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So kommt in Weigelshofen der Honig in den Willi


Autor: Nikolas Pelke

Weigelshofen, Dienstag, 05. Februar 2013

Zwei Jahre hat Georg Erlwein in Weigelshofen getüftelt, bis sein Honig-Williams perfekt war. Ohne Klumpen, aber mit dem vollem Geschmack. Über einen Mann, seine brennende Leidenschaft und handwerkliche Präzision.
Georg Erlwein Fotos: Michael Gründel


Ein Fuchs ist er schon, der Georg Erlwein. Adrett wie immer steht er in seiner Brennerei in Weigelshofen. Mit Honig vom Nachbarn will der fränkische Schnapsbrenner seinen Willi verfeinern. Wie eine Hexenküche schaut der kleine Raum in der Eggerbachstraße aus. Hier ein Reagenzglas, dort eine Apparatur, daneben die nächsten Mixtur in einem dicken Glasballon.

Georg Erlwein rückt die Brille zurecht und steck den Kopf tief in Tabellen-Bücher. Misst hier die Temperatur, überprüft da den Alkoholgehalt. Das Telefon klingelt. Schon wieder will einer einen Schnaps von ihm. Langsam wird es ihm zu bunt. Er legt den Hörer daneben und schreibt mit der Hand auf einen Zettel: "Bin in der Brennerei." Den klebt er an die Haustür und sagt ohne Zorn: "So! Jetzt haben wir erstmal unsere Ruhe."

Konzentration und Ruhe sind für Georg Erlwein das Wichtigste beim Kreieren seiner hochprozentigen Wässerchen. Ein Kilo Bienensaft ist die Grundlage für das anspruchsvolle Gebräu. Ohne Schnaps kommt der Honig niemals in den Willi. "Die Birnen sind aus eigenem Anbau. Das ist ganz wichtig. Wir haben hier ein doppelt gebranntes Williams-Destillat", erzählt der Meister der feinen Geiste und zeigt auf den Bottich mit dem Hochprozentigen. 85 Umdrehungen hat das Destillat. Erlwein, der Fachmann, sagt natürlich Volumenalkoholgehalt dazu.

Präzision gehört zu seinem Handwerk. Eigentlich waren die Landwirtschaftsmaschinen sein Metier. "Auf der Landwirtschaftsschule habe ich Mechaniker gelernt." Aber vom Opa habe er sich als Bub schon so viel abgeschaut. Quasi Vorbestimmung. Schule hin oder her. Die feine Nase und den kritischen Gaumen hat er zum Glück auch vom Opa geerbt. "Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht", sagt Erlwein, der 30 Jahre als Oberbrennmeister einen bekannten fränkischen Bitter gebraut hat. Damit prahlt er aber nicht. Sowieso nicht seine Sache.


Das richtige Blut zum Brennen

Erlwein scheint das Brennen einfach im Blut zu haben. Er weiß, wie man den Mittel- vom Vor- und Nachlauf sauber trennt. "Die Temperatur ist ganz wichtig." Aber ohne Gefühl in den Fingerspitzen geht es eben auch nicht. Quasi Zusammenspiel. Alte Tradition und moderne Präzision.

Alkohol siedet schon bei 78,3 Grad. "Mein Vorlauf läuft aber schon bei 75,3 Grad an." Denn Vorlauf reibt sich Herr Erlwein höchstens auf die Schenkel. Hinter die Binde kommt nur der reinste Mittellauf. Umso besser der Schnapsmeister diesen Mittellauf über das Geistrohr, durch den der Alkohol flüchtet, einfängt, desto besser schmeckt das Zeug später.

Aber zurück zum Honig. Der soll schließlich in die Flasche. Mitgebrannt wird der nicht. Erhitzt auch nicht. Edmund Hutzler, der Nachbar, liefert den Honig extra flüssig. "Der Honig darf auf keinen Fall cremig sein", sagt Herr Erlwein bestimmt. Sonst bekomme er riesige Probleme. Die Zuckerkristalle müssen noch frei im Honig schwimmen, dürfen sich aber nicht lösen. Sonst ganz große Verklumpungsgefahr. "Zwei Jahre habe ich daran rumgetüftelt, wie ich den Honiggeschmack am besten ins Glas bekomme."


Ohne Ruf, immer schlecht

Schließlich soll sein Honig-Willi nicht nur schmecken, sondern auch elegant ausschauen. Das Auge trinkt schließlich auch mit. Schlieren im Schnaps? Undenkbar in Weigelshofen. Sein Opa hätte schließlich seinen Schnaps früher höchstpersönlich bis in den Frankenwald geschleppt. Zu Fuß. Sowas verpflichtet noch heute zur erstklassigen Qualität. Weil einmal Ruf weg, immer schlecht. Schließlich verkaufen die Erlweins traditionell nur an Privatleute. Also an Privatmänner, die einen guten Tropfen zu würdigen wissen. Ketzerisch könnte man meinen, der Erlwein gibt dem Honig nur zu dem Willi, damit auch Privatfrauen vorbeikommen. Weil ein bisschen süßer als der klassische Willi ist er schon; der Honig-Williams. Aber gereizt hat es ihn nicht nur deswegen. Das ist eher so eine brennerische Herausforderung, den Honig in den Willi zu bekommen. Wie sein Whiskey, der im Eck ungestört vor sich hinreift. Hat er früher schon mit dem Opa gemacht. Schnaps aus Korn. Nur halt klar und ohne die neumodische Färbung aus dem Fass. Beweisen muss Georg Erlwein keinem, dass er auch einen Whiskey brennen kann. "Der ist in drei Jahren fertig. Pünktlich zu meinem 70. Geburtstag." Weil quasi Berühmtheit in der Szene.

Markus Raupach und Bastian Böttner loben den Erlwein Georg in ihrer Schnaps-Bibel ("Frankens Brennereien und Destillerien") über den grünen Klee. Nicht nur den Schnaps, auch den Menschen. "Bei der Wahl zum sympathischsten Brenner wäre Georg Erlwein sicher in der Endauswahl", schreiben die beiden Autoren.

Doch zurück zum Honig. Den Bienensaft muss er erst an den Alkohol gewöhnen, damit sich beide geschmacklich vertragen. Dafür muss er den Honig mit Wasser vorsichtig verflüssigen. "Derzeit kann ich - ohne das etwas schief geht - zehn Liter Honigwasser auf einmal herstellen." Mit Liebe, Geduld, Präzision und Gelassenheit erwischt Erlwein genau die richtigen "Mischungslücken". Fast wie ein Druide beim Mixen des Zaubertranks. "Dieses Honigwasser gebe ich dann kalt zu meinem Williams dazu." Goldgelb färbt sich das Feuerwasser dann. Samt umschmeicheln die Birnen- und Honigaromen den Gaumen. Die Nase riecht kräftig mit. Mit jedem Schlückchen zeigen sich neue Nuancen. Blütenstaub dort, handverlesene Birne da.

Der besondere Geschmack

"Ich will den ganzen Geschmack", sagt Erlwein in seinem Brennraum zwischen traditionellem Kupfer-Kessel und moderner Steuerungselektronik. Könnte sich der Erlwein fast über die Brennerei pinseln lassen, den Spruch: "Ganz oder gar nicht". Wer genau hinschmeckt, erkennt sicher auch ein bisschen Erlwein im Geist des Honig-Willis wieder.