Druckartikel: Schüler erstellen Hörbuch über Schicksale der Flüchtlinge

Schüler erstellen Hörbuch über Schicksale der Flüchtlinge


Autor: Josef Hofbauer

Ebermannstadt, Donnerstag, 06. Oktober 2016

Schüler des Gymnasiums Fränkische Schweiz erstellen ein Hörbuch. Darin werden die Erfahrungen zweier Mädchen aus Syrien und dem Iran aufgearbeitet.
Im Unterreicht lernen die Schüler viel über das Schicksal der Flüchtlinge und andere Kulturen. Foto: Josef Hofbauer


Die Auseinandersetzung mit anderen Kulturen steht im Mittelpunkt eines Praxis-Seminars am Gymnasium Fränkische Schweiz in Ebermannstadt. Unter der Leitung von Catrin Schuler und Susanne Behlert beschäftigen sich seit Frühjahr dieses Jahres die Schüler der jetzigen zwölften Klasse mit diesem Projekt, das am 22. November in Form eines Hörbuches im Gasthaus Resengörg offiziell vorgestellt werden soll.

"Zum Thema fremde Kulturen fielen uns spontan die Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak oder Jordanien ein", erklärt Milena Distler. Deshalb planten die Schüler Interviews mit Asylbewerbern, die in Ebermannstadt untergebracht sind.

Sie bildeten mehrere Gruppen, von denen sich jede mit einem anderen jungen Menschen unterhalten sollte, der aus seiner Heimat geflohen war. Von ursprünglich fünf jungen Flüchtlingen blieben schließlich nur zwei Mädchen übrig, die bereit waren, über ihr Schicksal zu sprechen. "Wir brachten die Gründe in Erfahrung, warum die Familien ihre Heimat verlassen haben, und ließen uns die Erlebnisse während der Flucht schildern", berichtet Milena. Die angehenden Abiturienten wollten auch wissen, welche Erlebnisse die Flüchtlinge nach ihrer Ankunft in Deutschland hatten.


Zu Fuß auf den Weg gemacht

Die Aufzeichnungen formulierten die Schüler um in ein Tagebuch, einen Monolog, einen Reisebericht oder einen Dialog. Lukas und Melissa schildern in dem Reisebericht, den sie für die Iranerin Anaram (zu deutsch: endloses Licht) verfasst haben, wie sie sich mit zwei Freunden und 2000 Euro Bargeld in der Tasche von ihrem Heimatort aus aufmacht, in Richtung türkische Grenze. Die 18-jährige flüchtet wegen ihres Glaubens. "IS-Kämpfer wollen uns auslöschen, weil wir Ungläubige sind", hatte Anaram berichtet. Der Hörer erfährt, dass alle drei jungen Menschen, die sich gemeinsam Richtung Europa auf den Weg gemacht haben, Familienmitglieder durch Extremisten verloren haben.

Bombeneinschläge begleiten die Flucht in die Türkei. Anaram, die nicht gut schwimmen kann, schildert ihre Ängste bei der Fahrt mit einem Schlauchboot über das Meer von der Türkei nach Griechenland: "Dafür hat jeder tausend Euro bezahlt.

Von da aus geht es zu Fuß Richtung mazedonische Grenze, wo sich die Flüchtlinge wieder Schleusern ausliefern. Über Serbien, Ungarn und Österreich erreicht Anaram endlich Deutschland. Froh, das Abenteuer unbeschadet überstanden zu haben, hofft die Jugendliche, dass ihre Verwandten nachkommen können.

Die Flucht der 13-jährigen Alisha, ihrer Eltern und ihres vierjährigen Bruders Omid schildern die Schüler in Form von Tagebuch-Einträgen, die sie auf Basis des Interviews verfasst haben. Zunächst vertraut das iranische Flüchtlingsmädchen ihrem Tagebuch an, dass es nicht mehr zur Schule gehen darf und dass es ihre Freundin Samira vermisst.


Der Religion wegen

Nach und nach erfährt der Hörer, dass auch hier die Religion die Ursache ist, warum sich die Kinder nicht mehr sehen dürfen. Samiras Eltern haben ihr den Umgang mit Alisha verboten. Dann bereitet die Familie aus Teheran ihre Kinder auf die Flucht vor. Alisha registriert nur die verächtlichen Blicke der Nachbarn und stellt fest, dass die Eltern nach und nach ihr Hab und Gut verkaufen.

Die Familie wählt den Landweg vom Iran über die Türkei, Bulgarien, Serbien, Kroatien und Slowenien. 70 Tage dauert die Flucht zu Fuß und mit Zügen von Teheran nach Ljubljana. Dort schreibt Alisha: " Es ist alles so anders, die Landschaft blüht, ich sehe bunte Farben und viel Grün. Bei uns zuhause war es trocken und warm. Ich vermisse meine Heimat."

Groß ist der Schock, als der Familie auch in Deutschland Verachtung und Hass entgegenschlagen. In dem Lager in Berlin sind viele Muslime, die Alishas Familie beleidigen und ihnen böse Blicke zuwerfen. Ihrer Religion wegen.


Musik und Cover fehlen noch

Über Zirndorf und Hof kommt Alisha nach Ebermannstadt. Hier findet sie Kinder, mit denen sie sich anfreundet.
Diese Schicksale halten die Zwölftklässler in ihrem Hörbuch fest. Die Texte werden in dieser Woche "eingesprochen" und aufgenommen. Jeder Beitrag hat eine Länge von 15 bis 20 Minuten. "Wir wollen die Texte auch mit Musik unterlegen", verrät Milena Distler. Klassenkameraden hätten dafür bereits Musikstücke komponiert. Dann fehlt nur noch ein Cover, das aber ebenfalls in Arbeit ist.