Schwarz kämpft mit der Kugel
Autor: Ekkehard Roepert
Forchheim, Donnerstag, 31. August 2017
Beim Bowling mit der Forchheimer Jugendwohngruppe Crossover lernte MdB Andreas Schwarz (SPD), wie sich Niederlagen anfühlen.
ForchheimEinmal im Jahr möchte Andreas Schwarz das Land so kennenlernen, wie es wirklich ist. "In Berlin arbeiten, bedeutet, ein Deutschland zu sehen, das nicht ganz der Realität entspricht", sagt der Bundestagsabgeordnete der SPD. Deshalb geht er jedes Jahr auf eine "Sommer-Tour". Davon verspricht er sich Rückmeldungen darüber, "was passt oder nicht passt". Schwarz besucht Alten- und Pflegeheime, Kindergärten, Heilstätten, Krebsstationen. Um mitzuarbeiten und zuzuhören. Auf einer Palliativstation, das sei "das Härteste" gewesen, was er bislang erlebt habe.
Gemessen daran ist sein Sommer-Tour-Termin vom Mittwoch reines Vergnügen. Beim Besuch in der heilpädagogischen Kinder- und Jugendwohngruppe "Crossover" im Forchheimer Ortsteil Buckenhofen schlägt dem Abgeordneten Unbefangenheit und Lebensfreude entgegen. "Unsere Kinder sind unglaublich dankbar und saugen das förmlich auf, wenn sich Menschen für sie interessieren", erzählt Carmen Adamczyk, die Leiterin der Einrichtung. Neun Kinder und Jugendliche zwischen acht und fünfzehn Jahren leben in dem zweistöckigen Haus, das von der Iso (Innovative Sozialarbeit) betrieben wird.
Vier Männer und fünf Frauen kümmern sich hier rund um die Uhr um "Kinder, die zu Hause nicht mehr leben können - Kinder, deren Eltern ihrem Erziehungsauftrag nicht mehr nachkommen können", erklärt Carmen Adamczyk.
Vergebliche Anfragen
"Soziale Verwahrlosung" lautet die Diagnose im Amtsdeutsch. Der Kreis der Betroffenen wächst ständig. Carmen Adamczyk hat wöchentlich sechs Anfragen, die sie abweisen muss, weil die Wohngruppe voll ist. Bis aus Passau rufen die Sozialämter an. Die in Buckenhofen untergebrachten Kinder kommen aus Forchheim, Bamberg, Nürnberg und Haßfurt. Andreas Schwarz kennt die Arbeit der Iso noch aus seiner Zeit als Bürgermeister von Strullendorf. Er unterstützt die Forchheimer Einrichtung auch finanziell. Doch am Mittwoch standen weniger pädagogische oder finanzielle Fragen im Mittelpunkt, sondern die Bewohner. Der SPD-Politiker ist gekommen, um mit ihnen Kuchen zu essen und sie zum Bowlen einzuladen. Jamie hat für den Abgeordneten einen Regenbogenkuchen gebacken. Janine bietet ihren Käsekuchen an. Stella erklärt Andreas Schwarz die Bedeutung ihres Namens und erzählt von ihrem letzten Telefon- und Waschtag.
Viele wollen gleichzeitig mit dem Besucher aus Berlin sprechen. Jordon scheint nicht die erwünschte Aufmerksamkeit zu kriegen und zieht sich von der Terrasse ins Wohnzimmer zurück. "Du hast wohl eine Sonderposition", ruft im Schwarz scherzhaft nach. "Ja, ich bin der Bundeskanzler", ruft Jordon zurück.
Erster Wurf nach 15 Jahren
Nach der Kaffee- und Kuchenrunde macht sich die Gruppe auf den Weg zur Bowlingbahn in der Jahn-Straße. Andreas Schwarz spielt in einer Mannschaft mit Stella, Laila, Justin und Carmen Adamczyk. "Ich hab vor 15 Jahren zuletzt gebowlt", warnt Schwarz seine jungen Mitspieler vorsorglich vor falschen Erwartungen. Erschwerend kommt hinzu, dass Uli Pechtold, der Chef der Bowling-Bahn, nur den Kindern das Spiel über Bande erlaubt; Andreas Schwarz muss ohne Bande spielen.Prompt setzt er die ersten beiden Würfe (mit der roten und der grünen Kugel) daneben. "Herr Schwarz, Sie müssen sich was einfallen lassen", wendet sich die jugendliche Laila an den Abgeordneten. "Ja", antwortet er, "das ist wie bei den Wahlumfragen, da muss ich mir auch was einfallen lassen". Und die kleine Stella, die ihre eigene Bowling-Kugel kaum halten kann, bietet Hilfe an: "Soll ich Dir zeigen, wie es geht?" Als Andreas Schwarz dann mit dem nächsten Wurf vier Kegel abräumt, ist die Begeisterung riesig. Justin springt an dem Abgeordneten hoch und umarmt ihn.
Am Ende nimmt die Sommer-Tour auf der Bowling-Bahn den erwarteten Verlauf: Andreas Schwarz genießt Platz vier hinter den jubelnden Siegern Laila, Justin und Stella.