Namen gemacht hatte. Die Liebe zu den Tieren führte die beiden schließlich zusammen - und zwar nach Franken.
Jason selbst ist in der Finanzbranche aktiv, arbeitet weiterhin für eine Firma in den Vereinigten Staaten. Von Zuhause aus, sein PC ist umringt von Hundewaschbecken und Friseurutensilien. Wegen der Zeitverschiebung absolviert er Dauerspätschichten, arbeitet nicht selten bis in die Nacht hinein. Wegen des schnellen Internets sei das aber kein Problem für ihn.
Als Ausgleich des stundenlangen Sitzens genießt er seine Tiere. Jeden Tag ist Jason in und um Ebermannstadt mit ihnen anzutreffen. Insgesamt sieben Hunde und sieben Katzen betreuen er und seine Frau Siw. Während sich die 33-Jährige auch beruflich um die Vierbeiner kümmert, reißen sie Jason regelmäßig von seinen langen Arbeitstagen zurück zur Leidenschaft. Pflegeleicht sind etwa die großen Doggen, die zwar auf der einen Seite beeindruckend riesig dahertrotten."Dafür denken bei uns in der Regel die Kleinsten, dass sie der Chef sind."
Sein Herz hat er nicht nur an eine Deutsche verloren, auch die Lebensart will er nicht mehr missen. "Ich möchte nicht wieder in die USA gehen", sagt er. Dabei wirkt er ziemlich überzeugt. Wenngleich diese Haltung nicht wie eine bewusste Entscheidung gegen die Vereinigten Staaten gewesen sei, sondern eine bewusste Wahl für Oberfranken. Und zwar nicht alleine des Bieres wegen. "Aber schon auch ein kleines bisschen. Früher fanden wir Budweiser gut." Er lacht. "Heute weiß ich, was gut gebraut bedeutet."
Ob er vor einem Jahr lieber in eine der großen deutschen Metropolen gezogen wäre? München, Hamburg oder Berlin? Jason lacht wieder. "No no! Ich mag die kleinen Ortschaften lieber. Dort geht es gemütlicher zu, viel ländlicher." Das weiß er zu schätzen, nicht nur wegen seiner Tiere. Auch die Lebensart an sich sagt ihm in der oberfränkischen Provinz zu. Den im Volksmund oftmals etwas grummelig beschriebenen Franken ist er selbst nach eigener Aussage bisher noch nicht begegnet. "Ganz im Gegenteil."